IT als Treiber der Digitalisierung bei Mahle -

IT als Treiber der Digitalisierung bei Mahle. - (Bild: Mahle)

So war es früher: Die IT-Abteilung war der Dienstleister der Fachabteilungen im Haus. Wurde Hard- oder Software benötigt oder funktionierte ein Zugang nicht, musste dies der IT-Support übernehmen. Das hat sich inzwischen gründlich gewandelt.

Dank Digitalisierung: IT-Dienstleister immer wichtiger

Spätestens seit dem Megatrend Industrie 4.0 ist die IT einer der entscheidenden Bereiche, um neue Geschäftsmodelle und Produkte voranzutreiben, denn die Digitalisierung wird mit komplexen Vernetzungen, der Nutzung gewaltiger Datenmengen durch KI-gestützte Systemen zum Trigger für das Business. „Die IT wird damit vom Dienstleister zum Verursacher massiver Veränderungen im Unternehmen“, weiß Holger Schmitt von der Anxo Management Consulting.

Doch gerade Unternehmen aus weniger IT-affinen Branchen in der Industrie, die noch über eine klassische Fabrik verfügen, stehen bei der digitalen Transformation vor einer riesigen Herausforderung: “Nehmen Sie als Beispiel den Bereich Maschinenbau”, sagt Thomas Heimann, Principal Enterprise Architect bei Capgemini und zuständig für Application Services. “Deren Kerngeschäft hatte bislang mit IT nicht allzu viel zu tun; bei den Produkten ging es primär um Engineering. Es kam mehr auf die Ingenieurleistung an und weniger auf IT. Nun kommt zur Ingenieurleistung jedoch die IT-Leistung hinzu.”

“IT-Know-how entwickelt sich damit langfristig zu einer Metakompetenz”, ergänzt Dr. Thomas Endres, Vorsitzender des CIO-Verbands VOICE. “Es gibt Kompetenzen im Kerngeschäft, auf die man bauen sollte. Wenn diese mit digitaler Kompetenz kombiniert werden, entstehen komplett neue Kompetenzen.”

Enormes Effizienzpotenzial in der Produktion

Gleichzeitig ändert sich aber auch die Art, wie Wertschöpfung entsteht: Es geht weg von der sequenziellen Wertschöpfungskette hin zu flexiblen Wertschöpfungsnetzwerken, in denen die Wertschöpfungsketten von Kunden und Partnern verbunden sind. „Das wird das Kooperationsmodell der Zukunft sein, denn es führt zu besseren Prozessen, die die Gesamteffizienz steigern und die Kosten reduzieren“, so Frank Gaßner,  Vice President Sales Automotive & MI bei T-Systems.

DHL und Cisco rechnen damit, dass auf diese Weise in den kommenden zehn Jahren Umsatzsteigerungen und Kosteneinsparungen zu einem weltweiten Wirtschaftswachstum von insgesamt acht Billionen US-Dollar beitragen. Alleine für die Bereiche Logistik- und Supply-Chain würde sich der wirtschaftliche Zuwachs durch digitalisierte Prozesse auf 1,9 Billionen US-Dollar summieren. Eine Studie von Accenture rechnet bis 2030 sogar mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um satte 700 Milliarden US-Dollar – alleine in Deutschland! Möglichmacher sei hier die Digitalisierung mit der eine Produktion in der Smart Factory einhergeht.

Unternehmen beziehen daher immer häufiger Partner mit ein, die mit eigenen Software-Komponenten die Produkte komplettieren oder erweitern, um neue Geschäftsmodelle auf die Beine zu stellen. Doch das ist keine Standardangelegenheit, sondern muss jeweils konkret auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten sein, denn „die Digitalisierung betrifft häufig ganze Prozessketten, die je nach Unternehmensbereich und Branche sehr unterschiedlich aussehen können“, weiß Gaßner als Experte für die Bereiche Vertrieb und Lieferkettenmanagement.

