Franco‑deutsche Hightech im Fokus geopolitischer Rüstungswende

KNDS: Europas neue Rüstungs‑Supermacht

Aus Nexter und KMW entsteht KNDS, führender Rüstungskonzern, der mit vernetzten Systemen wie Leopard 2 A‑RC 3.0 und digitaler Vernetzung die Nachkriegsstrategie Europas mit Hightech definiert.

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KNDS, das Joint Venture von Krauss‑Maffei Wegmann und Nexter, liefert Leopard‑2‑Panzer, PzH 2000‑Haubitzen und Boxer‑Fahrzeuge in alle Welt.
KNDS, das Joint Venture von Krauss‑Maffei Wegmann und Nexter, liefert Leopard‑2‑Panzer, PzH 2000‑Haubitzen und Boxer‑Fahrzeuge in alle Welt.

KNDS: Finanzzahlen & Führung

  • Umsatz 2024: rund 3,8 Mrd. €

  • Auftragsbestand Ende 2024: rund 23,5 Mrd. €

  • Bestelleingang: Rekordniveau durch NATO-Aufträge

  • CEO: Jean-Paul Alary

  • Mitarbeiter: rund 10.000

Von der KMW-Tradition zur KNDS-Technologieoffensive

Die Geschichte von KNDS ist eng mit den großen Namen des europäischen Panzerbaus verknüpft. Krauss-Maffei Wegmann, seit Jahrzehnten Hersteller des Leopard-Kampfpanzers, und Nexter Systems, Produzent des französischen Leclerc, standen lange in einem Wettbewerb, der nicht selten auch politische Dimensionen hatte. Beide Unternehmen waren fest in den nationalen Beschaffungsstrukturen verankert, ihre Produkte galten als technologische Spitzenleistungen, aber auch als Symbole nationaler Souveränität.

Mit der Gründung von KNDS als Dachgesellschaft im Jahr 2015 wurde dieser Wettbewerb in eine Partnerschaft überführt – mit dem Ziel, Kräfte zu bündeln, Entwicklungszyklen zu verkürzen und die europäische Verteidigungsindustrie widerstandsfähiger gegenüber globalen Konkurrenten zu machen. Die Entscheidung fiel nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer veränderten geopolitischen Lage: Bereits vor der russischen Annexion der Krim 2014 und der Eskalation in der Ukraine war klar, dass Europa seine Verteidigungsfähigkeiten modernisieren musste. KNDS sollte zum industriellen Motor dieser Modernisierung werden.

Leo, Puma und Co - Auszug aus dem KNDS-Produktkatalog

Leopard 2: Schwerer Kampfpanzer für Gefechte im Hochintensitätskrieg; zahlreiche Varianten wie Leopard 2A6, 2A7, 2A8 und Konzept Leopard 2 A-RC 3.0. In Kooperation zwischen KNDS und internationalen Partnern, je nach Ausführung u. a. mit Rheinmetall.
Leopard 2: Schwerer Kampfpanzer für Gefechte im Hochintensitätskrieg; zahlreiche Varianten wie Leopard 2A6, 2A7, 2A8 und Konzept Leopard 2 A-RC 3.0. In Kooperation zwischen KNDS und internationalen Partnern, je nach Ausführung u. a. mit Rheinmetall.
Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000): Selbstfahrende 155-mm-Haubitze für präzisen, weitreichenden Artillerieeinsatz; Varianten mit verstärktem Panzerschutz oder für Exportkunden. Gemeinschaftsentwicklung von KNDS und Rheinmetall.
Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000): Selbstfahrende 155-mm-Haubitze für präzisen, weitreichenden Artillerieeinsatz; Varianten mit verstärktem Panzerschutz oder für Exportkunden. Gemeinschaftsentwicklung von KNDS und Rheinmetall.
Neue Triebwerke für den Schützenpanzer Puma
Schützenpanzer Puma: Modularer, stark gepanzerter Schützenpanzer für mechanisierte Infanterie; Varianten mit unterschiedlicher Turmbewaffnung und Schutzstufen. Entwickelt im Joint Venture PSM GmbH von KNDS und Rheinmetall.
Boxer GTK (Gepanzertes Transport-Kraftfahrzeug): 8×8-Radpanzer mit modularen Missionsmodulen für Transport, Sanität, Führungsaufgaben oder Gefechtsunterstützung; Varianten u. a. Boxer CRV und Boxer IFV. Entwickelt von ARTEC GmbH, einem Konsortium aus KNDS und Rheinmetall.
Boxer GTK (Gepanzertes Transport-Kraftfahrzeug): 8×8-Radpanzer mit modularen Missionsmodulen für Transport, Sanität, Führungsaufgaben oder Gefechtsunterstützung; Varianten u. a. Boxer CRV und Boxer IFV. Entwickelt von ARTEC GmbH, einem Konsortium aus KNDS und Rheinmetall.
Fennek: Leichtes Späh- und Aufklärungsfahrzeug für verdeckte Operationen und Zielaufklärung; Varianten u. a. als Joint Fire Support Team (JFST) oder Panzerabwehrversion. In Kooperation zwischen KNDS und dem niederländischen Hersteller DAF/Defenture.
Fennek: Leichtes Späh- und Aufklärungsfahrzeug für verdeckte Operationen und Zielaufklärung; Varianten u. a. als Joint Fire Support Team (JFST) oder Panzerabwehrversion. In Kooperation zwischen KNDS und dem niederländischen Hersteller DAF/Defenture.
Dingo 2: Geschütztes Radfahrzeug für Patrouillen, Truppentransport und Spezialaufgaben in Krisengebieten; Varianten als Sanitäts-, ABC- oder Pionierfahrzeug. Entwickelt und gefertigt KNDS Deutschland, oft in Kooperation mit Zulieferern für Spezialmodule.
Dingo 2: Geschütztes Radfahrzeug für Patrouillen, Truppentransport und Spezialaufgaben in Krisengebieten; Varianten als Sanitäts-, ABC- oder Pionierfahrzeug. Entwickelt und gefertigt KNDS Deutschland, oft in Kooperation mit Zulieferern für Spezialmodule.
Radhaubitze 155 (CAESAR Mk II): 155-mm-Radhaubitze für schnellen Artillerieeinsatz mit hoher Mobilität und Reichweite; Varianten auf 6×6- oder 8×8-Fahrgestellen. Entwickelt von KNDS Frankreich in Kooperation mit verschiedenen Fahrgestellherstellern.
Radhaubitze 155 (CAESAR Mk II): 155-mm-Radhaubitze für schnellen Artillerieeinsatz mit hoher Mobilität und Reichweite; Varianten auf 6×6- oder 8×8-Fahrgestellen. Entwickelt von KNDS Frankreich in Kooperation mit verschiedenen Fahrgestellherstellern.

