Revolution durch Digital Twin, AI und Simulation

Industrial Metaverse: Der Gamechanger der Industrie

Vom virtuellen Abbild der Fabrik bis zum Kollaborationsraum für Mensch und Maschine: Wie das Industrial Metaverse aus digitalen Zwillingen, KI und immersiven Technologien einen neuen Werkraum für die Industrie formt.

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Was ist das Industrial Metaverse und warum boomt es? Wir haben Fakten und Big-Player zusammengetragen.
Was ist das Industrial Metaverse und warum boomt es? Wir haben Fakten und Big-Player zusammengetragen.

Das Industrial Metaverse verbindet digitale Zwillinge, KI, Simulationen und 5G zu einem virtuellen Abbild von Maschinen, Fabriken und Lieferketten. Wie die Industrie diese Plattform nutzt, welche Unternehmen sie prägen, wo der Unterschied zum Meta Metaverse liegt und warum der Markt boomt – ein umfassender Überblick.

Das Metaverse - Jenseits des Hypes

In den Jahren 2021/22 erlebte der Begriff „Metaverse“ einen regelrechten Hype. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg benannte seinen Konzern in Meta um und sprach davon, dass die nächste Evolutionsstufe des Internets die physische Realität ablösen werde. Gleichzeitig platzten die Anlegerträume, weil Hardware, Geschäftsmodelle und Nutzerzahlen dem Anspruch nicht gerecht wurden. Die Schlagzeilen über den „Tod des Metaverse“ täuschen jedoch darüber hinweg, dass die Vision in einem anderen Umfeld bereits Gestalt annimmt: in der Industrie.

Hier entwickeln Unternehmen wie Siemens und Nvidia, Kuka, Schneider Electric, Intel oder Nokia digitale Plattformen, die reale Anlagen abbilden, aus Daten lernen und in Echtzeit mit dem physischen System interagieren. Dieser Raum, das Industrial Metaverse, ist „mehr als ein CAD-Modell in Virtual Reality“, betont Siemens Manager Dale Tutt. Er schafft einen virtuellen Arbeitsraum, in dem Ingenieure, Monteure und KI-Systeme gemeinsam planen, optimieren und steuern können.

Industrial Metaverse Conference

DIe Industrial Metaverse Conference erkundet die neuesten Entwicklungen und Innovationen an der Schnittstelle von Industrie und virtuellen Welten. Die Konferenz bringt führende Experten, Technologen und Geschäftsstrategen zusammen, um Einblicke in die Verwendung von Metaverse-Technologien in der Fertigung, Automatisierung und digitalen Transformation zu teilen.

Weitere Informationen gibt es hier: Zur Industrial Metaverse Conference.

Was ist das Industrial Metaverse?

Die Vision des Industrial Metaverse lässt sich knapp so beschreiben: Es ist ein umfassender, physikbasierter virtueller Raum, der reale Fabriken, Produktionslinien, Produkte und Lieferketten detailgetreu widerspiegelt und mit ihnen in Echtzeit gekoppelt ist. Siemens definiert den Begriff als „digitalen Raum, der echte Maschinen, Gebäude, Städte, Netze und Transportsysteme spiegelt und simuliert“. Im Vergleich zur rein spielerischen Virtual Reality Welt fokussiert sich das Industrial Metaverse auf Technologien wie Cloud- und Edge-Computing, industrielle KI und digitale Zwillinge, um Prozesse zu optimieren und nachhaltiger zu gestalten.

Im Kern stehen digitale Zwillinge – virtuelle Abbilder von Produkten, Maschinen oder ganzen Fabriken. Laut einer Studie nutzten 2023 bereits 71 % der Fertigungsleiter digitale Zwillinge, 94 % berichteten von effizienterer Produktentwicklung, und 62 % konnten Wartungskosten senken. Diese Zwillinge werden mit Sensordaten, KI-Algorithmen, Simulationsmodellen und 3D-Darstellungen verknüpft. Damit können Ingenieure das Verhalten realer Anlagen virtuell testen, Parameter anpassen und Optimierungen identifizieren, bevor physische Änderungen erfolgen. Darüber hinaus werden Augmented- und Virtual Reality (AR/VR) genutzt, um den digitalen Zwilling immersiv zu erleben. Laut einer Frontiers Review kombiniert das Industrial Metaverse diese Elemente zu einer menschenzentrierten, resilienten und nachhaltigen Kollaborationsplattform.

