China-USA Fingerzeig

Die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt, die USA und China, schaukeln sich in ihrem Handelskonflikt gegenseitig hoch - mit Auswirkungen für die Weltkonjunktur. - (Bild: Pixabay)

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China könnte nach Einschätzung von Volkswirten die internationalen Wirtschaftsbeziehungen dauerhaft beschädigen. "Die goldenen Jahre der Globalisierung sind vorbei", kommentiert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Die Konjunktur im Exportland Deutschland wird weiter vor sich hin dümpeln."

Vor knapp einem Jahr verhängte US-Präsident Donald Trump erste Strafzölle auf Waren aus China. Es war der Auftakt zu einem sich hochschaukelnden Handelsstreit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt. China reagierte mit Gegenmaßnahmen.

Krämer ist überzeugt: "Finden die USA und China keinen Modus vivendi, droht die Weltwirtschaft über die Jahre in eine westliche und östliche Sphäre zu zerfallen. All diese Risiken haben sich wie Mehltau auf die Weltwirtschaft gelegt."

Nach Einschätzung von Carsten Brzeski, Deutschland-Chefvolkswirt der Großbank ING, haben die "Spannungen zwischen den USA und China deutlich den Abschwung der Weltwirtschaft beschleunigt."

Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW/Kiel), sieht in der Verunsicherung durch Trumps Handelspolitik aktuell das größte Risiko für die Weltkonjunktur. "Das Hauptproblem ist die Unsicherheit, die Trump schafft. Man weiß nicht, welches Land demnächst in sein Visier gerät", sagte der Ökonom der Deutschen Presse-Agentur. "Verunsicherte Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, Verbraucher verschieben möglicherweise Anschaffungen."

Großer Schaden durch Zölle und ausbleibende Investitionen

Dieser Schaden sei wahrscheinlich deutlich größer als der, der tatsächlich durch Zölle verursacht wird, so Gabriel Felbermayr. Den Schaden für den Welthandel durch Zölle schätzt er langfristig auf circa 90 Milliarden Euro jährlich - sollten die Abgaben zwischen China und USA dauerhaft auf dem aktuellen Niveau bleiben. "Angesichts eines Welthandelsvolumens von 15 Billionen Euro ist das vergleichsweise wenig", rechnete der IfW-Präsident vor.

Der Präsident des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW/Berlin), Marcel Fratzscher, nennt den Handelskonflikt eine massive globale Wachstumsbremse: "Die wirtschaftlichen Konflikte der USA schaffen enorme Unsicherheit, die Gift für jedes Unternehmen ist." Zu leiden hätten vor allem exportabhängige Volkswirtschaften wie Deutschland.

In manchen Branchen zeigen sich bereits deutliche Bremsspuren. "Wir stehen möglicherweise vor einer kompletten Neuvermessung der Weltwirtschaft", analysiert Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. "Insbesondere im Bereich höherwertiger Technologie wird die Globalisierung zurückgedreht. Das bedeutet enorme Unsicherheiten und Anpassungskosten für außenwirtschaftlich orientierte Unternehmen."

Deutschland als Exportnation besonders belastet

Die Exportnation Deutschland spürt zunehmend Gegenwind, worauf ifo-Präsident Clemens Fuest hinweist: "Die Spannungen vermehren weltweit die Unsicherheit und belasten so die Konjunktur. Diese Belastung trifft auch Deutschland. Zölle und Handelshemmnisse zwischen China und den USA betreffen direkt deutsche Unternehmen, die in diesen Ländern produzieren, zum Beispiel deutsche Autobauer in den USA."

Der Handelskonflikt hinterlässt bereits deutliche Spuren: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes beliefen sich die Exporte im April auf 109,7 Milliarden Euro. Das war zum Vorjahres-April ein Minus von 0,5 Prozent und im Vergleich zum Vormonat März 2019 ein Rückgang um 3,7 Prozent.

Andere asiatische Länder können vorübergehend profitieren

Profitieren von umgelenkten Handelsströmen könnten nach Einschätzung mancher Ökonomen - zumindest vorübergehend - andere asiatische Länder, beispielsweise die Textilindustrie in Pakistan oder Vietnam. "Die größten Verlierer weltweit sind die Verbraucher", konstatiert Dekabank-Volkswirt Ulrich Kater. "Wenn Preise für Güter und Dienstleistungen steigen und einige Angebote überhaupt nicht mehr verfügbar sind, dann trifft das am Ende die privaten Haushalte in allen Ländern", erklärt er. "Handelskriege kann man nur insoweit gewinnen, dass man meint, die geringeren Schäden davonzutragen."

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dpa