1. Den eigenen Marktwert kennen
Bevor man einfach eine Gehaltserhöhung fordert sollte man intensiv recherchieren, wie hoch der eigene Marktwert ist. Am besten geht das, indem man bei ehemaligen Studien- oder Ausbildungskollegen nachhorcht, teilweise gibt es auch branchenbezogene Rankings. „Achten Sie darauf, dass sich Ihre Vorstellung mit Ihrer Leistung deckt. Wer Überdurchschnittliches leistet, der darf auch überdurchschnittlich und übertariflich verdienen“, sagt Gehalts-Coach und Karriereberater Martin Wehrle zum Thema Gehaltsgespräch.
2. Wer sagt die Zahl?
Beim Einstellungsgespräch rät Wehrle, die gewünschte Zahl selbst zu nennen, aber erst, wenn im Gespräch bereits viel Inhaltliches besprochen wurde. Die Logik dahinter: Wenn der Bewerber zuerst eine hohe Summe fordert, fällt es den Unternehmensvertretern schwerer, eine eklatant niedrigere Summe zu bieten. Allerdings ist natürlich nie auszuschließen, dass das Angebot des Arbeitgebers vielleicht über dem eigenen gelegen hätte. Wichtig: Nie das Monatsgehalt, sondern das Jahresgehalt nennen, da vorher unklar ist, wie viele Monatsgehälter das Unternehmen zahlt – und keine Spanne von/bis angeben, sondern nur die höhere Zahl nennen. Ein Jobwechsel sei ein guter Moment, um im Vergleich zum vorhergehenden Arbeitsplatz eine Steigerung von zehn bis 20 Prozent zu erzielen, konstatiert Wehrle. Auf ähnlich hohe Sprünge käme man nicht, indem man einige Jahre zeige, was man kann, und dann mehr Geld fordere.
3. Zeigen, was man leistet
„Vielleicht am wichtigsten bei Ihrer Vorbereitung auf die Verhandlung ist das Justieren Ihrer inneren Haltung und Einstellung. Machen Sie sich bewusst: Sie sind kein Bittsteller“, sagt Verhandlungsexperte und Autor Rasmus Tenbergen, der in seinem Buch „Gehaltsverhandlungen führen“ auf das Harvard-Konzept des prinzipienorientierten Verhandelns eingeht. Mitarbeiter sollten nicht nach einer Gehaltserhöhung, sondern einer Gehaltsanpassung fragen, schließlich sind sie bereits mit ihrem hohen Engagement in Vorleistung gegangen. Am besten fährt derjenige, der genau belegen kann, wie sich seine Leistungen erweitert haben. Dazu gehört, zeigen zu können, dass man seine Leistung ausgebaut hat, effizienter arbeitet, vielleicht wichtigere Aufgaben übernommen hat.
4. Ein bisschen Feilschen muss sein
Jemand, der fair denkt, und kein gesteigertes Interesse an Spielchen hat, möchte vielleicht einfach den Preis nennen, den er für angemessen hält. Aber so funktionieren Gehaltsverhandlungen leider nicht, glaubt man den Experten. „Wenn 50.000 anvisiert werden, darf die Forderung ruhig bei 55.000 oder sogar 58.000 liegen“, rät Coach Wehrle. Der Gesprächspartner kann dann das gute Gefühl haben, dass er nicht so schnell nachgegeben hat. Eine gute – und lustige – Weiterbildung fürs Feilschen ist die legendäre Flaschenszene aus Monty Pythons „ Das Leben des Brian“.
5. Vorsicht mit Ultimaten und Bluffs
„Wer ein Ultimatum setzt, sollte sich sehr sicher sein, dass sich die Verhandlung und damit das Angebot in der Einigungszone befinden“, sagt Verhandlungsexperte Tenbergen. Ansonsten ist peinliches Zurückrudern nötig. Die Ansage „Mehr Gehalt oder ich bin weg“ bringt wenig. Statt konfrontativ sollte der Vorgesetzte kooperativ behandelt werden, denn am Ende entscheidet auch die „gute Chemie“ zwischen Verhandlungspartnern. Wer die Daumenschraube anzieht, sollte auch wirklich gute Alternativen haben. Vor allem aber lohnt es sich, vorher gut abzuschätzen, wie wichtig man – zum Beispiel auch angesichts des Fachkräftemangels – wirklich für sein Unternehmen ist, hinsichtlich Qualifikation oder speziellem Know-how.