Im Gegensatz zum in sozialen Medien diskutierten Metaverse ist der industrielle Ansatz physikbasiert und orientiert sich an realen Daten und Gesetzen. „Die industrielle Version ist ein physikbasierter virtueller Raum, in dem das Verhalten von Produkten, Prozessen und Produktionsanlagen auf deterministischen Modellen basiert“. Die Plattform ist nicht auf VR-Brillen beschränkt; sie kann über klassische Computer und Tablets genutzt werden und integriert Daten aus verschiedenen Quellen, um ein ganzheitliches Bild der Fabrik zu liefern. Ein weiterer Unterschied: Statt Avatare shoppen oder spielen zu lassen, geht es im Industrial Metaverse um Effizienz, Nachhaltigkeit und Qualität.

Nice to know: Geprägt wurde der Begriff „Metaverse“ 1992 von Neal Stephenson in seinem Science-Fiction-Roman Snow Crash. Der Roman beschreibt im Wechsel das „echte“ Leben der Protagonisten in Los Angeles und das Leben als Avatar im Metaverse.

Technologien und Standards des Industrial Metaverse

Um das Industrial Metaverse zu realisieren, müssen mehrere Schlüsseltechnologien zusammenwirken:

  • Digitale Zwillinge: Sie koppeln kontinuierlich Messdaten aus der realen Anlage mit einem virtuellen Modell. Siemens hat beispielsweise ein Modul zur thermischen Simulation vorgestellt, das für 3D-Simulationen Wärmeströme in Batterien oder Leistungselektronik darstellt.
  • Edge und Cloud-Computing: Edge Knoten sammeln Daten vor Ort und führen schnelle Analysen durch, während Cloud-Plattformen große Datenmengen speichern und komplexe Simulationen ausführen.
  • Industrielle KI und Machine Learning: Sie erkennen Muster, optimieren Prozesse und unterstützen vorausschauende Wartung. Die Kombination von Siemens’ Xcelerator mit Nvidia Omniverse soll Unternehmen ermöglichen, datenbasierte Entscheidungen auf Basis von Echtzeit Insights zu treffen.
  • XR Technologien (AR/VR): Sie visualisieren den digitalen Zwilling räumlich und ermöglichen Trainings oder Wartungsarbeiten in sicheren virtuellen Umgebungen. Kuka berichtet etwa, dass Kunden im „Kuka Dome“ virtuell durch Fabriklayouts gehen und Konzepte gemeinsam planen.
  • 5G/6G und Netzwerkinfrastruktur: Hohe Bandbreiten und geringe Latenzen sind nötig, um große Datenmengen synchron zu übertragen und immersive Anwendungen ohne Verzögerung zu nutzen. Kuka-CIO Quirin Goerz schätzt, dass es noch fünf bis zehn Jahre dauern wird, bis die Infrastruktur ausreicht, um das volle Potenzial auszuschöpfen.
  • Offene Standards wie USD: Die Universal Scene Description (USD), ursprünglich von Pixar entwickelt, dient als „Klebstoff“ für 3D-Modelle. Nvidia nutzt USD in seiner Omniverse Plattform, um verschiedene Engineering Tools zu verbinden, sodass Änderungen eines Anwenders sofort für andere sichtbar sind.

Dieser technische Unterbau macht den Unterschied zwischen einer einfachen 3D-Visualisierung und einem integrierten, kollaborativen digitalen Raum aus.

