Patentverletzung

Trumpf verklagt IPG Laser: Darum geht es

Exklusiv: Hat IPG Laser ein Patent von Trumpf verletzt? Was die beiden Unternehmen dazu sagen und um welche Technologie es sich handelt.

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Trumpf hat eine Klage auf Unterlassung, Feststellung von Schadensersatz und Rückruf gegen IPG Laser eingereicht.
Trumpf hat eine Klage auf Unterlassung, Feststellung von Schadensersatz und Rückruf gegen IPG Laser eingereicht.

Innovationen sind der Motor des technischen Fortschritts – besonders in Hightech-Branchen wie der Lasertechnologie. Unternehmen investieren enorme Summen in Forschung und Entwicklung, um neue Verfahren, Produkte und Lösungen zu schaffen, die ihnen einen Vorsprung im globalen Wettbewerb verschaffen. Damit diese Erfindungen nicht einfach kopiert werden können, gibt es das Patentrecht.

Und genau darum geht es in einem Rechtsstreit zwischen Trumpf und IPG Laser. Das Ditzinger Unternehmen wirft IPG vor, ein Patent verletzt zu haben.

Konkret geht es um die Patentnummer EP 2 624 031 mit dem Titel „Verfahren und Anordnung zum Erzeugen eines Laserstrahls mit unterschiedlicher Strahlprofilcharakteristik mittels einer Mehrfachclad-Faser“. Trumpf hat deshalb Anfang Dezember 2024 Klage gegen IPG Laser eingereicht.

„Trumpf ist ein hochinnovatives Unternehmen das Wert auf den Schutz seines geistigen Eigentums legt“, sagt ein Sprecher des Unternehmens gegenüber Produktion. Trumpf beobachte den Markt vor diesem Hintergrund ständig und gehe gegen mögliche Verstöße gegen die eingetragenen Patente des Konzerns vor.

Der Sprecher erklärt weiter: „IPG nutzt eine Technologie im Bereich der Festkörperlaser, von der wir annehmen, dass Sie unter den Schutz von zwei unserer Patente fällt. Diese Technologie ermöglicht eine besonders einfache und effiziente Strahlformung.“

Trumpf klage daher auf Unterlassung, Feststellung von Schadensersatz und Rückruf. Die Klagen wurden vor dem einheitlichen Patentgericht („Unified Patent Court UPC“) in Düsseldorf und Mannheim erhoben.

Es ist das erste Mal, dass Trumpf ein anderes Unternehmen wegen einer Patentverletzung verklagt.

Das sagt IPG Laser zur Patentverletzungsklage

IPG Laser sieht den Fall so: „Nach unserer Auffassung ist Trumpfs Patentverletzungsklage, die auf das europäische Patent EP 2 624 031 gestützt wird, nicht gerechtfertigt“, sagt das Unternehmen auf Nachfrage. Besagtes Patent ist nach Auffassung von IPG „weder rechtsbeständig noch verletzt“.

IPG erklärt außerdem: „Das Patent EP’031 ist bereits nicht rechtsbeständig im Lichte des Standes der Technik, insbesondere im Lichte der vorveröffentlichten EP 2 071 376 A1 und einem Artikel im Laser Technik Journal, der sogar von Mitarbeitern von Trumpf selbst stammt.“

IPG habe bei Gericht eine Nichtigerklärung des Patents auf Grundlage mehrerer weiterer Dokumente zum Stand der Technik beantragt.

Trumpfs 2-in-1-Fasertechnologie sei bereits aus der europäischen Patentanmeldung EP 2 071 376 A1 mit dem Titel „Optischer Faserkombinierer mit einem Preform mit Kapillarbohrungen und Verfahren zu dessen Herstellung“ und auch durch Trumpfs Artikel im Laser Technik Journal „eindeutig vorbekannt“, so IPG.

„Darüber hinaus ist Trumpfs Patent auf eine schaltbare Vorrichtung zur Einkopplung zweier verschiedener Laserstrahlen über den freien Raum in eine Doppelclad-Faser beschränkt. Dies hat mehrere Nachteile und entspricht nicht dem Ansatz, der in den AMB-Lasern von IPG verwendet wird“, erklärt das Unternehmen weiter. Dieser Unterschied sei signifikant und bestärke IPGs Position, dass keine Patentverletzung vorliege.

