Neues Elektroauto von Nio in einem Ausstellungsraum

Chinesische Elektrofahrzeuge werden bald auch hierzulande immer mehr zum Straßenbild gehören. So plant Nio seinen Einstieg in den deutschen Markt noch in diesem Jahr. (Bild: Roland - stock.adobe.com)

Über die Hälfte aller weltweit abgesetzten Elektrofahrzeuge werden in China verkauft. So wurde das Land durch eine konsequente Förderung der Zukunftstechnologien Technologieführer. Zudem setzen sich die chinesische Marken durch funktionierende elektronische Vernetzung und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis durch. Europäische Marken fallen auf dem weltweit größten Automarkt zurück, nutzen jedoch verstärkt ihre Chinaerfahrungen für das internationale Geschäft.

Mittlerweile fahren Elektroautos 'Made in China' bereits zu Tausenden auf Europas Straßen. Diese stammen meist aus dem Shanghai-Werk von Tesla, in dem der Qualitätsstandard höher als im US-Stammwerk ist. Doch 2022 dürfte das Jahr sein, in dem chinesische Marken ansetzten, den deutschen Markt zu gewinnen.

Exporte nach Europa

Im vergangenen Jahr exportierte China über eine halbe Million Elektrofahrzeuge, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Etwa ein Drittel der chinesischen Exporte nach Europa waren jedoch europäische Marken in chinesischem Besitz wie Volvo Cars und MG Motor, während nur zwei Prozent chinesische Marken waren, so Forscher des Mercator Institute for China Studies. Fast die Hälfte stammte von Tesla, die restlichen 14 Prozent von europäischen Joint Ventures in China. Doch jetzt starten zahlreiche chinesische Konzerne ihren Markteinstieg in Europa, die nachfolgend aufgelistet sind:

BYD – weltgrößter E-Auto-Konzern

BYD Atto 3 in einer Straße vor einer Häuserfront
Das chinesische Unternehmen BYD (Build Your Dreams) hat in der ersten Jahreshälfte 2022, gemessen nach Umsatz, Tesla als weltgrößten Hersteller von Elektrofahrzeugen abgelöst. BYD, das in der Stadt Shenzhen in der südchinesischen Provinz Guangdong ansässig ist, verkaufte in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 weltweit rund 641.000 Fahrzeuge, was einer Steigerung von 300 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Tesla hingegen verkaufte im selben Zeitraum 564.000 Fahrzeuge. Auf dem Heimatmarkt China hat BYD bei den elektrifizierten Autos einen Marktanteil von 25 Prozent. (Bild: BYD)

Weltweit ist BYD der größte Produzent von Akkumulatoren, vor allem für Mobiltelefone. Für den Batteriebus BYD ebus wurde bereits 2014 ein Montagewerk in Kalifornien eingeweiht. Ein neues für den Export angelegtes Werk in Thailand ist geplant. Der Konzern hat die Produktion einer weiteren Fabrik für Batteriesysteme in China aufgenommen. Geplant ist eine Jahresproduktion von 45 GWh. Ein Basis-Projekt startet im September 2022 offiziell in Nanning, in der südlichen autonomen Region Guangxi Zhuang und umfasst BYDs 10-GWh-Hybridbatterie und 5-GWh-Projekt für neue Batterien.

Im Fokus der Internationalisierung steht die Expansion in die ASEAN-Märkte durch den Elektrofahrzeughersteller aus Shenzhen. Das Projekt der Guangxi ASEAN FinDreams Battery Corp. startete im September 2022. Es ist zugleich das dritte Batterieprojekt von BYD in Guangxi.

BYD Verkaufsstart in Deutschland

Lars Pauly verantwortet künftig den Vertrieb der Elektroautos des chinesischen Herstellers BYD in Deutschland. Der frühere Mercedes-Manager ist CEO der Hedin Electric Mobility GmbH, wie aus einer Pressemitteilung des Unternehmens hervorgeht. Pauly verfügt mehr als 30 Jahre Erfahrung im internationalen Automobilvertrieb und arbeitete lange Zeit für Mercedes-Benz beziehungsweise für die frühere Daimler AG.

Auf der Liste der förderfähigen Elektrofahrzeuge, die das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle regelmäßig aktualisiert, tauchten der Kompakt-SUV BYD Atto 3, die Elektro-Limousine BYD Han und der Großraum-SUV Tang jetzt erstmals auf mit einem Basispreis ab 35.500 Euro.