Das Wort „Metaverse“ wurde durch Meta (Facebook) populär. Doch der industrielle Ansatz unterscheidet sich grundlegend von der Konsumenten-Vision:

MerkmaleIndustrial MetaverseMeta‑Metaverse (Konsumenten)
ZweckOptimierung von Produkten, Prozessen und Fabriken; Effizienz, Nachhaltigkeit, QualitätSoziale Interaktion, Unterhaltung, Gaming, Shopping
Technische BasisDigitale Zwillinge, physikbasierte Simulation, Echtzeitdaten, AI/ML, offene StandardsVirtuelle Welten, Avatare, VR/AR‑Erlebnisse; Blockchain‑basierte Güter, VR‑Hardware
Hardware & ZugangGeräteunabhängig: PC, Tablet, AR‑Brillen; VR optionalVR‑Brillen zentral; Fokus auf immersives Erlebnis
Entitlement / RechteSign‑off von Konstruktionsständen, Zugriffsrechte auf digitale Zwillinge, DatensouveränitätAvatare, Besitz von virtuellen Gütern (Skins, NFTs), Freundeslisten
Marktvolumen (geschätzt)100 Mrd. US‑$ bis 203050 Mrd. US‑$ (Consumer)
ZeithorizontReale Anwendungen existieren, Entwicklung in 5–10 Jahren zur breiten UmsetzungVision langfristig (10 Jahre+), geringe aktuelle Akzeptanz

Einsatzfelder und Praxisbeispiele des Industrial Metaverse

Der Nutzen des Industrial Metaverse zeigt sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Produktentwicklung über die Fertigung bis hin zu Service und Recycling.

Produktentwicklung und Design

Dank digitaler Zwillinge können Ingenieure neue Produkte virtuell entwerfen, testen und optimieren. Realistische Simulationen von Strömungsverhalten, thermischen Belastungen oder Materialeigenschaften verkürzen Entwicklungszyklen und reduzieren den Bedarf an physischen Prototypen. Das Joint Venture zwischen Siemens und Nvidia beschleunigt solche Simulationen: Laut einer Pressemitteilung ermöglicht der Einsatz von Nvidia Blackwell Grafikprozessoren eine 30-fache Beschleunigung bei aerodynamischen Simulationen von Fahrzeugen. HD Hyundai nutzt Omniverse, um emissionsarme Schiffe zu entwickeln und in der virtuellen Umgebung verschiedene Designs zu testen.

Planung und Bau von Fabriken

Ein digitales Abbild der Produktionsumgebung erlaubt es, Materialflüsse, Taktzeiten und Logistikwege zu optimieren, bevor Maschinen installiert werden. Foxconn hat mit Nvidia eine virtuelle Fabrik aufgebaut, in der Roboter mit dem Isaac Simulationssystem trainiert werden. Das Ziel ist, Energieverbrauch und Materialverschwendung zu senken – Foxconn erwartet eine Energieeinsparung von mehr als 30 %. Kuka nutzt seine Software Kuka.Sim und die Virtual Reality Ansicht von Visual Components für die Planung von Roboterzellen. Über einen Connector zum Omniverse können Kunden gemeinsam Projekte bearbeiten und so den „Sim to Real Gap“ verkleinern.

Produktion und Betrieb

Im laufenden Betrieb ermöglicht das Industrial Metaverse eine permanente Überwachung von Maschinen, Prozessen und Energieflüssen. Digitale Zwillinge führen zu vorausschauender Wartung, indem sie Verschleiß erkennen und Reparaturen planen, bevor ein Ausfall eintritt. Schneider Electric beschreibt, wie AR-gestützte Wartung Mitarbeiter durch Reparaturschritte leitet und Echtzeitdaten einblendet.

Intel digitalisiert seine Fabriken und nutzt digitale Zwillinge, um Produktionslinien aus der Ferne zu steuern und Wartungen zu planen. Die Verbindung von realen Daten mit Simulationen ermöglicht „Closed Loop“-Regelungen: Algorithmen schlagen in Echtzeit Anpassungen vor, die der Bediener direkt am digitalen Zwilling testen kann, bevor sie am realen System umgesetzt werden.

Schulung und Kompetenzaufbau

AR- und VR-Anwendungen im Industrial Metaverse bieten sichere Trainingsumgebungen. Kuka nennt das Beispiel eines virtuellen Trainings für den Umgang mit einem brennenden Gabelstapler, das risikofrei geübt werden kann. Gleiches gilt für Montage, Schweißen oder Wartung komplexer Anlagen. Unternehmen wie Fraunhofer IPA erforschen, wie sich in virtuellen Lernräumen Wissen effizienter vermitteln lässt.

