PBT-Verfahren

Die PBT-Verfahren SAL und CL sollen nicht nur die Produktion von aktivem Vorläuferkathodenmaterial für EV-Batterien aus Nickel-Mangan-Kobalt (NMC) vereinfachen. Dank geringer Verweilzeit benötigen die Verfahren laut Unternehmen auch erheblich weniger Energie, stoßen weniger Kohlendioxid aus und erzeugen weniger Kosten als herkömmliche Verfahren, die ausgelegt sind, die Metalle im ersten Schritt zu trennen und in nachgelagerten Prozessen wieder zusammenzuführen. (Bild: PBT)

„Wir haben hier quasi eine ‚Coca-Cola-Formel‘ für die Produktion des nickelbasierten, aktiven Vorläuferkathodenmaterials gefunden, das für leistungsstarke EV-Batterien (EV steht für Electric Vehicle, also Elektroautos) gebraucht wird“, sagt etwas provokant Björn Zikarsky, CEO der Pure Battery Technologies Pty Ltd (PBT) mit Hauptsitz im australischen Brisbane. Das 2017 als Spin-off der University of Queensland gegründete und seit 2020 mit einer Tochtergesellschaft in Ettlingen vertretene Unternehmen produziert das Vorprodukt pCAM für nickelbasiertes aktives Kathodenmaterial CAM, das in Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt wird, die für Elektromobilität zwingend benötigt werden.

PBT-Verfahren könnt bisherige Industrie-Prozesse für Batterien ablösen

“Wir haben dazu neuartige Verfahren zur Neuproduktion und Wiedergewinnung von Nickel-Mangan-Kobalt-Verbindungen entwickelt“, so Ex-Leistungsschwimmer und Ex-Olympiateilnehmer Zikarsky. „Diese Verfahren senken nicht nur die die Prozesskosten, sie reduzieren auch den Chemikalien- und Energieverbrauch und somit den CO2-Ausstoß erheblich. Wir glauben, dass diese Verfahren die bisherigen Prozesse in der Industrie ablösen werden.“

Seinen Anfang genommen hat die Unternehmensgeschichte von PBT in Australien im Jahr 2015. Die University of Queensland in Brisbane forschte zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre an den komplizierten Themen ‚Rohstoffgewinnung aus Mischmetallen und hydrometallurgischen Alternativverfahren zur Pyrometallurgie’, um die Umweltbelastung bei der Raffination von Metallerzen zu reduzieren. Dabei wurden die beiden Verfahren Selective Acid Leaching (SAL) – Selektive Säurelaugung - und Combined Leaching (CL) - Kombinierte Laugung - ursprünglich für eine optimierte die Gewinnung von Nickelmetall eingesetzt. „Der Schritt in Richtung aktivem Kathodenmaterial und Vorläuferkathodenmaterial erfolgte konzeptionell erstmalig in 20125. Und wir in Australien kennen uns mit allen Sorten von Metallen und deren Verarbeitung sehr gut aus“, sagt Bjorn Zikarsky, der ursprünglich aus Erlangen stammt und seit langem in Australien lebt.

Wissenswertes rund um Elektromobilität und Batterien

 

Sie interessiert, was es Neues zu den Themen Elektromobilität und rund um das Thema Batterien gibt? Dann können Ihnen die nachfolgenden Beiträge helfen:

 

 

 

 

  • Forscher am KIT haben ein Verfahren entwickelt, im Zuge dessen beim Recycling von Lithium-Ionen-Batterien mechanische Prozesse chemische Prozesse induzieren sollen. Das bringt eine höhere Ausbeute an Lithium bei niedrigerem Aufwand sowie mehr Nachhaltigkeit.

 

 

 

 

 

 

 

 

  • Immer mehr Elektroautos kommen auf den Markt - und damit auch Batterien. OEMs wie Daimler, VW, Audi und BMW haben verschiedene Strategien entwickelt, um gebrauchte Lithium-Ionen-Akkus anderweitig weiterzuverwenden. Auch Recycling bleibt ein Thema. Genaue Infos dazu gibt es im Beitrag "Elektromobilität: Zweites Leben für Lithium-Ionen-Akkus".

35 Prozent weniger CO2 bei Batterie-Herstellung

Die PBT-Verfahren SAL und CL vereinfachen nicht nur die Produktion von aktivem Vorläuferkathodenmaterial für EV-Batterien aus Nickel-Mangan-Kobalt (NMC). Dank geringer Verweilzeit benötigen die Verfahren auch erheblich weniger Energie, stoßen weniger CO2 aus und erzeugen weniger Kosten als herkömmliche Verfahren, die ausgelegt sind, die Metalle im ersten Schritt zu trennen und in nachgelagerten Prozessen wieder zusammenzuführen.