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BYD stellt Akkus selbst her

Elektrobusse kosten etwa das Zehnfache und bringen gute Gewinne. Mit in Ungarn produzierten Elektrobussen, deren Akkus BYD selbst herstellt, hat der chinesische Hersteller in Europa einen Marktanteil 20 Prozent.

BYD hat auf der IAA Transportation im September 2022 in Hannover seine Blade-Batterieplattform für den Einsatz in E-Bussen präsentiert. Das platzsparende Design der Blade-Batterie mit CTP-Technologie (Cell to Pack) soll eine höhere Batteriekapazität bei gleichzeitiger Reduzierung des Fahrgestellgewichts ermöglichen. Die Batterien sind im Unterboden des Busses platziert, sowohl zwischen den Achsen als auch im Heck. Bei den sonst eher üblichen Solobussen, die es als Diesel und mit Elektroantrieb gibt, sind die Batterien meist auf dem Fahrzeugdach platziert. Neben der eBus Blade Platform hat BYD auf der Messe in Hannover auch eine neue Generation seines 12-Meter-Elektrobusses sowie die beiden E-Lkw ETM6 (7,5 Tonnen) und ETH8 (19 Tonnen) vorgestellt.

Der Konzern baut auch futuristische Einschienen-Bahnen. Das erste SkyRail-Fahrzeug von BYD der Linie 17 der Metro São Paulo ist im März 2022 vom Produktionsband gerollt ist. Auch in China ist die Bahn im Einsatz. Der Konzern aus Südchina hat zahlreiche weitere Tochtergesellschaft – von der Produktion von Solarpanelen bis hin zu Elektro-Zigaretten.

MG – Markterfolg mit Kleinwagen

MG Marvel
Eine weitere Stärke chinesischer Autos sind die vergleichsweise günstigen Preise. Das kompakte Elektro-SUV MG ZS EV der ehemals britische Marke MG Motors kostet rund 34.000 Euro. Den Elektro-Kombi MG5 gibt es für 35.500 Euro. Der MG4 startet bei 31.990 Euro.

MG ist eine Automobilmarke der chinesischen Unternehmensgruppe SAIC Motor. Im Januar 2021 begann die Marke ihre Verkäufe in Deutschland unter eigenem Namen zu starten. Zwischen 2007 und 2021 sind in der Volksrepublik China insgesamt 1.870.048 Neuwagen von MG verkauft worden. Mit 456.243 Einheiten war 2021 das erfolgreichste Jahr. (Bild: MG)

Great Wall - Markenvielfalt

Das Elektroauto Great Wall in einem Ausstellungsraum
Great Wall will noch 2022 mit seinen Marken Wey und Ora über den Vertriebspartner Emil Frey auf den Markt kommen. Starten möchte der Konzern mit dem Ora Funky Cat, einem 4,24 Meter langen Elektro-Kompaktwagen. Die Marke Haval von Great Wall Motor wird sich ab dem Jahr 2030 ausschließlich auf den Verkauf von New Energy Vehicles (NEV) konzentrieren. (Bild: Great Wall)

Bereits bis 2025 sollen reine Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge sowie Plug-in-Hybride 80 Prozent der Verkäufe von Great Wall ausmachen, so General Manager Li Xiaorui. „Chinesische Autofirmen schaffen eine Gelegenheit, die es seit einem Jahrhundert nicht mehr gegeben hat“, sagte Mu Feng, Präsident von Great Wall Motors auf der Deutsch-Chinesischen Automobil-Konferenz. Wey ist die Luxusmarke des Konzerns.