Digitalisierung nicht um der Digitalisierung Willen

Genau diese Veränderungen treibt auch die IT-Abteilung des Stuttgarter Automobilzulieferers Mahle an. „Unsere IT schafft die Grundlagen zur Produktverbesserung, denn die wandeln sich von reiner Hardware in Produkte, die künftig auch Software enthalten“, erklärt Markus Bentele, IT-Leiter bei Mahle.

Aber nicht nur das: Die leistungsfähige IT ermöglicht es, sowohl in Geschäfts- und R&D-Prozessen, als auch in der Produktion in der Fabrik, die Qualität und Effizienz zu steigern sowie die Kosten zu senken - Stichwort: intelligente Fabrik. „Daher stellt sich bei Mahle nicht die Frage, ob digitalisiert wird, sondern wie“, so Bentele. Und das hat bei den Stuttgartern eine klare Leitlinie: Digitalisiert wird dort, wo es für das Unternehmen wirtschaftlich sinnvoll ist.

Umsatz-Ranking: Die Top 20 des deutschen Maschinenbaus 2017

Maschinenbau

Die Managementberatung Oliver Wyman und Produktion präsentieren die 20 erfolgreichsten Unternehmen im deutschen Maschinen- und Anlagenbauer 2017. Hier geht es zum Umsatz-Ranking.

Kein Patentrezept für die Digitalisierung

„Grundsätzlich gibt es für die Digitalisierung kein Patentrezept, da Konzerne in der Regel unterschiedliche Strukturen und auch kulturelle Unterschiede haben“, weiß Bentele. Was jedoch übertragbar ist, sind die Hausaufgaben, die ein Unternehmen gemacht haben sollte, bevor es erste Projekte angeht:

  1. Ziele festlegen: Was möchte ich wie erreichen?
  2. Bestehendes analysieren: Worauf kann man aufbauen?
  3. Kosten und Qualität: Wie lang ist die Amortisationszeit und welche Qualitätsverbesserungen sind damit verbunden
  4. Organisationsstrukturen festlegen: Wer hat welche Funktion?

Dann gilt es, die ersten Pilotprojekte in Sachen Digitalisierung zu starten und wenn die Richtung nicht mehr stimmt, nachzubessern. Der Mahle-IT-Chef rät auch: „Man sollte den Mut haben, Projekte, die sich als nicht erfolgversprechend herausstellen, schnell zu beenden, um die Kosten im Rahmen zu halten.“

Auf dem Weg zur Smart Factory

Einen solchen Piloten entwickelte Mahle mit seinem IT-Dienstleister T-Systems. „Für uns war klar, dass wir als globales Unternehmen einen ebenfalls weltweit agierenden Partner benötigen, der sich in internationalen Strukturen auskennt und die entsprechenden Ressourcen hat – das kann nicht jeder“, beschreibt Bentele den Auswahlprozess.

Nach einem erfolgreich durchgeführten gemeinsamen Design-Thinking-Workshop zu neuen Geschäftsmodellen, wurde als erste kurzfristige Lösung eine App von T-Systems entwickelt und implementiert: die Steuerung der Klimatisierung. „Daraus kann sich ein Produkt entwickeln“, so Bentele. Aktuell sind einige weitere Lösungen in der Diskussion, speziell zu Logistik, Qualität, Material und Prozessabläufen in der Fabrik.

Einen weiteren Piloten entwickelte Mahle zusammen mit einem anderen Partner: eine optische Qualitätssicherung für Kolben mittels Kameras: die Maschine justiert sich bei einer Fehlererkennung autonom nach und korrigiert somit die Fehler entsprechend. Dies ist ein echtes Industrie 4.0 Thema, bei dem die Vorteile klar auf der Hand liegen.

Fazit: Digitalisierung steht noch am Anfang

Vieles ist im Gange beim Stuttgarter Automobilzulieferer Mahle, und obwohl zwischenzeitlich einige Digitalisierungsprojekte angestoßen wurden, sieht sich das Unternehmen wie viele andere noch am Anfang des Prozesses. „Wir haben jedoch das immense Potenzial erkannt und gehen unseren Weg nun mit Nachdruck weiter“, resümiert Markus Bentele.

Sie möchten gerne weiterlesen?