"Produktion"-Serie Engineering Excellence
Ingenieure haben die industrielle Revolution angezettelt. Mit unternehmerischem Spürsinn und Weitblick wurde in unserem Land daraus das erfolgreichste Geschäftsmodell der Wirtschaftsgeschichte. Innovative Ideen umsetzen und Kunden mit Qualität begeistern – das steckt auch hinter dem Siegel „Made in Germany“. Im Jahr 2022 exportierte der deutsche Maschinenbau Erzeugnisse im Wert vom 192 Milliarden Euro. Wir stellen in unserer Serie "Engineering Excellence" die wichtigsten Akteure vor.
Von Bayern in die Welt
Am 21. Mai 1926 ließ der Ingenieur Dr. Ernst Grob die Firma Ernst Grob Werkzeug- und Maschinenfabrik in das Gewerberegister eintragen. 98 Jahre später ist aus dem Betrieb, einst mit Sitz in der Hofmannstraße im Münchener Stadtteil Sendling, ein global operierender Konzern mit 8.800 Mitarbeitern und einer Jahresleistung von fast zwei Milliarden Euro geworden. Von der ersten Gewinderollmaschine bis hin zu einem Universalmaschinen-Portfolio der G-Reihe markieren mehrere Technologiesprünge die Geschichte des Unternehmens, dessen Produkte bald auch international gefragt sind. Nach dem Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Werks in München entstand im Jahr 1956 in São Paulo (Brasilien) das erste ausländische Werk. Dies geschah bereits unter der Leitung von Burkhart Grob (* 26. März 1926; † 20. Mai 2016), Sohn des Gründers, der 1952 die Geschäftsführung übernommen hatte und dessen Sohn Christian Grob seit 2016 in dritter Generation dem Unternehmen als Aufsichtsratsvorsitzender vorsteht. Im Jahr 1968 wurde das Stammwerk in Mindelheim mit Fokus auf die Herstellung von Transferstraßen errichtet. Heute ist GROB mit Produktionswerken in Mindelheim (Deutschland), Bluffton, Ohio (USA), São Paulo (Brasilien), Dalian (China), Pianezza (Italien) und Bangalore (Indien) sowie 15 Service- und Vertriebsniederlassungen an 20 Standorten weltweit vertreten.
Produktionstechnik 4.0
Das Grob-Portfolio deckt die gesamte Bandbreite moderner, hochkomplexer Produktionstechnik ab: mit manuellen Montagestationen und voll automatisierten Montagelinien für die Automobilindustrie, 5-Achs-Universalmaschinen, unter anderem für Automobilzulieferer, die Medizintechnik, den allgemeinen Maschinenbau und die Luftfahrtindustrie. Zudem bietet Grob Lösungen für die Zerspanung von Turbinengehäusen und die Bearbeitung von Struktur- und Fahrwerksbauteilen. Mit „GROB-NET4Industry“ lassen sich Produktionsprozesse digital und transparent darstellen, analysieren und optimieren. Die große Fertigungstiefe von rund 80 Prozent, die eine kosteneffiziente Produktion und schnelle Reaktionszeiten im Servicefall ermöglicht, sieht das Unternehmen als wichtiges Herausstellungsmerkmal im Wettbewerbsumfeld.
Produktionsanlagen speziell für Elektromotoren und Montageanlagen für die Batterie- und Brennstoffzellentechnologie bilden seit 2017 einen weiteren wichtigen Schwerpunkt. Den Einstieg in diesen Markt vollzog Grob im Jahr 2017 mit dem Kauf des italienischen Maschinen- und Anlagenbauers für Elektromotoren DMG meccanica in Pianezza bei Turin. Seit 2021 besteht zudem eine strategische Kooperation mit der Manz AG im Bereich Lithium-Ionen-Batteriesysteme, an der sich seit 2022 auch die Dürr AG beteiligt. Somit ist Grob in der Lage, den gesamten Produktionsprozess von Lithium-Ionen-Batteriezellen und -modulen anzubieten.
Steckbrief Grob-Werke GmbH & Co. KG:
- Mitarbeiter: 8.800 (am Standort Mindelheim 5.800)
- Umsatz: 1,8 Milliarden Euro
- Auftragseingang (Ende April 2024): 2,0 Milliarden Euro
- Stammsitz: Mindelheim (Unterallgäu)
- Eigentümer: Familie Grob
- Vorsitzender der Geschäftsführung: German Wankmiller
(Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2023/24)
Innovative Forschung
„Wir möchten branchenübergreifende Lösungen anbieten, die speziell auf die jeweiligen Anforderungen der Märkte abgestimmt sind. Aus diesem Grund entwickeln wir unser Produktportfolio stetig weiter, um unseren Kunden zu jeder Zeit die passende Lösung bieten zu können“, sagt Tobias Trautmann, Bereichsleiter Universalmaschinen bei Grob.