Nio will mit Batteriewechselstationen punkten

Modernes, sportliches Fahrzeug von Nio
Nio hat angekündigt, noch 2022 auf den deutschen Markt kommen zu wollen. In Norwegen ist die Marke schon länger zu haben. Das erste in Deutschland verkaufte Modell soll der ET7 sein, das SUV ES7 und die Kompakt-Limousine ET5 werden folgen. Interessant ist vor allem die Idee, ein Netz an Batteriewechselstationen aufzubauen. Nio eröffnet bereits ein Werk für Akku-Stationen in Ungarn. Neben der Produktion von Batteriewechselstationen soll die Europaniederlassung auch als Service-, Forschungs- und Entwicklungszentrum dienen. Das Werk in der Nähe von Budapest soll Batteriewechselstationen in diese Länder liefern. (Bild: Roland - stock.adobe.com)

Nio präsentierte in Berlin auf der Automobilkonferenz seinen ET7. Das ausgestellte Auto ist noch etwas durch Folie getarnt, kommt aber in Deutschland dieses Jahr noch auf den Markt. Was macht es so anders? Der leichte und schnelle Batteriewechsel. Darin habe Nio Erfahrung und in China bereits über 1000 Stationen in Betrieb und 10 Millionen Ladevorgänge absolviert. Nio plant auch in Europa Ladestationen, aber auch ein normales Aufladen ist möglich.

Das Konzept konzentriert sich auf die Batterie. Das Auto wird gewissermaßen um die Batterie gebaut. Die Kunden können je nach Bedarf die Batterien upgraden oder downgraden und damit effektiv verschiedene Strecken fahren und Kosten sparen. Nio will 1000 Batterietausch-Stationen außerhalb Chinas aufbauen. In China habe Nio mit seinen Tauschstationen dafür viele Erfahrungen, sodass die Kunden einen funktionierenden Service erwarten können. Minutenschneller Batteriewechsel und dabei Wahlmöglichkeiten der Batterieleistung. Das seien lau Nio Vorteile gegenüber der Konkurrenz.

Xpeng mit Schnelllade-Akku

Xpeng P7 in rot
Seit Dezember 2020 werden der G3 und seit Mai 2022 der P5 von Xpng auch in Norwegen verkauft. Schneller als der neue Xpeng G9 soll kein anderes Elektroauto weltweit seine Akkus laden können, es zieht in lediglich fünf Minuten Strom für 200 Kilometer. Das Akkupaket lädt in gerade einmal 15 Minuten von 10 auf 80 Prozent. "Der G9 ist der weltweit schnellste SUV in Großserie und verfügt über das erste Fahrerassistenzsystem der Branche, das alle Szenarien abdeckt. Hinzu kommen eine Zweikammer-Luftfederung und eine luxuriöse Smart-Kabine mit einem bahnbrechenden 5D-Musik-Erlebnis", lobt Xpeng-CEO He Xiaopeng den SUV bei der Weltpremiere in höchsten Tönen. (Bild: Reuters)

Marken, die 2022 in Deutschland erhältlich sind oder ihren Einstieg planen:

Aiways setzt auf KI

Elektroauto steht in einer Hauseinfahrt und wird geladen
Aiways hat seinen Hauptsitz in Shanghai und eine europäische Vertretung in München. In Europa kamen die ersten Modelle ab 2020 in den Handel . Der Vertrieb der Fahrzeuge erfolgt in Deutschland über Euronics. Die Wartung und die Ersatzteillogistik wird vom Kooperationspartner ATU übernommen.

Dr. Alexander Klose, Executive Vice President Overseas Operations bei Aiways, erklärt: „Das Ziel ist eine noch schnellere und flexiblere Entwicklung, vor allem mit Blick auf die hohe Variabilität der Fertigung nach dem Industrie-4.0-Standard im Aiways-Werk in Shangrao, das zu den modernsten Automobil-Produktionsanlagen in China zählt.“ (Bild: Aiways)

Aiways ist bereits in 15 Ländern vertreten. „Wir möchten vom Kunden ausgehend die Mobilität neu denken. Dabei steht nicht nur die Technologie im Vordergrund, sondern eher ein einfaches, unkompliziertes Fahren – und dies zu einem erschwinglichen Preis. Wir setzten auf viele gute Kooperationspartner, auch da wir ein relativ kleines Unternehmen sind. Dies macht uns jedoch auch sehr flexibel, so dass wir neue Trends sehr schnell aufnehmen können,“ so Klose auf dem Automobilkongress in Berlin.

