Quantencomputer wie dieser sind die Zukunft. Sie ermöglichen viele neue Technologien und Anwendungen. Wir stellen die deutschen Start-ups vor, die bereits heute an Quantentechnologien für die Zukunft arbeiten. -(Bild: DP - stock.adobe.com)
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Quantencomputer werden zukünftig dank ihrer Rechenpower Anwendungen möglich machen, die selbst mit modernsten Supercomputern nicht machbar sind (wie genau, das lesen Sie hier). Dazu wird spezielle Hardware benötigt, quantenbasierte Algorithmen müssen erarbeitet und Software entwickelt werden. Auch passende Anwendungsfelder müssen identifiziert sowie die passenden Lösungen dafür entwickelt werden.
Allein mit Forschung kann dies nicht gelingen. Große Unternehmen haben viele verschiedene Baustellen für die Zukunft und können sich nicht allzu sehr auf diese Themen fokussieren. Daher sind Start-ups ein essenzieller Teil der Quantenrevolution. Auch in Deutschland.
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Diese deutschen Jungunternehmen entwickeln bereits heute die quantenbasierten Technologien von morgen:
(Über die Links gelangen Sie direkt zur Beschreibung des jeweiligen Start-ups.)
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Quantentechnologie erklärt
Was ist Quantentechnologie eigentlich? Warum sind Quantentechnologien so relevant? Antworten auf all diese Fragen lesen Sie in unserem großen Überblick: "Das müssen Sie über Quantentechnologie wissen".
HQS Quantum Simulations ist eine Ausgründung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Die Gründer Dr. Michael Marthaler, Dr. Sebastian Zanker, Dr. Iris Schwenk und Dr. Jan Reiner beschäftigen mittlerweile 17 weitere Personen. Für die ersten Projekte nach der Gründung konnten sie bereits Industriegrößen wie BASF, Bosch und Merck gewinnen.
Das 2017 gegründete Unternehmen hat es sich zum Ziel gemacht, Molekül-Eigenschaften mithilfe einer auf Quantenalgorithmen bestehenden Software vorherzusagen. Helfen soll dies vor allem bei der Entwicklung von Materialien oder Medikamenten.
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Mit seiner Simulationssoftware möchte HQS den Test- und Herstellungsprozess von Chemikalien, Materialien und Pharmazeutika vereinfachen. Die Aussicht auf Quantencomputer macht dies möglich. Dieser ist bisher häufig sehr kompliziert, zeitaufwendig und damit teuer. Da hinzukommt, dass die Stoffe aufgrund ihrer atomaren Eigenschaften quantenmechanischen Effekten unterliegen, deren Simulation Rechenleistungen erfordert, die herkömmliche Computer nur schwer leisten können. Quantencomputer bieten hier eine große Chance auf einen einfacheren Prozess.
Auch JoS Quantum aus Frankfurt beschäftigt sich mit Software für Quantencomputer. Allerdings für einen anderen Bereich: die Finanz- und Versicherungsbranche sowie die Energieindustrie. Gegründet wurde das Unternehmen von Marcus C. Braun, der zuvor bei der Deutschen Bank und als Berater für Finanzinstitute Erfahrung sammelte.
Das Start-up entwickelt eine Hardware-unabhängige Plattform, die Quanten- und quanten-inspirierte Algorithmen nutzt. Auf diese Weise entstehen laut dem Unternehmen neue und performantere Möglichkeiten im Handel, im Risikomanagement, in der Portfoliooptimierung, der Betrugsaufdeckung und der Strompreisbildung. Gemeinsam mit Projektpartnern und Kunden erarbeitet das FinTech-Unternehmen Prototypen und Machbarkeitsstudien, um die Möglichkeiten von Quanten- und quanten-inspiriertem Computing mit neuen Geschäftsmodellen auszunutzen.
Ein Beispielprojekt aus dem Energiesektor: Enerquant. In diesem Projekt entwickelt JoS Quantum gemeinsam mit verschiedenen Forschungsinstituten Lösungen für Modelle in Energiemärkten, die aus komplexen Optimierungsproblemen mit stochastischen Komponenten bestehen. Die Optimierungsprobleme sind so komplex, dass sie mit klassischen Algorithmen und Computern unlösbar sind. Im Projekt Enerquant werden die Modelle in quantenmechanische Probleme übersetzt, die dann mithilfe eines Quantensimulators gelöst werden können. Das Ziel: eine hinreichend genaue Modellierung des deutschen Strommarkts.