Aktuelle, auf der letzten EMO vorgestellte Highlights sind automatisierte 5-Achs-Universalbearbeitungszentren mit flexibel anpassbaren Roboterzellen. Das innovative Zuführsystem mit Schubladen lässt nicht nur eine längere mannlose Produktion zu; es ist auch eine Beladung parallel zur Hauptzeit möglich. Ein neues, fahrerloses Transportsystem ermöglicht eine effiziente und intelligente Materialbewegung. Mittels Sensortechnologie navigiert es autonom durch Produktionshallen.
GROB war Gründungsmitglied der Initiative „Konnektivität für Industrie 4.0 an Werkzeugmaschinen“, die inzwischen unter dem Namen UMATI (universal machine tool interface) prozessfähige Lösungen anbietet. Seit Anfang 2024 unterstützt GROB das Projekt „HyFaB“. In diesem forschen das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und das Fraunhofer-Institut ISE an automatisierten Fertigungs- und Qualitätssicherungsverfahren für Brennstoffzellentanks. Ziel: eine Anlage zur Großserienfertigung.
„Unser Ziel ist es, bis spätestens 2035 klimaneutral zu sein. Aktuell arbeiten wir an der Festlegung von Maßnahmen und Meilensteinen, um vor allem im Bereich Scope 1 und 2 kurz- und mittelfristige CO₂-Reduktionen zu erreichen.“
ESG – vom Programm zur Realität
Environmental, Social and Corporate Governance: Neben dem Stammsitz in Mindelheim sind derzeit drei weitere Produktionsstandorte und damit vier von insgesamt sechs nach der internationalen Umweltmanagementnorm DIN EN ISO 14001 zertifiziert. Dies sind die Standorte Bluffton (USA), São Paulo (Brasilien), Dalian (China). Beispielsweise werden Hallendächer mit Photovoltaik-Modulen ausgestattet. In Mindelheim ging eine auf Wärmepumpen und Biomasse basierende Energiezentrale in Planung. „Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern, faire und attraktive Arbeitsbedingungen“, lautet ein Leitsatz.
Es gelte, den Werten von Gleichheit, Würde und Respekt zu entsprechen; mit einer gerechten Entlohnung, Arbeitszeitregelungen, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung. Daraus resultierten vielfältige Karrierewege. Weltweit absolvieren zurzeit 457 junge Menschen eine Ausbildung in einem GROB-Werk. Nach internationalen Standards wurde das Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsystem OHRIS (Occupational Health and Risk Management) eingeführt. Um Beruf und Familie gut miteinander zu vereinbaren, entstand in Kooperation mit dem Landratsamt Unterallgäu und den Unterallgäuer Kreiskliniken die Betriebskinderkrippe „Mindelzwerge“. Auch überbetrieblich engagiert sich Grob in zahlreichen Projekten und Initiativen. Bereits seit 2015 gibt es in Mindelheim die Burkhart-Grob-Schule Technikerschule.
Diversifikation und Weitblick auf Zukunftsmärkte
Zwar ist der Geschäftsbereich Elektromobilität einer der wichtigsten Absatzmärkte. Zur Strategie von Grob gehört es allerdings, breit aufgestellt zu sein, um Schwankungen in den verschiedenen Märkten effektiv ausgleichen zu können. Deshalb sei und bleibe der Universalmaschinenbereich ein wichtiges Standbein, betont das Unternehmen. Diversifizierung schaffe die nötige Flexibilität, um auf sich wandelnde Anforderungen schnell reagieren zu können.
Grob hat in den letzten Monaten seine Anwendungszentren erweitert und neue Showrooms in Mexiko, Thailand, Korea und Großbritannien eröffnet. Potenzielle Kunden sollen die Technologien und Innovationen hautnah erleben und eine individuelle Beratung in Anspruch nehmen können.
Im Mai 2024 hat Grob zudem ein weiteres Werk im südindischen Bangalore eröffnet. Im indischen Markt, insbesondere für den Bereich der Universalmaschinen, wird großes Potenzial gesehen. In China baute Grob ein zweites Produktionswerk neben dem bereits bestehenden.
Mit der 1971 gegründeten Grob Luft- und Raumfahrt GmbH & Co. KG hat das Unternehmen ein weiteres Stück Industriegeschichte geschrieben. Bis 2006 bestanden die Grob-Werke aus zwei voneinander unabhängigen Unternehmensbereichen, dem Werkzeugmaschinenbau und der Luft- und Raumfahrt. Letzterer wurde verkauft und firmiert heute als Grob Aircraft AG.