PBT geht einen anderen Weg, dazu CEO Zikarsky: „Mischmetall-Legierungen mit Nickel, Kobalt und Mangan kommen im Erdreich vor. Diese werden konzentriert. Im Raffinerieprozess zum Batteriematerial fokussiert sich das SAL-Verfahren von PBT auf das Absondern der Unreinheiten anstatt auf die individuelle Trennung der einzelnen Metalle.“ Mit anderen Worten: Die drei Metalle werden nicht voneinander getrennt und anschließend wieder zusammengefügt, sondern nur von Unreinheiten befreit.

Die Energie- und CO2-intensive Zuführung von Hitze und Druck, die zur Metalltrennung oft notwendig ist, wird damit reduziert. Das gleiche passiert beim Recycling der sogenannten Black Mass. „Das Verfahren ist in der Industrie einmalig und durch zahlreiche Patente abgesichert: Durch SAL und CL sparen unsere Prozesse nachweislich bis zu 70 Prozent Energie, der CO2-Ausstoß sinkt um bis zu 85 Prozent und die Produktionskosten für batteriefähiges Vorläuferkathodenmaterial werden deutlich gesenkt“, erläutert Björn Zikarsky. Im gesamten Herstellungsprozess einer Batterie werde durch Anwendung der PBT-Technologie bis zu 35 Prozent weniger CO2 produziert.

Kritische Rohstoffe: Der große Überblick

Salzsee Salar de Uyuni -
Salar de Uyuni (Bild: Gerd Mischler)

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PBT-Verfahren als neuer Standard für die Industrie?

Die Chance zur Kommerzialisierung - vor allem für den Automobilsektor - wurde schnell erkannt und ließ bei CEO Zikarsky zu einem gewagten Vergleich hinreißen: „Wir haben hier quasi eine ‚Coca-Cola-Formel‘ für die Produktion des nickelbasierten, aktiven Vorläuferkathodenmaterials gefunden, das für leistungsstarke EV-Batterien gebraucht wird. Wir sind dabei, einen neuen Standard für die Industrie zu setzen und wollen in Europa ein führender Anbieter von NMC-Batterievorprodukten werden - sowohl in der Primärversorgung aus dem Minenbereich als auch in der Sekundärversorgung.“ Denn der ‚Closed Loop’ in der Versorgung mit E-Auto-Batterien innerhalb der EU ist das große strategische Ziel von PBT.

Filterpresse
Ein weiteres strategisches Ziel ist neben der Schaffung des ‚Closed Loop’ der sogenannte Upstream, also die Wertschöpfungskette von der Mine bis zum batteriefähigen aktiven Vorläuferkathodenmaterial, in der Fachsprache pCAM bezeichnet (Bild: PBT)

Der ‚Closed Loop’, also der geschlossene Kreislauf, bedeutet, dass die Rohstoffe nicht mehr zum Recycling und die Wiederaufbereitung die EU verlassen müssen. „Unsere Technologie kann dazu einen wertvollen Beitrag leisten“, so Zikarsky. PBT könne die Black Mass aus allen Quellen verarbeiten, also nicht allein gebrauchte Batterien, sondern auch Abfall aus der Batterieproduktion und anderweitiger bestimmter sonstiger Metallschrott aus der Industrieproduktion. Aus diesem Grund ist PBT auch sehr offen für viele weitere Partnerschaften. Denn für Björn Zikarsky steht fest: „Kein einzelnes Unternehmen, auch nicht die ganz großen Konzerne wie BASF oder Dow Chemical werden allein für den Closed Loop sorgen können.“

„Reden mit allen Entscheidern der Branche auf Augenhöhe“

Führende Chemiekonzerne zählen heute bereits zu den Partnern und Kunden von PBT, mit einer Reihe von namhaften Autokonzernen arbeiten die Australier in Pilotprojekten zusammen. Mit weiteren Autoherstellern führe man Gespräche, wie CEO Zikarsky berichtet: „Zurzeit arbeiten wir mit Tier 1-Unternehmen der chemischen Industrie sowie der Automobilindustrie (OEMs) zusammen. Als Kunden kommen letzten Endes alle in Betracht, die mit der Neuproduktion und der Wiederaufarbeitung von EV-Batterien zu tun haben: die OEMs und ihre Zulieferer, die Batteriewirtschaft sowie die chemische Industrie.“ Eine sehr wichtige Partnerschaft für PBT sei die Zusammenarbeit mit dem deutschen Recyclingunternehmen Cronimet, das weltweit Niederlassungen habe