Ein weiteres Start-up, das sich mit Quantensoftware beschäftigt, ist Kipu Quantum. Das Unternehmen mit Sitz in Karlsruhe und Berlin entwickelt Algorithmen, die für den Betrieb hochleistungsfähiger Quantencomputer benötigt werden. Diese ermöglichen es Kunden aus der Pharma-, Chemie-, Logistik- und Finanzindustrie, hochkomplexe Prozesse auf bestehender Quantenhardware ablaufen zu lassen, was die Markteinführung von Quantencomputern verkürzen soll.
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"Die massiv komprimierten Algorithmen von Kipu ermöglichen den Einsatz der heutigen Quantenprozessoren in verschiedenen Branchen, ohne auf größere Quantencomputer warten zu müssen", erklärt Enrique Solano, Gründer von Kipu Quantum. "Wir entwickeln Algorithmen, die auf spezifische, aktuelle Hardware sowie auf die gegebenen Spezifikationen einer Anwendung zugeschnitten sind." Die Quantensoftware ist beiereits bei großen Kunden wie der BASF im Einsatz.
Ende 2023 konnte das Start-up eine Seed-Finanzierungsrunde abschließen und 10,5 Millionen Euro für die Weiterentwicklung der Software sichern.
Bei Kiutra geht es nicht um Software, sondern um Hardware. Das 2018 gegründete Spin-off der Technischen Universität München widmet sich der Entwicklung und Herstellung von kryogenfreien magnetischen Kühlsystemen.
Was hat das mit Quantencomputing zu tun? In der Regel benötigt man für den Betrieb von Quantentechnologien, seien es Computer oder Sensoren, sehr tiefe Temperaturen. Diese sollten möglichst nahe am absoluten Nullpunkt von Null Kelvin bei etwa -273 Grad Celsius liegen. Effektive Kühllösungen sind daher gefragt.
Quantum Imaging für die Medizin ist NVisions Steckenpferd. Das Start-up ist ein Spin-off der Institute für Theoretische Physik und Quantenoptik an der Universität Ulm und wurde 2015 gegründet.
NVision nutzt neue Fortschritte in der Quantenphysik, um die molekulare Analyse und medizinische Bildgebung grundlegend zu verändern. Für die spezielle Messtechnik werden die transformativen Eigenschaften von Stickstofflöchern in Diamanten genutzt. So kann beispielsweise die Magnetresonanztomografie so weiterentwickelt werden, dass Stoffwechselprozesse sichtbar werden und damit zum Beispiel der Fortschritt einer Krebsbehandlung ermittelt werden kann.
Mehr dazu, wie Quantenbildgebung und Quantensensoren funktionieren und was die Technologien in Zukunft leisten können, lesen Sie in diesem Artikel: "Warum Quantensensoren immer wichtiger werden"
Vor ihrer Arbeit bei mi connect hat Julia zuerst Physik und dann Wissenskommunikation studiert. In ihrer Freizeit ist sie gerne am, im und auf dem Wasser unterwegs oder reist auf diverse Weisen in fiktive Welten.
Plancq nutzt Laserstrahlen, um Atome in einem Vakuum zu fangen und festzuhalten. So werden Sie zu regelmäßig angeordneten Qubits. Damit diese Qubits miteinander wechselwirken können, werden sie in sogenannte Rydberg-Zustände versetzt. Dadurch werden die Atome tausendfach vergrößert, da sich das äußerste Elektron weiter vom Atomkern entfernt als im Normalzustand. Dies führt dazu, dass ein Rydberg-Atom benachbarte Atome blockiert und darüber hinweg mit einem entfernteren anderen Rydberg-Atom wechselwirkt: So werden die Atomhüllen zu den Rechenbausteinen von Quantencomputern.
Mithilfe dieser Qubits fertigt Plancq nun beispielsweise (dank einer Finanzierung des DLR) einen prototypischen Quantenprozessor. Er soll auf ein System mit mehr als 100 Qubits wachsen. Der Quantencomputer soll zudem skalierbar und perspektivisch fehlerkorrigierbar sein. Das heißt, dass die Qubit-Zahl erhöht werden kann und das System fehlerfrei arbeitet. Die Fehleranfälligkeit gilt als eines der größten Hindernisse beim Quantencomputing.
