Die Pläne für eine verbindliche Frauenquote in Vorständen treffen fast ein Drittel der 100 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland. 29 dieser Firmen haben mehr als drei Mitglieder im Vorstand, aber keinen Posten mit einer Frau besetzt, heißt es in einer Analyse der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG). Entsprechend würden mit dem Gesetzesvorschlag der Bundesregierung 29 Frauen nach gegenwärtiger Lage in die Vorstände einziehen. „Um mit den männlichen Kollegen gleichzuziehen, müssten es aber 175 sein. Die Veränderung ist eher marginal“, sagte Nicole Voigt, Partnerin bei der BCG.
Die große Koalition hat sich grundsätzlich auf eine verbindliche Frauenquote für Vorstände geeinigt. Demnach muss in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern spätestens ab einer Neubesetzung ein Mitglied eine Frau sein. Das zielt auf Konzerne, etwa aus dem Dax, die große Führungsgremien haben. Noch ist aber kein Gesetz beschlossen.
Längst nicht für alle großen Unternehmen bringt die geplante Frauenquote Veränderungen, zeigt die BCG-Studie, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. 27 Firmen der Top 100 nach Börsenwert, also ein knappes Drittel, könnten demnach weiter einen rein männlichen Vorstand führen, da diese weniger als drei Mitglieder haben. In 44 Konzernen sitzt hingegen schon mindestens eine Frau im Vorstand.
Freiwillige Selbstvorgaben hatten kaum Folgen
Die Frauenquote hebe den Anteil an weiblichen Vorständen bei den Top 100 Unternehmen um sechs Prozentpunkte auf 16 Prozent, wenn die Pläne der Bundesregierung bis 2022 von allen betroffenen Unternehmen umgesetzt werden und der Zuschnitt ihrer Vorstände gleich bleibe. Damit würde Deutschland im EU-Vergleich beim Frauenanteil in Vorständen ins Mittelfeld aufsteigen. „Wir wären in zwei Jahren dort, wo Spanien und Portugal heute sind. Die Quote ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte BCG-Expertin Voigt. Denkbar ist aber auch, dass Unternehmen ihre Vorstände um neue Posten mit Frauen erweitern.
Auf die Pläne für eine verbindliche Frauenquote hatten sich SPD und Union nach langem Ringen geeinigt. Freiwillige Selbstvorgaben von Unternehmen hatten laut einem Gutachten im Auftrag der Bundesregierung kaum Folgen für den Frauenanteil in Vorständen.
Genügend potenzielle Kandidatinnen für Vorstandsposten gebe es entgegen mancher Kritik, stellt die BCG fest. Bei den 100 größten börsennotierten Unternehmen liege der Frauenanteil auf der ersten und zweiten Ebene unter dem Vorstand im Schnitt bei 22 Prozent, so die Studie. Besonders hoch sei der Anteil mit 31 Prozent in der Pharma- und Medizinbranche, gefolgt von Finanzdienstleistern (25 Prozent). Die wenigsten Kandidatinnen gibt es demnach in den klassischen Männerdomänen der IT Branche (14 Prozent) und im Maschinenbau (elf Prozent).
„Die Quote allein bringt uns nicht weiter, wir brauchen ein ganzes Bündel von unterstützenden Maßnahmen“, meint BCG-Partner Marcus van der Vegte. „Wenn Unternehmen beispielsweise den Frauenanteil nicht nur für den Vorstand, sondern auch für die erste und zweite Ebene darunter veröffentlichen müssen, erhöht sich die Transparenz“.