VW Golf 8 Endkontrolle in Wolfsburg

Auch das VW-Stammwerk Wolfsburg ist diesmal vom Halbleitermangel betroffen. Kurzarbeit! So muss auch die Produktion des Golf 8 ruhen. - (Bild: Volkswagen)

Die Produktion im Volkswagen-Stammwerk in Wolfsburg läuft wegen fehlender Elektronikbauteile eingeschränkt weiter. Die Kurzarbeit wurde bis zum 5. September verlängert, wie ein Sprecher des Unternehmens am Mittwoch mitteilte.

Es solle auf allen Fertigungslinien nur in einer Schicht produziert werden. Neben dem Stammwerk in Wolfsburg seien auch die Standorte Zwickau und Dresden betroffen. Wie viele Beschäftigte insgesamt davon betroffen seien, konnte der Sprecher nicht sagen.

Grund für den Arbeitsausfall sei die anhaltend angespannte Liefersituation bei Halbleitern. Infolge der Pandemie musste das Unternehmen das Produktionsprogramm schon mehrmals anpassen.

Die Halbleiter-Bauteile stecken in zahlreichen Elektroniksystemen. Die Nachfrage aus der Autoindustrie war jahrelang gestiegen, brach dann aber in der Corona-Krise zunächst ein. Die Chipproduzenten fanden neue Abnehmer, etwa aus der IT, Unterhaltungselektronik oder Medizintechnik.

Welche Autobauer wegen Halbleitermangel in Kurzarbeit sind

Das Phänomen Halbleitermangel ist keineswegs neu. Bereits seit Beginn dieses Jahres musste die Automobilproduktion an verschiedenen Standorten weltweit ruhen. 

BMW musste beispielsweise zwar keine Kurzarbeit anmelden, ohne die Engpässe hätte der Münchner OEM laut eigenen Angaben allerdings im laufenden Jahr zwischen 70.000 und 90.000 Fahrzeuge mehr verkaufen können.

Dramatischer ist die Situation bei Wettbewerber Daimler. Die Stuttgarter mussten Kurzarbeit anmelden. Sowohl in Bremen als auch in Rastatt und Sindelfinden wurde am 19. und 20. August kurzgearbeitet. In Sindelfingen ist vor allem die Produktion der E-Klasse betroffen.

Ähnlich hart getroffen hat es Audi. Im Stammwerk Ingolstadt hat der Autobauer die Bänder auf drei Linien bis zum 30. August 2021 angehalten. Auf Linie 1 wird umgebaut, weil dort der vollelektrische Q6 e-tron gebaut werden soll. Die Linien 2 und 3 stehen still wegen des Halbleitermangels. 6.000 Mitarbeiter sollen hier kurzarbeiten. In Neckarsulm sind 4.000 Beschäftigte betroffen.

Welche Automobilhersteller außerdem vom Halbleitermangel betroffen sind, lesen Sie in diesem Beitrag unseres Schwesterportals technik-einkauf.de.

Warum trifft der Halbleitermangel die Autoindustrie so hart?

Der Anteil von Halbleitern und passiven Bauelementen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. So sind in einem voll ausgestatteten Premiumauto bis zu 10.000 Halbleiter und ein Vielfaches davon an passiven Bauelementen verbaut. In den Autos steuern die Halbleiter Klimaanlagen, kontrollieren den Reifendruck, verschieben Sitze im Innenraum oder sorgen bei Unfällen dafür, dass sich der Airbag auslöst. 

Daten von IHS Markit zeigen, dass der weltweite Umsatz mit Halbleiterprodukten für den Automobilbereich von 25,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2012 auf rund 41 Milliarden US-Dollar 2019 gestiegen ist. Die gesamten Umsätze der Halbleiterindustrie lagen 2020 laut WSTS bei rund 439 Milliarden Dollar. Ein großes Problem für die Automobilisten: Auch Smartphone- und Laptop-Hersteller fragen immer mehr Speicher-Chips nach. 

Die Halbleiterhersteller kommen mit der Produktion kaum nach. Doch welche Halbleiterhersteller sind die größten? Dominieren die asiatischen Halbleiter-Produzenten wirklich den Markt? Diese Fragen beantwortet dieser Artikel unseres Schwesterportals technik-einkauf.de.

Wann endet der Halbleitermangel?

In manchen Bereichen wie etwa Speicherchips dürfte sich die Lage erst mit der Inbetriebnahme frischer Kapazitäten in den Jahren 2023 bis 2024 entspannen, sagte Alan Priestley von der Analysefirma Gartner der 'Deutschen Presse-Agentur', wie PRODUKTION berichtete.

Die Erholung in einzelnen Branchen werde angesichts der verschiedenen Ursprünge der Probleme unterschiedlich verlaufen. Ein Problem speziell für die Autobranche sei zudem, dass sie sich bereits bei der Entwicklung heutiger Fahrzeug-Modelle vor einigen Jahren auf bestimmte Halbleiter-Konfigurationen festlegen musste - für die zudem erhöhte Anforderungen an die Ausfallsicherheit gälten.

Priestley: "Der Spielraum zum Ausweichen auf Alternativen ist entsprechend schmal." Außerdem habe die Autobranche mit Dutzenden Millionen Fahrzeugen pro Jahr viel weniger Marktmacht als etwa die Smartphone-Anbieter, die Chips für hunderte Millionen Geräte bräuchten.

Halbleiterproduktion: Hat Europa das Rennen verloren?

Mittlerweile melden sich Stimmen, die nach einer europäischen Chip-Produktion rufen. Und tatsächlich: Europa versucht aufzuholen. So hat Bosch erst kürzlich ein neues Halbleiterwerk in Dresden eröffnet. 

Wettbewerber Infineon ist allerdings der Meinung: Die Chip-Herstellung in Europa sei fast schon verlorene Industrie. So hat der Vorstandschef des Halbleiter-Herstellers, Reinhard Ploss, die Wettbewerbspolitik der EU kritisiert. Europa sei bei Chips von Importen aus Asien abhängig, müsse aber autonom werden und eine "fast schon verlorene Industrie" wiedergewinnen, forderte Ploss im 'Deutschlandfunk'.

Ohne diese Kompetenz würden nicht nur Autobauer und Industrie, sondern auch Umwelt- und Kllimaschutz geschwächt. "Aber derzeit verteilen wir sehr, sehr viele Stoppschilder in Europa", sagte Ploss.

Mit Material von dpa.

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