Innovation im Zentrum – Hightech als KNDS-Markenzeichen

KNDS hat sich in den vergangenen Jahren als Vorreiter für technologische Sprünge im Landkampf positioniert. Das Unternehmen arbeitet nicht nur an der Weiterentwicklung bewährter Systeme, sondern auch an völlig neuen Konzepten. Ein prominentes Beispiel ist der Leopard 2 A-RC 3.0, ein technologischer Demonstrator, der 2024 erstmals vorgestellt wurde. Sein unbemannter Turm, ein automatisches Ladesystem und vollständig digitalisierte Sensorik markieren einen Bruch mit der klassischen Kampfpanzerarchitektur. Die Idee: Mehr Schutz für die Besatzung, kürzere Reaktionszeiten und die Möglichkeit, das Fahrzeug nahtlos in vernetzte Gefechtsführungsstrukturen einzubinden.

Diese Entwicklungen sind kein Selbstzweck. Sie dienen der Vorbereitung auf das Main Ground Combat System (MGCS), ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, das den Leopard 2 und den Leclerc ab etwa 2040 ablösen soll. KNDS ist hier in einer Schlüsselrolle – sowohl technisch als auch organisatorisch. Gemeinsam mit Partnern wie Rheinmetall, Thales und Safran werden Kernmodule entwickelt, die künftig in unterschiedlichen nationalen Konfigurationen zum Einsatz kommen können. Dieses modulare Konzept soll nicht nur die Leistungsfähigkeit steigern, sondern auch die Beschaffungskosten für die beteiligten Nationen senken.

Wie ist KNDS strukturiert?

Im Zuge der europäischen Konsolidierung der Rüstungsindustrie wurde KNDS als Holding gegründet und gliedert sich heute klar in die beiden operativen Säulen KNDS Deutschland und KNDS Frankreich.

KNDS Deutschland mit Sitz in München-Allach entstand durch die Umfirmierung von Krauss-Maffei Wegmann und verantwortet insbesondere die deutschen Standorte sowie Schlüsselprojekte wie die Entwicklung und Produktion des Leopard-Kampfpanzers. KNDS Frankreich mit Hauptsitz in Versailles, vormals Nexter Systems, bündelt die französischen Aktivitäten und ist unter anderem für die Fertigung des Leclerc sowie der Artilleriesysteme CAESAR und den Bereich Munition bekannt.

Beide Unternehmensteile agieren nach wie vor mit hoher Eigenständigkeit, sind aber über die niederländische Holding KNDS N.V. in Amsterdam organisatorisch und strategisch eng miteinander verzahnt. Die Leitung von KNDS Deutschland liegt aktuell bei Ralf Ketzel, während KNDS Frankreich von Nicolas Chamussy geführt wird. Übergeordnet verantwortet CEO Jean-Paul Alary seit April 2025 die gesamte Gruppe und sorgt für die Integration und Weiterentwicklung der länderübergreifenden Unternehmensstrategie.

