Es soll ein „ambitioniertes Investitionsvorhaben in die Zukunft“ sein, wie es Martin Stillger, Sprecher des Vorstands von Thyssenkrupp Materials Services, sagte: Der Konzern hat im niedersächsischen Rotenburg ein neues Logistik-Center in Betrieb genommen, das mit einem innovativen Konzept Branchenstandards setzt und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens weiter erhöhen soll.
60 Millionen Euro hat sich Thyssenkrupp seinen neuen Standort kosten lassen. Das ist laut Stillger die größte Investitionssumme der vergangenen Jahre. Auf 100.000 Quadratmetern Fläche – davon 36.000 Quadratmeter Halle – sollen nun die Logistik weiter voranbringen. Dafür ist auch eigens eine Gleisanbindung gebaut worden.
Die Standortdimensionen seien nicht nur außergewöhnlich für Thyssenkrupp, sondern für die ganze Branche, sagte der CEO von Thyssenkrupp Schulte, Detlef Schotten, heute auf einer Pressekonferenz. Rund 20.000 Tonnen Material könne man nun in der Halle einlagern und nach Kundenwunsch konfektionieren. Das Unternehmen ist nach eigener Aussage der größte werksunabhängige Werkstoffhändler und Dienstleister der westlichen Welt.
Die Zukunftsstrategie: „Materials as a Service“
Das Neue am Standort: Das Logistik-Center ist durchgängig automatisiert und digitalisiert. Es gebe auch durchgängig eine Datentransparenz, so Schotten. „Wir vernetzen Produktionsmaschinen aller Generationen, automatisieren Bestellprozesse, analysieren Warenströme und treffen Vorhersagen für den Werkstoffbedarf unserer Kunden“, erklärte Stillger.
Der Logistikstandort sei damit ein wichtiger Meilenstein in der Umsetzung der Zukunftsstrategie „Materials as a Service“. Service soll zu einem weiteren Material gemacht werden, also eine weitere Dienstleistung.
Das Ziel für die Zukunft sie dabei, dass das Unternehmen zum besten Lieferkettenmanager werde, sagte Stillger. So soll das funktionieren: Durch den neuen Standort habe man das Logistikkonzept neu denken können, erklärte Tobias Hegmanns, COO von Thyssenkrupp Schulte. Während an anderen Standorten die Lkws in einer Mittenstraße durch die Halle gefahren sind und die bereitgestellten Sendungen aufgenommen haben, werden die Lastwagen in Rotenburg rückwärts an die Halle hinfahren und fahrerlose Transportsysteme bringen die Waren zum Fahrzeug.
Das gehe schneller, die Standzeiten werden minimiert und das Unternehmen könne gleichzeitig mehr Lkws beladen, so Hegmanns. Zudem seien die Mitarbeiter in den Hallen sicherer, da es dort keine rangierenden Lkws mehr gebe und auch weniger Lärm und Abgasemissionen.
Unternehmen arbeitet weitestgehend papierlos
Die für Thyssenkrupp neue Art des Beladens ist in anderen Branchen dabei schon gang und gäbe. Die Umsetzung habe dem Unternehmen viel abverlangt, weil teilweise Packstücke bis zu zehn Tonnen Gewicht oder Paletten mit Längen von über sieben Metern in die Lkws geladen werden müssen, erklärte der COO. Das seien Kipplasten, die von einigen Transportsystemen gar nicht geschafft werden. Deshalb sieht Hegmanns das Projekt als „echte Innovation für Thyssenkrupp Schulte und die Branche“.
Eine weitere Neuheit ist, dass die gesamte Prozesskette vom Auftragseingang bis zur Auslieferung komplett digitalisiert wurde. Die selbstentwickelte IIoT-Plattform „Toii“ ist dabei das Herzstück der digitalen Prozesse am Standort. Viele Lösungen seien dabei gemeinsam mit Partnern in einem Co-Engineering-Prozess erarbeitet worden, berichtete Hegmanns. Man arbeite nun weitestgehend papierlos.
Das Unternehmen will außerdem fortan mit mehr Flexibilität bei den Kunden punkten. Konkret heißt dass, das Kunden künftig auch bis spät in den Nachmittag Ware für den nächsten Tag bestellen können. Man könne auch reagieren, wenn Kunden doch mehr oder weniger Material benötigen oder zu einem späteren Zeitpunkt, erklärte auch Stillger.
Rund vier Jahre hat es von der Planung bis jetzt zur Eröffnung des Logistik-Centers gedauert. 70 Beschäftigte arbeiten dort nun in drei Schichten. Rund die Hälfte der Mitarbeitenden kommt dabei von anderen Thyssenkrupp-Standorten. Der Rest sei aus der Region, so Hegmanns. Rotenburg gilt dabei laut Stillger als „Blaupause für weitere Logistikstandorte“. Das Unternehmen danke darüber nach, in Zukunft mit dem gleichen Konzept ähnliche Standorte zu bauen.