6. Frauen müssen hart bleiben
Das starke Gefälle bei der Entlohnung von Frauen und Männern zeigt, dass gerade Frauen für Gehaltsverhandlungen die ganz harten Bandagen brauchen, selbst wenn es gegen den Strich geht. Bei hartnäckigen Verhandlungen kann mittlerweile auch das neue Gesetz für Lohntransparenz helfen, das einen Auskunftsanspruch bezüglich der Gehälter von Kollegen vorsieht. Berater Martin Wehrle rät zudem davon ab, Konjunktive à la „ich hätte vielleicht gerne“ bei der Forderung nach einem höheren Gehalt zu verwenden: „Sie sollten keine Bitten vortragen, sondern Forderungen stellen, das müssen sie in einer tiefen Tonlage tun“. Und nicht vergessen: Wenn der Chef „nein“ sagt, nicht klein beigeben.
7. Argumente, die funktionieren
Mit praktischen Beispielen und Zahlen untermauert, kommen diese Tatsachen beim Chef an, meint Tenbergen: Das Unternehmen spart oder verdient zusätzliches Geld durch mich. Ich habe in letzter Zeit immer mehr Arbeit und Verantwortung übernommen. Das Unternehmen profitiert von meiner verbesserten Qualifikation.
8. Argumente, die nicht funktionieren
Ein No-Go ist der Hinweis, dass man aus privaten Gründen mehr Geld benötigt. Die These, der Wettbewerb zahle mehr, bleibt ohne Nachweis eine leere Floskel. Ebenso problematisch sind die Aussage, dass eine Gehaltserhöhung zu besserer Arbeit motivieren würde oder das Argument, alle Kollegen seien der Ansicht, dass mehr verdient werden sollte. Vorsicht ist auch geraten mit Argumenten wie „Ich bin schon so lange dabei“ oder „Ich mache meine Arbeit seit Jahren zum selben Gehalt“: Dass man schon lange dabei ist, sagt nichts über die Leistung aus. Wer immer noch genau die gleiche Arbeit in der gleichen Qualität macht, bekommt das für diese Arbeit ausgehandelte Gehalt – der Preis stimmt also aus Sicht des Chefs. Ein Kardinalfehler wäre es, den höheren Verdienst eines Kollegen für die gleiche Aufgabe ins Feld zu führen. „Argumentieren Sie nie mit Kollegengehältern, sondern sagen Sie, Sie haben Ihren Marktwert recherchiert “, empfiehlt Martin Wehrle.
9. Wie man sich gegen Totschlagargumente wehrt
Leider ist kein Geld da; der Gehaltsetat leider ausgeschöpft, die Firma kann sich derzeit keine Lohnerhöhung leisten: Hinter diesem Argument verschanzen sich viele Vorgesetzte. So können sie sogar noch nett sagen, dass die Leistung ja durchaus anerkennenswert ist. Hier hilft aus Sicht von Martin Wehrle nur, zu argumentieren warum mehr Gehalt ein gutes Investment ist und welche Vorteile man dem Unternehmen bringt. Auch oft verwendet: Das eigene Gehalt liege ohnehin schon über dem der Kollegen. „Die Gehaltsstrukturen sind so schief wie der Turm von Pisa und wenn ich mich als Chef als Hüter der Gerechtigkeit ausgebe, ist das ein Ammenmärchen“, so Wehrle. Wer nicht möchte, dass sich der Verhandlungspartner mit mangelnder Entscheidungskompetenz herausredet, sollte im Vorfeld durch freundliches Nachfragen klären, ob und wie weit dessen Mandat reicht, empfiehlt Rasmus Tenbergen.
10. Es muss nicht immer Geld sein
Eine lohnende Strategie kann auch sein, andere Verhandlungsposten einzubeziehen, wie zum Beispiel den Einsatzort, die Flexibilität, den Firmenwagen oder die Arbeitszeit. Gerade erst kündigte die IG Metall an, in der nächsten Tarifrunde auch die zeitweise Selbstbestimmung der Wochenarbeitszeit bei teilweisem Lohnausgleich einzufordern. Vielleicht ein Vorbild?