Sie möchten auf dem Laufenden bleiben, was sich in der Welt der Quantentechnologie bewegt? Dann besuchen Sie unseren Newsblog zum Thema – hier sammeln wir für Sie die wichtigsten Meldungen!
Der erste große Erfolg des 2018 gegründeten Start-ups: der nach Angaben der beteiligten Unternehmen erste für die Serienfertigung nutzbare Quantenoptik-Sensor der Welt. Mehr zu diesem speziellen Sensor, der von Q.ant gemeinsam mit Sick und Trumpf entwickelt wurde, lesen Sie im Beitrag "Quantensensoren: Wie Sick und Trumpf die Revolution anführen".
Das Münchner Start-up QMware ist ein Joint Venture von Terra Quantum und Novarion Systems und widmet sich der Quanteninformatik. Das Unternehmen entwickelt, kofinanziert und produziert integrierte Systeme, die Quantencomputing industriell nutzbar zu machen. Der Software-Stack bietet beispielsweise eine native hybride Quantenmaschine als auch die Möglichkeit für Dritte, Hardware oder Anwendungen, die auf einer anderen Softwareumgebung basieren, einzubinden.
Außerdem nutzt QMware eine Hybrid Quantum HPC-Technologie (HPC: High Performance Computing), um eine Quantencloud für reale Anwendungsfälle zu entwickeln. Mehr zur Quantum Cloud für die Industrie, lesen Sie hier: "Quantencomputing für deutsche Industrie soll aus der Cloud kommen".
Das Quantentechnologie-Start-up des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF widmet sich der Entwicklung von quantenbasierten Kommunikationssystemen. Gegründet wurde Quantum Optics Jena von Dr. Oliver de Vries und Dr. Kevin Füchsel.
Erste Produkte von Quantum Optics Jena sind bereits in Vorbereitung. Dazu gehört eine miniaturisierte verschränkte Photonenquelle mit mehr als einer Million verschränkter Photonenpaare bei 780 nm und 840 nm Wellenlänge. –(Bild: Quantum Optics Jena)
Da klassische Verschlüsselungsverfahren in Zeiten von Quantencomputern nicht mehr sicher sein werden, müssen neue her. Die Quantenoptik ermöglicht solche neuartigen Konzepte. Eines davon: Die Quantenschlüssel-Verteilung (englisch: Quantum Key Distribution, kurz: QKD). Dabei werden quantenphysikalische Methoden, beispielsweise Quantenverschränkung, genutzt, um sichere Schlüssel für den Austausch von verschlüsselten Informationen zu generieren.
Quantum Optics Jena arbeitet an einer performanten und kompakten polarisationsverschränkten Photonenquelle, um solche QKD-Systeme möglich zu machen. Damit wird Cyber Security für das Quantenzeitalter bereit gemacht.
Das Berliner Unternehmen Quartiq beschäftigt sich unter der Leitung von Dr. Robert Jördens mit der Entwicklung von offener Hard- und Software für Anwendungen der Quantentechnologie. Ziel ist es, Algorithmen und Komponenten für verteilte Hochleistungsmess- und Steuerungsaufgaben zu schaffen, die den Einsatz von Quantentechnologie in der Industrie ermöglichen.
Quartiq setzt dabei auf umfassende Beratung sowie Soft- und Hardware-Kompetenz. So entwickelt das Unternehmen beispielsweise Designs und übernimmt die Integration von Steuerungssystemen in kooperativen industriellen Forschungsprojekten.
Ein Beispiel: die transportable und robuste optische Atomuhr Opticlock. Sie soll die bisherigen Lösungen, bei denen Wasserstoff-Maser eingesetzt werden, ablösen und eine zehnmal höhere Genauigkeit ermöglichen. Die geplante Uhr basiert auf einem einzelnen, in einer Ionenfalle gefangenen und mit Lasern gekühlten Ytterbium-Ion. Denkbare Anwendungen sind zum Beispiel die Synchronisation großer Datennetzwerke in der Telekommunikation oder bei der Navigation in globalen Satelliten-Navigationssystemen wie GPS oder Galileo.
Die Technik entwickelt sich so schnell weiter wie noch nie. Neue Technologien halten ständig Einzug in unserem Leben. Natürlich heißt das nicht, dass alte Technologien verschwinden werden, aber die Relevanz wird sich verschieben. Welche Technologien und Konzepte wichtiger werden, was der aktuelle Stand ist und worin Chancen für die Industrie liegen, lesen Sie in unserer Rubrik "Zukunftstechnologien" - hier entlang!