In dieser Serie von Beiträgen wollen wir den professionellen Umgang mit Obsoleszenz beschreiben, in Zusammenarbeit mit dem Fachexperten Dr.-Ing. Wolfgang Heinbach. Er ist Gründungspartner der Syliom Unternehmensberatung Dr. Heinbach, Steinleitner und Partner mit Sitz in Augsburg. Er ist seit vielen Jahren im Bereich Obsoleszenz Management mit den Schwerpunkten Änderungen/Abkündigungen, Ersatzteil- und LifeCycle Management sowie den damit verbundenen Businessthemen und Prozessen tätig, mit zahlreichen Vorträgen und Publikationen im In- und Ausland. Ehrenamtlich ist er nach sechs Jahren als Vorstandsvorsitzender weiterhin im Vorstand der COGD (Component Obsolescence Group Deutschland e.V.) und als Vizepräsident des IIOM (International Institute of Obsolescence Management) tätig. Im Rahmen von DKE- und IEC-Arbeitsgruppen trägt er zur weltweiten Standardisierung des Obsoleszenz Managements und seiner Methoden bei.
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Das Problem Obsoleszenz
Noch nie wurden Ersatzteile, Software und Steuerungen von den Produzenten so schnell abgekündigt. Noch nie waren so viele Produktionsanlagen mit unterschiedlichen Altersstrukturen und Technologien gleichzeitig in Betrieb. Noch nie war es so schwierig, hier den Überblick zu bewahren. Noch nie war das Thema Abkündigungen (Obsoleszenz) so wichtig, wie heute.
Eine Maschine steht und das Ersatzteil wird benötigt. Der Einkauf bestellt das Ersatzteil und erhält die Info, dass es nicht mehr lieferbar ist.
Das ist der GAU und immer mehr Verantwortliche in der Produktion/Instandhaltung fragen sich, ob und wie man das vermeiden kann.
Das Problem heißt Obsoleszenz und beschränkt sich nicht nur auf Abkündigung von Ersatzteilen. Generell können Änderungen oder Abkündigungen an jeglicher Hardware oder Software zur Obsoleszenz führen, zum Beispiel, wenn ein geändertes Material nicht mehr für den Einsatzzweck geeignet ist.
Obsoleszenz ist unvermeidbar
Obsoleszenz ist eine weltweite Plage für alle, die Anlagen über mehrere Jahre betreiben wollen und auf Ersatzteile oder Softwareupdates angewiesen sind. Obsoleszenz ist unvermeidbar mit vielfältigen Ursachen: wirtschaftliche wie Geschäftsaufgabe, Technologiewandel, gesetzliche Regelungen wie Materialverbote oder Sicherheitsbestimmungen, Wissensverlust oder Krisen jeglicher Art.
Die Fakten basierend auf Tausenden von Fertigungsmaschinen: nach 5–10 Jahren sind mehr als 30 Prozent der Ersatzteile abgekündigt, selbst bei neu gelieferten Anlagen tritt das schon auf. Die Maschinenhersteller sind genauso betroffen und oft nicht mehr in der Lage, Serviceverträge zu erfüllen. Das Thema Software wird immer kritischer, sei es aus Sicherheitsgründen oder Upgradeproblemen.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind gravierend. Die wenigsten Firmen erfassen die Kosten und Schäden, die durch Obsoleszenz entstehen, und buchen dies unter den betrieblichen Kosten als dumm gelaufen.
Wie gehen Sie damit um? Wie reduzieren Sie die Risiken aus nicht verfügbaren Ersatzteilen oder Software-Updates? Kennen Sie Ihre wahren Kosten aus Obsoleszenz?
Das Obsoleszenzrisiko und seine Auswirkungen lassen sich mit den Methoden des Obsoleszenzmanagement signifikant reduzieren.
Was ist das Ziel von Obsoleszenzmanagement?
Als Erstes das Obsoleszenzrisiko zu reduzieren und falls Obsoleszenz doch auftritt, die Auswirkungen zu reduzieren.
Ein Beispiel:
Die Steuerung eines Portalkrans brennt ab. Der Portalkran ist für die Produktion immens wichtig. Ihr Einkauf bestellt sofort Ersatz und mobilisiert den Service.
Aber: der Hersteller wurde aufgekauft. Die Steuerungen für die alten Kräne werden nicht mehr hergestellt. Der Hersteller macht Ihnen daher ein gutes Angebot für den Austausch des Krans.
Was bedeutet das für Sie und Ihr Unternehmen? Wie lange dauert es, bis der neue Kran geliefert, installiert und geprüft ist? Was passiert in der Zeit mit Ihrer Produktion? Wie viele Kosten und Verluste entstehen? Was ist nötig, damit Sie notdürftig weiter produzieren und liefern können? Und dies, wo doch gerade ein Großauftrag ansteht? Wer wird schließlich für das Desaster verantwortlich gemacht?
Mit Obsoleszenzmanagement brennt die Steuerung ebenfalls ab. Nur sind Sie vorbereitet. Sie wissen um die Risiken des Kranes. Vom Verkauf des Herstellers haben Sie erfahren und sich mit den nötigen kritischen Ersatzteilen eingedeckt – wie eben die Steuerung. Ja, das hat Geld gekostet, aber nichts im Vergleich zum Szenario oben, richtig?
Obsoleszenzmanagement geht mit den Risiken um, dass es wichtige Dinge nicht mehr gibt. Es gibt reaktive, proaktive und strategische Ansätze. Es geht um Informationen, die nötig sind, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und es geht um den Business Case: wie viel Obsoleszenz kann ich mir leisten und wie viel investiere ich in die Vermeidung?
Darum geht es in den folgenden Beiträgen.