Supply Chain und Logistik

Die Anbindung von Lieferanten, Logistikanbietern und Kunden an einen gemeinsamen digitalen Raum erlaubt den Abgleich von Lieferterminen, Materialverfügbarkeit und Qualitätsdaten. Die G+D-Studie zitiert eine Deloitte-Befragung, der zufolge 92 % der Führungskräfte mindestens ein Metaverse Use Case im Unternehmen testen und im Durchschnitt sechs gleichzeitig verfolgen. Prozesssimulationen im Industrial Metaverse helfen, Materialflüsse zu planen und Engpässe zu vermeiden.

Industrial Metaverse: Marktpotenzial und Wachstum

Analysen prognostizieren ein enormes wirtschaftliches Potenzial für das Industrial Metaverse. Precedence Research schätzt, dass der globale Markt von rund 32,71 Milliarden US-Dollar im Jahr 2025 auf 395,15 Milliarden US-Dollar im Jahr 2034 wachsen wird, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 32,05 % entspricht. Der Hardware-Sektor hält derzeit mit 43 % den größten Umsatzanteil, während der Dienstleistungsbereich mit 36,16 % am schnellsten wächst. Datenvisualisierung und Analytics machen 30 % des Marktes aus, und die Anwendungen im Bereich Wartung und Reparatur weisen das schnellste Wachstum auf.

Regional liegen Nordamerika mit 34 % Marktanteil und eine starke Kooperation zwischen Universitäten und Unternehmen an der Spitze, aber auch Asien-Pazifik expandiert rasant. Europa verzeichnet ein starkes Wachstum durch die breite Einführung digitaler Zwillinge und staatliche Programme. Michael Inouye von ABI Research erwartet, dass der industrielle Metaverse Markt bis 2030 ein Volumen von 100 Milliarden US-Dollar erreicht und damit den Consumer Bereich (50 Mrd.) sowie den Enterprise Collaboration Bereich (30 Mrd.) übertrifft.

Akteure und Ökosystem im Industrial Metaverse

Siemens und Nvidia

Das wohl sichtbarste Ökosystem bildet die Kooperation zwischen Siemens und Nvidia. Siemens integriert seine Xcelerator Plattform mit Nvidia Omniverse. CAD-Modelle, Simulationsdaten und IoT-Informationen werden über die USD-Schnittstelle synchronisiert, sodass Änderungen in einem Werkzeug unmittelbar in anderen erscheinen. Unternehmen wie BMW nutzen diese Plattform, um aerodynamische Simulationen in Echtzeit durchzuführen und 30-fache Geschwindigkeitssprünge zu erzielen. HD Hyundai beschleunigt damit die Entwicklung emissionsarmer Schiffe.

Kuka und Visual Components

Der Augsburger Robotikspezialist Kuka arbeitet intensiv am Industrial Metaverse. Im virtuellen „Kuka Dome“ können Kunden Produktionslayouts erleben und gemeinsam planen. Über den Visual Components Connector zum Omniverse werden Simulationsdaten mit KI-Modellen und Fotorealistik verknüpft, um die Lücke zwischen Simulation und Realität zu schließen.

Schneider Electric und Foxconn

Schneider Electric definiert das Industrial Metaverse als evolutionäre Erweiterung digitaler Zwillinge, die nicht nur die Zusammenarbeit verbessert, sondern reale Prozesse komplett virtuell erlebbar macht. Das Unternehmen betont, dass reichhaltige Dateninfrastrukturen nötig sind, um über die gesamte Fabrik hinweg digitale Zwillinge zu verknüpfen. In Kooperation mit Foxconn entwickelt man virtuelle Fabriken, die via Omniverse und Nvidia Isaac Roboter trainieren und den Energieverbrauch um mehr als 30 % reduzieren.

