Das Wochenendbier der "Produktion" - in diesem Webcast-Format sprechen die Chefredakteure Claus Wilk und Stefan Weinzierl meinungsstark und unabhängig über die Themen aus Maschinenbau und Industrie, die in der laufenden Woche in der Redaktion hochploppen, recherchiert werden und die Branche beschäftigen. In dieser Ausgabe mit einem expertisenstarken Kollegen: Peter Koller, Chefredakteur der IEE und der Automation NEXT. Er war Moderator beim Maschinenbau-Gipfel-Salon zum Thema Resiliente Lieferketten und hat viel zu erzählen.

Beim jüngsten Maschinenbaugipfelsalon von Phoenix Contact in Blomberg lag der Fokus auf einem hochaktuellen Thema: Lieferketten im Maschinenbau und wie diese widerstandsfähiger gestaltet werden können. Peter Koller, Chefredakteur der "IEE" und der "Automation Next", moderierte die Veranstaltung und berichtete im Webcast „Wochenend-Bier“ gemeinsam mit den Gastgebern Stefan Weinzierl und Claus Wilk über die wichtigsten Erkenntnisse.

Lieferketten unter Druck: „Es ist kompliziert“

Peter bringt es direkt auf den Punkt: „Mehr als ein Drittel der deutschen Industrieunternehmen erwartet in den nächsten zwei bis drei Jahren massive Probleme in Sachen Lieferketten.“ Dies sei ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr, als noch weniger als ein Viertel der Unternehmen von größeren Engpässen ausging. Besonders im Maschinenbau und in der Automatisierung sei das Thema von enormer Bedeutung, da Störungen in den globalen Lieferketten gravierende Auswirkungen auf die Produktionsprozesse haben können.

Peter macht klar, dass es keine einfache Lösung gibt. Stattdessen müssten Unternehmen auf einen „Baukasten“ an Maßnahmen zurückgreifen, um ihre Lieferketten widerstandsfähiger zu machen. „Ihr fragt euch sicher, was da alles drin ist in diesem Baukasten?“ leitet er scherzhaft über, um die verschiedenen Ansätze zu erläutern.

Mehr Lieferanten, regionale Sourcing-Strategien und Fertigungstiefe

Eine der wichtigsten Strategien zur Risikominimierung sei die Diversifizierung der Lieferanten. Unternehmen sollten die Anzahl der Zulieferer, insbesondere bei kritischen Bauteilen, erhöhen. „Gerade bei Schlüsselkomponenten muss man sich absichern, um im Krisenfall schneller umschwenken zu können“, erklärt Peter. Ergänzend dazu sei es sinnvoll, regionale Sourcing-Strategien zu entwickeln: „Für Europa sollten Unternehmen verstärkt in Europa und den USA einkaufen, für Asien entsprechend in Asien“, schlägt er vor. Das Ziel ist, Abhängigkeiten von globalen Lieferketten zu reduzieren und flexibler auf Störungen reagieren zu können.

Ein weiterer zentraler Ansatz ist die Erhöhung der Fertigungstiefe. Anhand eines Beispiels von Phoenix Contact erläutert Peter, wie das Unternehmen diese Strategie umsetzt: „Phoenix Contact produziert einen Großteil seiner Schrauben selbst, was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch erscheint – schließlich könnte man Schrauben überall günstiger einkaufen.“ Doch die Gründe liegen auf der Hand: „Die Reihenklemmen, eines der Hauptprodukte von Phoenix Contact, werden immer kleiner und schmaler, da passen keine Standardschrauben mehr rein“, erklärt Peter. Um nicht von externen Zulieferern abhängig zu sein, hat das Unternehmen entschieden, diese speziellen Schrauben in einem hochautomatisierten Prozess selbst zu fertigen.

Rolle des VDMA: Unterstützung durch Vernetzung und Frühwarnsysteme

Auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), der ebenfalls beim Maschinenbaugipfel-Salon mit auf dem Podium saß, spielt eine wichtige Rolle bei der Absicherung der Lieferketten. Peter betont: „Der VDMA kann als Verband wertvolle Hilfestellung geben, besonders wenn es um den Einstieg in dieses komplexe Thema geht.“ Der Verband sei stark vernetzt, sowohl innerhalb der Branche als auch auf politischer Ebene, und könne somit als Frühwarnsystem dienen. „Der VDMA hilft dabei, Trends zu erkennen und politische Rahmenbedingungen im Auge zu behalten, die für die Branche relevant werden könnten“, so Peter.

Besonders das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz stelle für viele Unternehmen eine zusätzliche Belastung dar. „Phoenix Contact beschäftigt allein elf Personen nur damit, die Anforderungen dieses Gesetzes zu erfüllen“, berichtet Peter. „Und das ist nur eines von vielen Regularien, mit denen sich Maschinenbauer auseinandersetzen müssen.“ Damit wird deutlich, dass Unternehmen neben den wirtschaftlichen auch immer mehr rechtliche Anforderungen zu bewältigen haben, was den Druck auf die Lieferketten zusätzlich erhöht.

Automatisierung, Diversifizierung und Simulation als Schlüssel

Die Sicherung stabiler Lieferketten im Maschinenbau bleibt eine vielschichtige Herausforderung. Der Einsatz moderner Technologien wie Automatisierung, die Diversifizierung von Lieferanten und regionale Sourcing-Strategien sind wesentliche Schritte, um sich gegen zukünftige Krisen zu wappnen. Außerdem bieten innovative Ansätze wie die Simulation von Lieferkettenproblemen durch Unternehmen wie Soley wertvolle Werkzeuge, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und Strategien zur Risikominderung zu entwickeln.

In einer Welt, die zunehmend von Polykrisen geprägt ist, müssen Maschinenbauer flexibel und widerstandsfähig agieren, um ihre Lieferketten gegen externe Störungen abzusichern. Der Maschinenbaugipfelsalon verdeutlicht: Die Branche steht vor einer langfristigen Herausforderung, für die es keine einfachen Lösungen gibt. Doch durch proaktives Handeln und den Einsatz modernster Technologien können Unternehmen ihre Lieferketten resilienter gestalten und so die Zukunft besser meistern.

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