Der Maschinenbau sucht nach Alternativen zum Geschäft mit China. Die Branche machte in der Vergangenheit gute Geschäfte mit China. Doch die Verwerfungen der letzten Zeit lassen Zweifel aufkommen - und den Blick verstärkt über den Atlantik schweifen.
China ist für den Maschinenbau als Produktions- und Beschaffungsmarkt extrem wichtig - und dennoch ist die Branche auf der Suche nach Alternativen.(Bild: Maksym Yemelyanov - stock.adobe.com)
Für die Maschinenbauer im Südwesten ist China weiter sehr wichtig - die Branche blickt aber mit Sorge auf die dortigen Entwicklungen und versucht, neue Märkte zu finden. Die Ziele der chinesischen Führung, Taiwan bis 2027 zu integrieren, müsse man sehr ernst nehmen, sagte der Vorsitzende des Maschinenbauverbands VDMA in Baden-Württemberg, Mathias Kammüller, der Deutschen Presse-Agentur. "Das wäre der Worst Case, wenn es so käme." Kurzfristig gehe er aber nicht davon aus, dass sich die Beziehungen erheblich verschlechtern.
China ist für die Maschinenbauer in Baden-Württemberg, die sich am Mittwoch zu einer Mitgliederversammlung mit Gästen aus der Politik in Fellbach treffen, das zweitwichtigste Exportland nach den USA. Vor allem High-Tech-Maschinen seien in China nach wie vor stark gefragt, so Kammüller, der Gesellschafter und Vorstand beim Laserspezialisten Trumpf ist. Im mittleren Segment hingegen seien die Chinesen schon sehr viel wettbewerbsfähiger. "Da tun sich viele schwer."
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(Bild: Trumpf)
"Wenn die Entwicklung der letzten anderthalb Jahre so weitergeht und die Handelsbeschränkungen noch stärker werden, dann wird es für unser Geschäft schwierig." - Mathias Kammüller, VDMA-Vorsitzender Baden-Württemberg und CDO Trumpf
Viele Firmen aus Baden-Württemberg produzierten auch in der Volksrepublik für den dortigen Markt. "Das ist ein gutes Geschäft." Dazu komme, dass China ein wichtiger Beschaffungsmarkt sei. Bei einigen Teilen - wie etwa optischen Komponenten - gebe es kaum Alternativlieferanten. "Wenn die Entwicklung der letzten anderthalb Jahre so weitergeht und die Handelsbeschränkungen noch stärker werden, dann wird es für unser Geschäft schwierig", so Kammüller.
Hoffnungen setzen die Maschinenbauer aus Baden-Württemberg in die USA: Im ersten Halbjahr 2022 wuchs das Exportvolumen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ein Fünftel. Auch das restliche Asien sei ein guter Wachstumsmarkt, Südamerika habe sich ebenfalls gut entwickelt.
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(Bild: Destina - stock.adobe.com)
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Die Diskussionen um chinesische Investitionen in Deutschland der letzten Wochen hat der VDMA im Südwesten ebenfalls verfolgt. Der Fall des Betonpumpenbauers Putzmeister, der 2012 von einem chinesischen Investor übernommen worden war, habe aber gezeigt, dass es dadurch erstmal keine Verschlechterung gegeben habe. "Im Gegenteil, es haben sich neue Absatzmärkte entwickelt", sagte Kammüller.
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Auf der anderen Seite sei es aber für deutsche Firmen nach wie vor sehr schwer, chinesische Hersteller zu übernehmen. Mit Trumpf hätten sie für so ein Unterfangen drei Jahre gebraucht - und seien erst nach Intervention der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Zug gekommen, erzählte Kammüller. Die EU und die Bundesregierung seien aber zuletzt deutlich aufgewacht und begleiteten Verfahren viel kritischer als zuvor, sagte VDMA-Geschäftsführer Dietrich Birk.
Generell blicken die Maschinenbauer im Südwesten vergleichsweise optimistisch in die kommende Zeit, spüren jedoch auch die Belastungen Derzeit helfe der große Auftragsbestand, es zeichne sich aber eine leichte Delle bei den Auftragseingängen ab. Beim Umsatz erwartet die Branche für kommendes Jahr immer noch ein leichtes Wachstum.