Nokia, Sick, Schaeffler und weitere

Nokia treibt im Rahmen seiner DAC-Plattform (Digital Automation Cloud) private 5G Netze für die industrielle Fertigung voran und wird als Sprecher auf der Industrial Metaverse Conference auftreten. Dort sollen hybride Netzwerkarchitekturen vorgestellt werden, die vernetzte Roboter und digitale Zwillinge mit niedriger Latenz koppeln. Sick präsentiert Sensortechnologien für digitale Zwillinge und KI-gestützte Prozessüberwachung. Schaeffler arbeitet an datengetriebenen Lagern und Condition Monitoring Systemen. imk Industrial Intelligence steuert seine Expertise in ergonomischer Simulation bei. Drees & Sommer zeigt, wie sich Fabrikplanung und Gebäudezwillinge in virtuellen Umgebungen verknüpfen lassen. Weitere Akteure wie Mercedes Benz, Kuka Digital, DMG Mori, ARENA2036 oder Feynsinn (EDAG) arbeiten an neuen Geschäftsmodellen für Software Defined Manufacturing, Standardisierung und semantische Interoperabilität.

Industrial Metaverse: Forschung und Standardisierung

Forschungsinstitute wie das Fraunhofer IPA und Hochschulen wie die Hochschule Kempten entwickeln Methoden für semantische Kommunikation und menschenzentrierte Kollaboration. Die Frontiers-Studie betont, dass das Industrial Metaverse nicht nur Technologie, sondern auch Organisationskultur und Fähigkeiten umfasst. Es soll menschenzentriert, resilient und nachhaltig sein. Themen wie Edge-Computing, Datensouveränität und identitätsbasierte Sicherheit rücken in den Fokus.

Entwicklung und Historie

Der Begriff „digitaler Zwilling“ geht auf die frühen 2000er Jahre zurück, als die NASA virtuelle Modelle für Raumsonden einsetzte. In der Industrie wurden digitale Zwillinge zunächst punktuell genutzt – etwa in der Automobilindustrie oder bei Anlagenbauern, um einzelne Maschinen zu überwachen. Mit dem Einzug von Industrie 4.0 verbreiteten sich vernetzte Sensoren, IoT-Gateways und cloudbasierte Analysewerkzeuge. Die Pandemie ab 2020 beschleunigte die Nachfrage nach Fernwartung und virtuellem Arbeiten; Unternehmen investierten in Remote Monitoring und VR-Trainings. Gleichzeitig erlebte die Consumer Metaverse-Vision um Meta einen Höhenflug, brach aber wegen fehlender Use Cases ein.

Parallel trieben Technologieanbieter den Industrial Case voran. Nvidia schuf mit Omniverse eine offene Plattform, die Engineering Tools verbindet und Simulationsmodelle austauscht. Siemens öffnete mit Xcelerator seine Software und Hardwarewelt für Partner. PTC, Dassault Systèmes, Autodesk, Bentley oder GE Digital integrieren ihre PLM und CAD-Lösungen. Standardisierungsgremien wie die Metaverse-Standards Forum arbeiten an interoperablen Datenmodellen.

Seit 2024/25 wird der Begriff „Industrial Metaverse“ verstärkt verwendet, um diese Entwicklungen zusammenzufassen. Analysten wie Gartner und ABI Research sehen hier das größere wirtschaftliche Potenzial im Vergleich zum Consumer Metaverse. Viele der Technologien existieren bereits – entscheidend ist die Integration zu einem durchgängigen digitalen Ökosystem.

Chancen, Herausforderungen und Zukunftsausblick

Chancen mit dem Industrial Metaverse

  1. Produktivität und Kosten: Virtuelle Planung und Simulation reduzieren Prototyping-Kosten, senken Energie und Materialverbrauch und verkürzen Entwicklungszeiten. Deloitte zufolge erreichen einige Automobilhersteller bereits 30 % höhere Effizienz, indem sie Planungsprozesse ins Metaverse verlagern.
  2. Qualität und Sicherheit: Digitale Zwillinge erkennen Fehler oder Verschleiß frühzeitig; AR-gestützte Wartung erhöht die Sicherheit. Virtuelle Trainings senken das Unfallrisiko und machen Mitarbeiter schneller produktiv.
  3. Nachhaltigkeit: Simulationen ermöglichen emissionsarme Fabriken und Produkte. Die Internationale Energieagentur zeigt, dass 1 % Emissionsreduktion 90 Mio. t CO₂ spart.
  4. Neue Geschäftsmodelle: Plattformbetreiber können Apps, Modelle und Services anbieten. Unternehmen wie Nvidia entwickeln Marktplätze für KI-Modelle, Simulationsbausteine und Prozesswissen. Software Defined Manufacturing ermöglicht Pay-per-Use-Modelle für Produktionskapazitäten.
  5. Fachkräftemangel: Immersive Trainingsmethoden helfen, Mitarbeiter schneller auszubilden und Wissen global zu teilen. Über das Industrial Metaverse können Experten remote unterstützen und Lerninhalte zugänglich machen.