Auch Geely kommt nach Europa

Elektroauto Geely
Geely unterhält zahlreiche Marken. Polestar, ein Joint Venture zwischen Volvo Car Corporation und Geely, hat in Deutschland bereits eine Reihe von Showrooms, die Fahrzeuge können jedoch auch im Internet bestellt werden. Die Marke sieht sich jedoch eher als skandinavisches Unternehmen oder als internationaler Konzern. Der Hauptsitz befindet sich im schwedischen Göteborg. Bisher wurden die beiden Polestar-Modelle 1 und 2 jedoch ausschließlich in den chinesischen Werken Chengdu und Luqiao gefertigt. (Bild: Geely)

Im September hat Geely bekannt gegeben, dass der Polestar 3 auch in den USA produziert werden soll. Thomas Ingenlath, der Geschäftsführer des Autobauers sagte, aus Gründen des Klimaschutzes wäre auch eine Fertigung in Europa und dort besonders in Polestars Heimatland Schweden möglich. „Wann und für welches Modell wird sich noch zeigen. Ich würde aber sagen, dass dies noch vor Ende des Jahrzehnts der Fall sein wird“, so Ingenlath.

Geely hat in Raunheim ein Technologiezentrum. „Wir machen in Deutschland den gesamten Nachhaltigkeitsbericht für Lotus. Das A&O dafür ist Glaubwürdigkeit im Detail. Nachhaltigkeit bedeutet beispielsweise auch kurze Lieferwege zur CO2-Vermeidung, Nachhaltigkeit umfasst die gesamte Produktionskette und den Lebenszyklus eines Autos,“ so Frank Klaas, Vice President Communications

Der Konzern steigt über seine Tochter Farizon auch in das Geschäft mit elektrisch angetriebenen Lkw ein. Der Geely-Lkw setzt auf ein Batterietauschsystem und soll ab Anfang 2024 ausgeliefert werden. Der Homtruck lehnt sich dabei an das englische Wort Home an, denn der Lkw soll dem Fahrer ein Zuhause bieten.

Wuling – Billig an die Verkaufsspitze

Frau geht an einem Elektroauto von Wuling vorbei
"Marge statt Volumen" heißt die aktuelle Strategie der westlichen Hersteller, die sich schon seit Längerem zunehmend aus den preissensiblen Segmenten zurückziehen. Eine Lücke, die Wuling mit dem Mini EV füllt. Der knapp drei Meter lange Mini-Van, ein Gemeinschaftsprodukt von SAIC und General Motors, hat weitgehend unbemerkt in Litauen seinen EU-Start gefeiert, zu Preisen ab 10.000 Euro. In China ist das kleine Auto bereits der meistverkaufte Pkw, allein im ersten Halbjahr fand er 214.000 Kunden. Weltweit kommt er auf einen Anteil von 37 Prozent am Markt für elektrische Kleinstwagen. (Bild: Wuling)

Sinosynergy - Wasserstoff-Brennstoffzellen-Reisebus

Bus von Sinosynergy in einer Messehalle
Sinosynergy, ein Wasserstoff-Brennstoffzellen-Spezialist aus Guangzhou, hat den ersten Wasserstoff-Brennstoffzellen-Reisebus für Europa auf der IAA Transportation 2022 vorgestellt. Der 'Hydrogen Fuel Cell Journey Coach' wurde gemeinsam mit Allenbus, Feichi, Marcopolo und Danfoss entwickelt. Der für den europäischen Markt nach EU-Normen konzipierte Bus kann bis zu 53 Fahrgäste befördern, mehr als 500 km weit fahren, und die normale Betankungszeit beträgt nur 5 Minuten. (Bild: Sinosynergy)

Es gibt auch zahlreiche Projekte in Deutschland, in denen mit Zulieferungen aus China Kleinfahrzeuge montiert werden, und auch weitere chinesische E-Auto-Produzenten planen den Markteinstig. Da die Autokonzerne in China, wo fast 60 Prozent aller E-Kfz produziert und verkauft werden, durch hohe Stückzahlen günstige Preise haben, werden die Newcomer zur Konkurrenz der etablierten Marken. Eine noch größere Herausforderung ist das Erfahrungswissen durch den massenhaften Einsatz und die Qualitätsoffensive.

Doch von diesem Erfahrungswissen können auch deutsche Unternehmen, die in China produzieren, profitieren. Und es ist nicht zu erwarten, das chinesische Konzerne die Welt mit Exporten aus China überschwemmen. Bei genügend Verkaufszahlen produzieren diese auch in Europa. Bei Batterieherstellern ist dieser Trend schon deutlich zu sehen.

überarbeitet von: Dietmar Poll

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