Solaranlage und Ventilatoren auf einem Firmendach

Die Schaltbau GmbH setzt auf den Komplettumbau zur DC Factory. Eine PV-Anlage soll dabei tagsüber in der Lage sein, das Batteriespeichersystem gänzlich zu laden. (Bild: Ostermeier - stock.adobe.com)

Beim neuen Montagewerk (NExT Factory) der Schaltbau GmbH am Standort Velden (Landkreis Landshut) erfolgt der reine Fabrikbetrieb nach Angaben des Unternehmens CO₂-frei. Die THG-Emissionen werden nach etabliertem Standard des Greenhouse Gas Protokolls (GHG) bilanziert. Der Spezialist für innovative Energiekonzepte auf Gleichstrombasis setzt dabei ausschließlich auf strombasierte Erzeuger und Verbraucher.
Den Kern des Energiesystems bilden eine PV-Anlage mit rund 1,4 MWp installierter Leistung sowie ein thermischer Energiespeicher und ein stationäres Batteriespeichersystem (350 kW / 350 kWh). Die PV-Anlage soll tagsüber in der Lage sein, das Batteriespeichersystem gänzlich zu laden.

Überschüssige Energie wird zur Energieversorgung der NExT Factory genutzt oder in das Versorgernetz zurückgespeist. Dazu zählt unter anderem die Versorgung der Fertigungszellen, von Anlagen und Maschinen, der Büroarbeitsplätze, der Beleuchtung, des Logistiksystems, des Prüflabors sowie des thermischen Energiespeichers. Bei letztgenanntem handelt es sich um zwei Löschwassertanks, die neben dem eigentlichen Zweck, zusätzlich als thermische Energiespeicher eingebunden werden. Über Wärmetauscher beziehungsweise Wärmepumpen lässt sich die Wassertemperatur in den Tanks durch PV-Strom um ein gewisses Temperaturniveau erhöhen respektive senken und so entsprechende Vorlauftemperaturen in den Heiz- beziehungsweise Kühlkreisläufen generieren.

Dossier Klimaneutrale Industrie - hier zum Download

Frau hält ein Tablet in der Hand und wählt auf dem Display Beiträge aus, die außerhalb des Tablets virtuell angezeigt werden
(Bild: mi connect)

Entdecken Sie, wie Sie den steigenden Energiekosten entkommen und gleichzeitig Ihr Unternehmen klimaneutral für die Zukunft aufstellen. Wie das geht, ist in dem Dossier Klimaneutrale Industrie verständlich erklärt. Hier gelangen Sie zur Leseprobe. Weitere Informationen und den Link zum Download der Studie gibt es hier.

Das erwartet Sie:

 

  • Wirtschaftliche Vorteile eines klimaneutralen Unternehmens
  • Welche pragmatischen Lösungen es für die Reduzierung von CO2-Emissionen gibt
  • Wie Sie an die richtigen Fördertöpfe kommen
  • Experteninterviews mit Tipps aus der täglichen Praxis und gezielten Lösungsstrategien zu Fragen wie „Was will ich erreichen, was kann ich erreichen und wo fange ich überhaupt an?“
  • Best Practice-Cases aus der Industrie

Der Aufbau der NExT Factory erfolgt dem strategischen Prinzip des Nordsterns. Während ein gewisser Teil der Fabrik zum Start im Herbst 2022 mit Gleichstrom versorgt wird, sieht der langfristige Plan einen Komplettumbau zur DC Factory vor. Zunächst werden drei PV-Stränge pro 200 kWp eingebunden. Da diese gleichstrombasiert arbeiten, fallen keine Umwandlungsverluste an. Auch der ebenfalls DC-seitig angebundene Batteriespeicher arbeitet aus Prinzip gleichstrombasiert.

Weiterhin werden in die DC-basierte Energieinfrastruktur Komponenten wie die Außenbeleuchtung, DC-Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, das schaltbauinterne Prüflabor (Shaker) mit Gleichstromapplikationen, vereinzelt Lüftungsgeräte und Produktionsanlagen (produktiver Betrieb) sowie das geplante automatische Kleinteilelager (AKL) direkt eingebunden. Noch hat das Unternehmen hier mit diversen Hürden zu kämpfen, wie der mangelnden Verfügbarkeit von DC-Komponenten sowie den lückenhaften bis fehlenden normativen Vorgaben.