Standorte von KNDS

  • Frankreich: Versailles (HQ Nexter), Roanne, Bourges

  • Deutschland: München (HQ KMW), Kassel

  • Weitere: Belgien, Niederlande, Italien, UK, Australien

Kampfpanzer, Haubitzen und Co. - Produktvielfalt mit Tiefgang

Das Portfolio von KNDS spiegelt die gesamte Bandbreite moderner Gefechtsfahrzeuge wider. Vom schweren Kampfpanzer Leopard 2 in seinen zahlreichen Varianten über die Panzerhaubitze 2000, eine der leistungsfähigsten Artilleriesysteme der Welt, bis hin zu modularen Radfahrzeugen wie dem Boxer reicht das Spektrum.

Jedes dieser Systeme hat seine eigene Erfolgsgeschichte. Die Panzerhaubitze 2000, eine Gemeinschaftsentwicklung von Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall, hat sich in Afghanistan, Mali und der Ukraine als präzises und zuverlässiges Artillerieinstrument bewährt. Der Boxer, entwickelt im Konsortium ARTEC, vereint hohe Schutzstandards mit modularen Missionskits, die einen schnellen Rollenwechsel vom Sanitätsfahrzeug zum Führungs- oder Gefechtsunterstützungsfahrzeug ermöglichen.

Auch leichtere Systeme wie der Fennek, ein gemeinsam mit niederländischen Partnern entwickeltes Spähfahrzeug, oder der Dingo 2, ein geschütztes Mehrzweckfahrzeug für Patrouillen und Spezialaufgaben, zeigen, dass KNDS nicht allein auf schwere Plattformen setzt. Mit der Radhaubitze CAESAR Mk II bietet der Konzern zudem eine hochmobile Artillerielösung an, die weltweit Abnehmer findet.

Strategische Großaufträge als Wachstumstreiber für KNDS

Die Auftragslage der letzten zwei Jahre zeigt, wie stark KNDS von der aktuellen sicherheitspolitischen Lage profitiert. Schweden hat 44 Leopard 2 A8 bestellt und plant die Modernisierung von 110 weiteren Fahrzeugen. Litauen rüstet eine komplette Brigade mit 105 Leopard 2 A8 aus, während die Niederlande 46 dieser Panzer für die Wiederbelebung eines Panzerbataillons ordern.

Frankreich hat im Rahmen des SCORPION-Programms 109 CAESAR Mk II bestellt, und die Bundeswehr hat KNDS gemeinsam mit Rheinmetall den Auftrag erteilt, rund 10.000 Fahrzeuge mit digitalen Funkgeräten auszurüsten. Hinzu kommen 54 RCH 155 Haubitzen für die Ukraine, deren Auslieferung in drei Tranchen bis Ende 2025 erfolgen soll. Solche Projekte sichern nicht nur den Umsatz, sondern verschaffen dem Konzern auch erhebliche mediale Aufmerksamkeit.

Besonderheiten und Ausblick

Was KNDS besonders macht, ist die Kombination aus industrieller Breite, technologischer Tiefe und politischer Verankerung. Der Konzern ist nicht nur ein Hersteller, sondern ein strategischer Akteur in der europäischen Sicherheitsarchitektur. Seine Produkte sind darauf ausgelegt, in vernetzten Systemen zu agieren, ihre modulare Bauweise erlaubt Anpassungen an unterschiedliche Einsatzprofile und nationale Anforderungen.

Für die kommenden Jahre steht fest: Die Entwicklung des MGCS wird die Agenda dominieren. Parallel dazu wird KNDS bestehende Plattformen modernisieren und die Digitalisierung des Gefechtsfeldes vorantreiben – mit dem Ziel, die Rolle Europas als Technologiegeber im Landkampf zu sichern.

Quellen: knds.com, hartpunkt.de, esut.de, defence-industry.eu, breakingdefense.com, handelsblatt.de, suv.report

FAQ zu KNDS

Was ist KNDS?
Ein 2015 gegründeter Rüstungskonzern aus Nexter (Frankreich) und KMW (Deutschland).

Wer ist CEO?
Jean-Paul Alary (seit April 2025).

Wo hat KNDS Standorte?
Hauptsitze in München und Versailles, Werke u. a. in Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande (rechtlicher Sitz ist Amsterdam).

Was ist MGCS?
Ein europäisches Panzer-Entwicklungsprogramm zur Ablösung von Leopard 2 und Leclerc.

Welche Märkte beliefert KNDS?
Vor allem NATO- und EU-Staaten, aber auch internationale Partner.