IPG hat nach eigener Aussage 850 erteilte Patente und über 350 anhängige Patentanmeldungen. Trumpf schreibt in seinem Kundenmagazin True 21/2025, das Unternehmen melde durchschnittlich 300 neue Patentanmeldungen pro Jahr an. Im vergangenen Geschäftsjahr habe es 352 Erstanmeldungen gegeben.

Trumpf vs. IPG Laser: Um diese Technologie geht es

Das Patent EP2624031B1 beschreibt ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Erzeugung eines Laserstrahls mit unterschiedlichen Strahlprofilcharakteristiken mithilfe einer sogenannten Mehrfachclad-Faser. Hilfreich ist dies in der Lasermaterialbearbeitung. Zum Beispiel beim Laserschweißen oder -schneiden muss die Laserstrahlqualität an die jeweilige Anwendung angepasst werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Daher ist bei einem Wechsel der Anwendung in der Regel auch ein Wechsel des Laserlichtkabels erforderlich.

Bei Trumpf wurde für die TruLaser Cell 7040 Faser eine Lösung entwickelt, bei der dies nicht nötig ist: eine 2-in-1-Faser. Wie genau diese funktioniert haben die Erfinder Wolfgang Andreasch, Rudolf Huber und Daniel Mock bereits 2011 im Laser Technik Journal veröffentlicht.

Die 2-in-1-Faser besteht aus einem klassischen Stufenindexfaserkern mit kleinem Durchmesser, der von einem zweiten Kern, dem sogenannten Ringkern, mit größerem Durchmesser umgeben ist. Je nach den Anforderungen der Laserbearbeitungsanwendung an die Strahlqualität und den Fokusdurchmesser kann der Laserstrahl wahlweise in den inneren oder den äußeren Teil der Faser geleitet werden.

Die Umschaltung zwischen dem inneren Kern und dem Ringkern erfolgt in der Laservorrichtung mittels eines optischen Kernschalters, so entfällt das Wechseln des Laserlichtkabels.

Was passiert, wenn Patente verletzt werden?

Patentrechtsverletzungen können für Unternehmen gravierende wirtschaftliche Folgen haben – sowohl für die Kläger als auch für die Beklagten.

Mögliche Schäden und Kosten:

  • Umsatzverluste durch unrechtmäßige Nutzung geschützter Technologien
  • Marktverdrängung durch Nachahmerprodukte
  • Rechtskosten für Anwälte, Gutachten und Gerichtsverfahren
  • Schadensersatzforderungen, die in Millionenhöhe gehen können
  • Rufschädigung, die langfristig Kundenvertrauen und Investitionen beeinträchtigt

In der Hightech-Industrie können einzelne Patente den Zugang zu ganzen Märkten sichern. Eine Verletzung kann daher nicht nur teuer, sondern auch strategisch entscheidend sein.

Wann die Verhandlungen beginnen

Dies bedeutet nicht nur weniger Aufwand und kürzere Rüstzeiten, sondern vermeidet auch Fehler, denn das Risiko von Komponentenverwechslungen oder Fehlausrichtungen der Strahlführung wird reduziert.

Inwieweit IPG diese Innovation kopiert hat, wird sich vor Gericht zeigen. Der Fall wirft dabei auch grundsätzlichen Fragen auf: Wie weit reicht der Patentschutz bei komplexen Systemtechnologien? Und wie lässt sich Innovation schützen, ohne den Wettbewerb zu behindern?

Das schriftliche Verfahren zur Patentrechtsklage läuft Trumpf zufolge derzeit. Die mündlichen Verhandlungen sind für Anfang 2026 angesetzt.

Die Autorinnen: Julia Dusold und Anja Ringel

Julia Dusold und Anja Ringel

Julia Dusold (links) ist Technik-Redakteurin bei mi connect. Sie beschäftigt sich mit verschiedenen Fertigungstechnologien, zum Beispiel der Zerspanung, der Lasertechnik und dem 3D-Druck. Außerdem in Julias Portfolio: Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie.

Gemeinsam mit Anja Ringel produziert und moderiert sie den Interview-Podcast Industry Insights.

Anja Ringel schreibt hauptsächlich für das Ressort Wirtschaft. Sie kümmert sie sich unter anderem um Themen wie Bilanzen, Fachkräftemangel oder Unternehmenskultur, schreibt aber auch über die Themen Digitalisierung und Automatisierung.