Eine weibliche Führungskraft diskutiert mit ihren Mitarbeitern.

Frauen sind in Führungsetagen weiter unterrepräsentiert. - (Bild: Adobe Stock/Gorodenkoff)

Es war eigentlich eine ganz normale Pressemitteilung, die Anfang September aufploppte: „SAP Aufsichtsrat ernennt Sabine Bendiek zum neuen Vorstandsmitglied für die Bereiche Personal und Operations“. Was die Meldung besonders gemacht hat: Nur 64 der 160 größten deutschen börsennotierten Unternehmen haben eine Frau im Vorstand.

In öffentlichen Unternehmen ist die Quote genauso schlecht. Zwar wurde vor fünf Jahren das Führungspositionengesetz beschlossen, nach dem Unternehmen  bei Aufsichtsratsposten zu einem Frauenanteil von 30 Prozent verpflichtet sind. Doch: „Im Vergleich zum Vorjahr sind nur sehr wenige Frauen bei öffentlichen Betrieben in die Aufsichtsräte vorgerückt“, berichtet die ‚Süddeutsche Zeitung‘. Der Anteil liegt dieses Jahr bei 32 Prozent – genauso viel wie in der Privatwirtschaft. Der Anteil von Frauen in Vorständen ist laut dem Public-Women-on-Board-Index um vier Prozent gestiegen. Er liegt aber weiterhin nur bei 22 Prozent.

Kein Mutterschutz für Vorständinnen

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Silvia Breher fordert nun rasche gesetzliche Schritte, um Führungspositionen in der Wirtschaft für Frauen attraktiver zu machen. Es könne nicht sein, „dass so viele Unternehmen ihre Vorstandspositionen nicht mit Frauen besetzen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Ein großes Problem für Frauen in Führungspositionen: In Deutschland gibt es weder Mutterschutz noch Elternzeit für Aufsichtsrätinnen oder Vorständinnen. Auch Pflegezeit ist im Aktienrecht nicht  vorgesehen. Die einzige Möglichkeit: Sie geben ihr Vorstandsmandat ab. Die Initiative #stayonboard will das ändern.

Ihre Forderung: Eine Gesetzesänderung, „die Vorstandsmitgliedern und vergleichbaren Leitungsorganen anderer Rechtsformen die Möglichkeit einräumt, ihr Mandat und sämtliche damit einhergehenden Rechte und Pflichten aus dem Gesetz und einem etwaigen Dienstvertrag für einen zeitlich begrenzten Zeitraum von bis zu sechs Monaten ruhen zu lassen.“ Gleichzeitig soll sichergestellt werden, „dass das Ruhen nicht zur Unzeit verlangt werden darf“.

Das sieht auch Breher so: Es seien die rechtlichen Voraussetzungen, die angepasst werden müssten, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen. Das andere sei ein Umdenken in der Gesellschaft und in den Unternehmen. Führungspositionen müssen insgesamt für Frauen attraktiver werden. 

Frauen sollen neue Möglichkeiten durch Corona nutzen

Eine andere Organisation, die sich seit Jahren für mehr Frauen im Top-Management einsetzt, ist FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte). Der Verein fordert ebenfalls verbindliche gesetzliche Regelungen. In einem Webinar ist der Verein nun auf die durch Covid-19 veränderte Arbeitslandschaft eingegangen und hat sich die Frage gestellt, ob Corona ein Gamechanger für Frauen sein kann. Der Tenor: Vor allem Frauen sollten die neuen Themen und Möglichkeiten nutzen.

Die Wirtschaftsgesellschaft KPMG hat mehr als 1.000 Vorstände zu ihren Markteinschätzungen befragt. Angelika Huber-Straßer, Bereichsvorständin bei der KPMG, leitet daraus folgendes ab:

  • Präsenz zeigen: Corona habe gezeigt, dass Unternehmen nicht mehr in dem Ausmaß in die Präsenzkultur zurückkommen werden, wie vorher. Das zeigt auch die Umfrage: 69 Prozent der Vorstände wollen die Büroflächen verkleinern und 77 Prozent wollen die digitalen Zusammenarbeits- und Kommunikationstools stärker nutzen. Das hat auch Vorteile für Frauen: Die Work-Life-Balance könne sich dadurch verbessern, so Huber-Straßer. Aber Frauen sollten sich nicht im Homeoffice verstecken, sondern nach Möglichkeit auch wieder Präsenz im Büro zeigen. Denn nur im Büro finde informeller Austausch statt, die Stimmung könne viel besser eingefangen werden.

    Ein weiteres Problem: Während des Lockdowns waren die Experten in Talkshows meistens Männer. Das Verhältnis habe bei zehn zu eins gelegen, so Huber-Straßer. Der Grund sei dabei nicht gewesen, dass kompetente Frauen gefehlt haben. Vielmehr wollten viele Expertinnen nicht reisen, weil sie sich um Homeschooling für ihre Kinder etc. kümmern mussten. Nach Möglichkeit sollten Frauen jedoch zusagen. „Überlassen Sie in Krisenzeiten die Bühne nicht  den Männern“, sagte die Bereichsvorständin. 

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  • Digitalisierung: 50 Prozent der Befragten erklärten in der Umfrage,  dass sich die Digitalisierung ihrer operativen Prozesse und die Entwicklung von neuen Betriebsmodellen um einige Monate beschleunigt hat. Das sieht auch Huber-Straßer so: Die neue Geschwindigkeit beim Thema Digitalisierung sei der neue Erfolgsfaktor für neue Unternehmen. Sie rät Frauen deshalb, ein Teil der Digitalisierung zu werden und sich aktiv zu beteiligen.
  •  Gesellschaftliche Verantwortung: Die Corona-Pandemie hat wie ein Katalysator gewirkt, so Huber-Straßer. Die Gesellschaft erwarte, dass Unternehmen sich engagieren, das Thema gesellschaftliche Verantwortung wird also immer wichtiger. Das zeigt auch die Umfrage: 65 Prozent der CEOs halten es für wahrscheinlich, dass ihr Umgang mit dem Thema Klimaschutz einen Einfluss darauf haben wird, ob ihr Vertrag in den nächsten fünf Jahren verlängert wird oder nicht. Auch Frauen sollten diese großen Zukunftsthemen besetzen, sagt die Expertin. „Bringen Sie sich ein, oder gründen Sie selbst Unternehmen zu diesem Thema“, so ihr Rat.

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Dennoch habe die Krise gezeigt, dass erst einmal Frauen Führungspositionen räumen mussten – zum Beispiel bei SAP. Dort musste Jennifer Morgan im April 2020 ihren Posten als Co-CEO räumen. Dennoch hätten mit den neuen Themen auf der Agenda Unternehmen inzwischen erkannt,  dass sie viel diversere Führungsteams brauchen, um den aktuellen Herausforderungen entgegenzutreten, so Huber-Straßer weiter.

Die Quote für Aufsichtsräte habe man sich hart erkämpfen müssen. Damals habe es einen großen Aufschrei gegeben, es sei der Untergang der deutschen Wirtschaft, wenn es die Quote gibt, erinnert sie sich. Das sei nicht eingetreten. Man habe aber auch gesehen: Wenn der Druck nicht da ist, passiert in den Unternehmen wenig. Sie wünsche sich deshalb nicht nur eine Quote für Führungspositionen in der Wirtschaft, sondern auch bei Regierungen, Staatssekretären und Behörden, sagte Huber-Straßer.

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