Interview: Dr. Michael Ettl

Michael Ettl Schaltbau GmbH
Dr. Michael Ettl, Gesamtprojektleiter NExT Factory bei der Schaltbau GmbH (Bild: Schaltbau)

Wenn sich ein Unternehmen in Richtung Klimaneutralität aufmacht, hat dies auch eine ökonomische Komponente. Wie sich diese darstellt, erläutert Dr. Michael Ettl.

 

Herr Ettl, Schaltbau hat sich auf den Weg der Klimaneutralität begeben. Welche Ziele verfolgen Sie damit?

Für uns sind hierbei mehrere Faktoren ausschlaggebend: Zum einen ist es der feste Wille vom CEO bis zum Werker, einen Teil zur Erreichung der Klimaschutzziele beizutragen. Die Greenfield-Planung unserer NExT Factory bietet den idealen Rahmen, dies mit gegebenen Mitteln zu verwirklichen und so eine nachhaltige Fabrik zu planen, in der noch viele Generationen beschäftigt sein werden. Auf der anderen Seite ist marktseitig deutlich mehr Dynamik in das Thema gekommen: OEMs geben bereits jetzt Richtlinien für Zulieferer vor, nach denen diese ihre Produktion und Montage klimafreundlich gestalten müssen.

 

Inwieweit ist der eingeschlagene Weg nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll?

Ohne Einklang von Ökologie und Ökonomie wäre das Vorhaben wahrscheinlich so nicht möglich gewesen. Wir haben von Anfang an eine wirtschaftliche Betrachtung des CO2-freien Energiekonzepts durchgeführt – mit dem Ergebnis, dass dieses im Gesamtverbund einen ROI von knapp drei Jahren im Vergleich zu einem konventionellen Konzept mit Wärme durch Gas aufweist. Eine Prämisse ist die Implementierung eines übergeordneten Energiemanagementsystems, das Zusammenhänge innerhalb des Energiekonzepts geschickt steuert und regelt. Würde man heute eine erneute Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchführen, würde sich der ROI vermutlich aufgrund steigender CO2- und Energiepreise weiter zugunsten des NExT Energiekonzepts entwickeln.

 

Welche Rolle spielen im Gesamtkonzept die Scope-3-Emissionen? Wie gehen Sie diese Herausforderung an?

Die Scope-3-Emissionen spielen eine wesentliche Rolle. Diese nachzuweisen, stellt wahrscheinlich alle Unternehmen vor die größte Herausforderung, doch auch dieser werden wir begegnen. Von der Vorgehensmethodik berufen wir uns hierzu auf einen Stufenplan. In der ersten Stufe werden wir mit der NExT Factory alle Scope-1- und Scope-2-Emissionen, die wir direkt beeinflussen können, eliminieren. Parallel dazu werden unsere Lieferanten bei Audits, Checklisten, Qualifizierungsmaßnahmen verstärkt beauftragt, ihren Fußabdruck offen zu legen und entsprechende Maßnahmen vorzulegen, die diesen weiter verbessern. Da es damit nicht getan ist, werden wir künftig eine kleine organisatorische Einheit benötigen, die gezielt diese Themen angeht. Eine Neuausrichtung der Organisationsstruktur in der NExT Factory wird derzeit bereits geformt.

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5 Tipps von Michael Ettl für den Weg zur Klimaneutralität

  • Ziel/Vision festlegen: Gemeinsames Commitment des Managements. Nur so haben Sie später keine Quertreiber
  • Projektorganisation ins Leben rufen: Zuständigkeiten definieren. Können wir das selbst machen oder ist an gewissen Stellen Unterstützung von extern notwendig?
  • Konzepterstellung: Was sind Hauptenergieverbraucher Stand heute? Wo ist das größte Einsparpotenzial? Welche Primärenergiequelle gibt es? Konzept und Wirtschaftlichkeit stets im Verbund betrachten, etwa PV in Kombination mit Batteriespeicher
  • Aufstellung von zwei bis drei Konzeptvarianten und Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung: Rechnet sich das Konzept? Vergleich zur konventionellen Energieerzeugung mit Gas oder Öl
  • Behörden, Netzbetreiber und weitere Stakeholder frühmöglichst in das Vorhaben einbeziehen und regulatorische Hürden im Vorfeld sofern möglich klären.

überarbeitet von: Dietmar Poll

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