Bildstrecke: Die größten Hürden für deutsche Firmen in China
Das sind die Hürden für deutsche Unternehmen in China. Beschränkung: „Ausländische Unternehmen sind in China von vielen Dingen ausgeschlossen – sei es bei Finanzierungen, der Forschungsförderung oder bei öffentlichen Ausschreibungen“, sagte der VDMA-Außenwirtschaftsexperte Ulrich Ackermann gegenüber Produktion. „Ausländische Firmen werden in China teilweise wie Unternehmen ‚zweiter Klasse‘ behandelt.“ In Deutschland gebe es keinen Unterschied, ob das Kapital aus dem Ausland kommt oder nicht, auf dem chinesischen Markt schon. Es werde mit zweierlei Maß gemessen: „Für Europäer und Deutsche ist es durchaus schwierig, in China als ausländisches Unternehmen im Markt aktiv zu sein“, so der Außenwirtschaftsexperte. „Und die Möglichkeit, in chinesische Hightech-Unternehmen zu investieren oder diese gar zu übernehmen, sei für Ausländer sehr, sehr schwierig.“ -(Bild: VDMA)
Ungleichbehandlung: „Eine Ungleichbehandlung ist auf jeden Fall gelebte Praxis“, erklärte Ackermann. „Das berichten uns die in China aktiven Firmen.“ So ist zum Beispiel die Übernahme einer chinesischen Firma Sache der Behörden. Wie gehen diese damit um, wenn es einen Antrag für eine Übernahme gibt? „Es ist natürlich nicht gesetzlich geregelt, dass Ausländer keine chinesischen Firmen übernehmen dürfen, sondern es ist einfach schwierig in der Praxis“, so der Außenwirtschaftsexperte. Man mache es ausländischen Unternehmen äußerst schwer bis fast unmöglich, chinesische Firmen zu erwerben.„Ziel muss deshalb ein Investitionsabkommen zwischen der EU in China sein“, ergänzte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann (im Bild). Derartige Verhandlungen laufen bereits, sind aber nicht abgeschlossen. -(Bild: VDMA)
Cyber-Security-Gesetz: Im Juni 2017 ist in China ein neues Cyber-Security-Gesetz in Kraft getreten. Demnach sollen in Zukunft alle Daten, die für den chinesischen Markt benötigt werden, in China gehostet werden. Auch soll der Datentransfer zwischen China und dem Ausland nur noch mit von China zertifizierter Software möglich sein. „Das ist nicht weltweit gelebte Praxis, es ist ein chinesischer Sonderweg“, erläuterte Ackermann. Bisher sind die meisten, gerade sensiblen Daten der ausländischen Firmen im Ausland gehostet, der Datenaustausch findet beispielsweise über VPN-Verbindungen statt. Das soll ab Februar verboten sein, was zu Unsicherheit bei den Firmen führt. Momentan diskutiert die Europäische Handelskammer in China mit der chinesischen Regierung in Peking, was sie daran stört. -(Bild: Fotolia, newrossoh)
Das sind die Hürden für außereuropäische Firmen in Europa. Übernahmeprüfung: Die Außenwirtschaftsverordnung regelt die Prüfung von Firmenübernahmen in Deutschland. Sie wurde im Juli 2017 im Nachgang zu der Diskussion über die Übernahme von Kuka durch das chinesische Unternehmen Midea ergänzt. Die Änderungen zielen insbesondere auf die ‚kritische Infrastruktur‘: In Zukunft sollen jedoch nicht nur die Firmen, die eine kritische Infrastruktur betreiben, wie Kraftwerksbetreiber, Wasser-Ver- und -Entsorger und Lebensmittelerzeuger, sondern auch die Hersteller von Software für diese Bereiche zum Kreis der zu prüfenden Unternehmen gehören. Davon sind auch Firmen aus der Maschinenbau-Branche betroffen. Ein zweiter Bereich dieses Prüfverfahrens sind speziell auf militärische Zwecke ausgerichtete Technik und Krypto-Technologien. Dort sind auch einige Randbereiche des Maschinenbaus aufgenommen worden. -(Bild: Kuka)
EU-Vorschlag: Die Europäer wollen bei der Prüfung von Auslandsinvestitionen noch einen Schritt weitergehen. Deutschland, Frankreich und Italien wandten sich an die EU-Kommission mit der Forderung, Übernahmen von europäischen Unternehmen aus Drittländern außerhalb der EU besser überprüfen zu können. Dem Entwurf zufolge ist einmal die kritische Infrastruktur wie in Deutschland betroffen, aber auch kritische Technologien wie Robotertechnik, Künstliche Intelligenz und der gesamte Dual-Use-Güterbereich. Damit ist ein weiterer Maschinenbaubereich im Fokus. Aus Sicht des VDMA ist der EU-Vorschlag problematisch, da er bei ausländischen Investoren Verunsicherung erzeuge, die Prüfverfahren verlängere und teurer mache. Es gibt bereits eine europäische Exportkontrolle. -(Bild: Fotolia, bluedesign)
Blockade: Die chinesische Fujian Grand Chip Investment Fund (FCG) wollte 2016 den deutschen Halbleiteranlagenhersteller Aixtron übernehmen. Zunächst sicherte sich FCG nach Ablauf einer zweiten Übernahmefrist 78% der Aixtron-Aktien. Dann meldete US-Präsident Barack Obama Sicherheitsbedenken an; Aixtron hatte auch US-Aktivitäten. Infolgedessen widerrief auch das Bundeswirtschaftsministerium seine Unbedenklichkeitsbescheinigung. Schließlich zog auch FCG sein Übernahmeangebot zurück, weil eine Angebotsbedingung erloschen sei. „Weitere Fälle bekommt die Öffentlichkeit nicht mit“, sagte der Abteilungsleiter Außenwirtschaft des VDMA, Ulrich Ackermann, gegenüber Produktion. Die Bundesregierung könne jederzeit auf die zu übernehmenden Firmen zugehen und Daten anfordern. -(Bild: Aixtron)