Vier Auszubildende von BMW halten ihre Touchpad in die Kamera, auf denen der Satz "Wir lernen zu Hause" steht.

Die Auszubildenden bei BMW sind - wie viele andere Azubis auch - momentan im Homeoffice. - (Bild: BMW Group)

Schüler dürfen ab kommender Woche zumindest teilweise wieder in die Schule. Doch wie sieht es mit Auszubildenden aus? PRODUKTION hat bei vier Unternehmen nachgefragt.

Digitale Ausbildung steht bei Trumpf im Vordergrund

Digitalisierung heißt inzwischen auch bei der Ausbildung das Zauberwort – unter anderem bei Trumpf. Dort werden den Auszubildenden inzwischen so weit wie möglich online die Lerninhalte vermittelt, sagt Ausbildungsleiteirn Katja Tiltscher. Dabei werden Plattformen wie Youtube und – zum Austausch mit den Ausbildern – Microsoft Teams oder Skype verwendet. 

Damit jedoch auch der praktische Teil in der Coronakrise nicht zu kurz kommt, arbeiten die Auszubildenden auch wieder vermehrt – aber abwechselnd – in der Lehrwerkstatt in Ditzingen. Tiltscher betont, dass dabei das Abstandsgebot strikt eingehalten werde. Auszubildende, die momentan in ihren Fachbereichen oder der Produktion eingesetzt sind, arbeiten genauso wie ihre jeweiligen Teams. Diese wechseln sich ab, um Kontakte zu reduzieren.

Die digitale Ausbildung hat für Tiltscher jedoch nicht nur Vorteile: „Gerade in der technischen Ausbildung können digitale Inhalte das praktische Lernen nicht komplett kompensieren“, sagt sie. Auch Miteinander befürchtet sie Nachteile. So könne das Gemeinschaftsgefühl der Azubijahrgänge auf lange Sicht unter dem fehlenden Kontakt leiden, so die Ausbildungsleiterin. Bei Trumpf sind derzeit 170 Auszubildende und dual Studierende beschäftigt.

So läuft Homelearning bei SPN ab

Weil die Berufsschulen ebenfalls geschlossen sind, sind bei SPN momentan alle 27 Auszubildenden im Betrieb. Das Nördlinger Unternehmen stellt unter anderem kundenspezifische Antriebslösungen her. Das Problem: Aus Platzgründen können nicht alle Azubis gleichzeitig in der Ausbildungswerkstatt arbeiten, sagt Produktionsleiter Alexander Deffner. Die Arbeit in die Produktion zu verschieben sei aufgrund der strengen Schichtzeiten nicht möglich, da Azubis keine Schicht arbeiten dürfen.

Deshalb hat SPN seine Auszubildenden in zwei Gruppen aufgeteilt: Diese wechseln sich wöchentlich mit Arbeit im Betrieb und Homelearning ab. Und das sieht so aus: Jeden Tag ab 8 Uhr tauschen sich die Ausbilder über die Videoplattform Zoom mit ihren Lehrlingen aus, so Deffner. Up- und Downloads von Aufgaben regelt SPN über den hauseigenen Server.

Es gibt jedoch auch Azubis die kaum von der Coronakrise betroffen sind: Für die angehenden Industriekauffrauen bei SPN ändert sich – außer des fehlenden Berufsschulunterrichts – nichts.

Chiron schenkt Azubis fehlende Zeit und richtet Schultag ein

Normalerweise werden die rund 100 Azubis beim Tuttlinger Maschinenbauer Chiron nach den Zwischenprüfungen in die verschiedenen Fachbereiche gesendet. Durch Corona ist nun alles etwas anders, wie Ausbildungsleiter Herbert Mattes erklärt. Einzelne Azubis bleiben weiterhin in ihren Fachabteilungen und arbeiten zusammen mit den restlichen Mitarbeitern versetzt. Da die Azubis nicht die volle Arbeitszeit abdecken dürfen, schenkt ihnen Chiron die fehlende Zeit, so Mattes.

Außerdem hat das Unternehmen, das im Übrigen gerade vom Institut für Management- und Wirtschaftsforschung und ‚Focus Money‘ als Top-Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet wurde, einen Schul- beziehungsweise Studienvorbereitungstag eingerichtet. Konkret heißt das: Die Aufgaben der Berufsschulen und Hochschulen sollen im Homeoffice erledigt werden. Die Betreuung erfolgt dann über Fachlehrer und Ausbilder über unterschiedliche Portale. 

Für die Azubis in der Lehrwerkstatt hat Chiron über seine eigene Lernplattform Aufgaben erstellt, die die Lehrlinge von zu Hause aus bearbeiten können. „So haben wir die Präsenz auf ein Minimum reduziert, ohne dass Inhalte nicht vermittelt werden können“, sagt Mattes. Eine Planungssicherheit gibt es dabei nicht: „Wir planen immer zwei Wochen im Vorfeld, müssen aber täglich auf unvorhergesehenes reagieren“, so der Ausbildungsleiter. Das mache die Sache sehr zeitintensiv.

BMW nutzt digitale Lernplattformen

Auch BMW hat seine Ausbildung digitalisiert und die Auszubildenden arbeiten nun mobil von zu Hause aus. Beim Autobauer kommt neben den geschlossenen Berufsschulen noch dazu, dass die Produktion mehrere Wochen stillstand. Die Zahl der Azubis in den Ausbildungswerkstätten wäre deshalb dreimal so hoch wie gewöhnlich, schreibt BMW in einer Pressemitteilung.

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 „Wir ziehen zur Umsetzung der Mobilen Ausbildung Theorieinhalte im Ausbildungsverlauf nach vorne und verschieben Praxisanteile wie Einsätze in Werkstätten nach hinten“, erklärt Personalvorständin Ilka Horstmeier. Für die digitale Ausbildung arbeitet BMW unter anderem mit dem Learning Management System eCademy, das speziell auf technische Berufe zugeschnitten ist. Auch unternehmensinterne Lernplattformen der BMW Group Academy werden genutzt. BMW bildet derzeit über 3.800 Azubis aus.

Eine der dualen Studentinnen für User Experience Design, Lucia-Maria Timis arbeitet zum Beispiel von zu Hause aus mit Hilfe von E-Lessons, unterstützt zwei Azubikollegen bei einer App-Entwicklung und erstellt eine Präsentation für ihre Fachabteilung. Eines vermisst sie allerdings im Homeoffice: Die gemeinsamen Mittagessen mit ihren Kollegen.

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