Herausforderungen des Industrial Metaverse

  1. Interoperabilität und Standards: Die Integration verschiedener Softwaretools erfordert offene Datenformate wie USD und semantische Standards, damit Modelle und Simulationen austauschbar sind. Diginomica weist darauf hin, dass die Plattformen zunächst proprietär bleiben und die Interoperabilität erst über Jahre wachsen wird.
  2. Datenqualität und Governance: Digitale Zwillinge benötigen korrekte, aktuelle und reichhaltige Daten. Unternehmen müssen Datenflüsse konsolidieren, sichere Identitäten bereitstellen und Datenschutz sowie IP-Rechte beachten.
  3. Infrastruktur: Hohe Bandbreiten und geringe Latenzen sind essenziell. Kuka betont, dass Bandbreite und Latenz der heutigen Netze noch nicht ausreichen, um das volle Potenzial zu heben. 5G/6G, Edge Computing und Cloud Skalierung sind Voraussetzung.
  4. Komplexität und Change Management: Der Aufbau eines durchgängigen Industrial Metaverse erfordert erhebliche Investitionen, neue Kompetenzen und agile Organisationsstrukturen. Unternehmen müssen ihre Prozesse digitalisieren, IT /OT Konvergenz schaffen und Mitarbeiter schulen.
  5. Sicherheit und Identität: Eine vernetzte virtuelle Fabrik birgt Cyber Risiken. Sicheres Identity Management, Verschlüsselung und Zero Trust Architekturen sind entscheidend, um IP Diebstahl und Manipulation zu verhindern.

Zukunftsausblick

Viele Experten sehen im Industrial Metaverse die nächste Stufe der digitalen Transformation. Bis 2030 dürfte sich der Markt deutlich konsolidieren; offene Standards werden die Interoperabilität erhöhen. Neue Technologien wie Brain Computer Interfaces, Quantencomputing oder Generative KI könnten Simulation und Interaktion weiter verbessern. Perspektivisch wird das Industrial Metaverse nicht nur ein virtuelles Spiegelbild der Fabrik sein, sondern ein autonomer Co-Pilot, der Entscheidungen vorschlägt und kontinuierlich lernt.

Metaverse Conference Munich

Industrial Metaverse Conference 2026 – Jetzt anmelden!

Vom 10. bis 11. Februar 2026 lädt Ultima Media Germany zur Industrial Metaverse Conference nach München ein. Die Konferenz bringt führende Technologieanbieter, Maschinenbauer und Forschungseinrichtungen zusammen. Auf dem Programm stehen zentrale Themen wie digitale Zwillinge, softwaredefinierte Fertigung, KI-basierte Simulation, Interoperabilität und industrielle Datenräume.

Referenten (Auswahl):

  • Dr. Timo Kistner (Nvidia, EMEA Manufacturing):
  • Dr. Quirin Görz (Kuka Digital / CIO Kuka)
  • Dr. Bahram Torabi und Oliver Huther (Sick AG)
  • Fabian S. Schlage (Nokia DAC):
  • Dr. Tommy Kuhn (DMG Mori Digital)
  • Prof. Thomas Bauernhansl (Fraunhofer IPA)
  • Georg Schnauffer (ARENA2036)
  • Prof. Dr. Bernd Lüdemann-Ravit (Hochschule Kempten)
  • sowie Vertreter von Mercedes Benz, Schaeffler, imk Industrial Intelligence, Drees & Sommer, EDAG/Feysinn u.v.m.

Die Tagung richtet sich an Entscheider, Entwicklungs- und Produktionsleiter sowie IT Strategen im Maschinenbau. Sie bietet praxisnahe Workshops, Live Demos und Netzwerkmöglichkeiten. Frühbucher Tickets sind bis Dezember 2025 erhältlich. Weitere Informationen und Anmeldung unter industrial metaverse conference.com.