Video: Batterien Made in Germany

Die deutschen Autobauer feiern ihre Elektroautos. Doch die Batteriezellen müssen sie im Ausland einkaufen, sind abhängig. Mittelständler wollen das ändern, die Autoindustrie und Politik halten sich im Hintergrund. Verschläft Deutschland den Trend? - Inhalt: DW Deutsch

PBT kooperiert heute bereits mit einer Vielzahl externer Partner. In der Entwicklung arbeitet man mit Forschungseinrichtungen zusammen. Mittlerweile sind auch Geschäftsbeziehungen mit Minenbetreibern, OEMs, chemischen Werken und Recyclern (ohne Black Mass-Verarbeitung) und anderen Stakeholdern der Industrie entstanden. Zu aktuellen Partnern zählen etwa Poseidon Nickel Limited, West Perth, Westaustralien, eine Nickel-Sulfid-Explorations- und Rohstofförderungsunternehmen, die ‚Europäische Batterieallianz’ (EBA) sowie EIT InnoEnergy. Wichtig für Zikarsky: „Wir reden mit allen Entscheidern der Branche auf Augenhöhe.“

Wertschöpfungskette von der Mine bis zum Vorläuferkathodenmaterial

Ein weiteres strategisches Ziel ist neben der Schaffung des ‚Closed Loop’ der sogenannte Upstream, also die Wertschöpfungskette von der Mine bis zum batteriefähigen aktiven Vorläuferkathodenmaterial, in der Fachsprache pCAM bezeichnet. „Die Produktion von pCAM aus primären Rohstoffen ist die derzeit unsere wichtigste strategische Säule“, so Björn Zikarsky. Das Unternehmen beherrsche gemeinsam mit seinen Partnern die gesamte Upstream-Wertschöpfungskette. Zikarsky betont dabei die umfangreiche Erfahrung der australischen Minen-Industrie, auch in der Erzeugung von Metall-Vorprodukten: „Auf absehbare Zeit wird das Recycling wenig zur Versorgung von aktivem Kathodenvormaterial beitragen können“, blickt der studierte Master of Business Administration, Entrepreneurial Management and Finance Zikarsky nach vorne: „Rohstoffe aus den Minen sind in den nächsten Jahren unverzichtbar.“ Der Markt für E-Autos wachse schnell und bis größere Mengen von Metallabfällen aus Batterien zur Verfügung stünden, werde es noch einige Jahre dauern.

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(Bild: mi connect)

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Wachstum auch dank Partner und Zulieferer

Für 2023/2024 plant PBT in Deutschland einen Umsatz von 150 Millionen Euro, global ab 2025/2026 mehr als 1 Milliarde Euro. Das er sein Unternehmen auf dynamischem Wachstumskurs sieht, daran lässt PBT-Chef Zikarsky keine Zweifel aufkommen: „2025 wollen wir die Marke von einer Milliarde Euro Umsatz erreichen. Der Markt gibt das absolut her.“ Der Bedarf an Kapazität von EV-Batterien soll laut Zikarsky bis 2030 auf 2.500 GWh wachsen – von 234 GWh im Jahr 2020 bedeutet das mehr als eine Verzehnfachung. Was den eigenen Kapazitätsausbau an den deutschen Standorten betrifft, verweist Zikarsky auf PBT in Hagen (Westfalen). Dort hat das Unternehmen seinen ersten Produktionsstandort in der EU etabliert. In Hagen wurde 2020 die Nickel-Raffinerie Königswarter & Ebell Chemische Fabrik (K+E) übernommen und die PBT-Verfahren SAL und CL erfolgreich in Großserie und Produktkonformität getestet.

„Aktuell sind die Kapazitäten gering. Der Standort hat vor allem (noch) Demonstrationscharakter“, weiß Zikarsky selbst. Aber er verfüge über technische Kompetenz und Expansionspotenzial. „Wir haben beantragt, die Recycling- und Produktions-Kapazitäten auf bis zu 15.000 Tonnen pCAM-Material (10.000 Tonnen Metall) zu erweitern. Übersetzt in Endprodukte bedeutet das pCAM für Batterien von bis zu 180.000 Autos in der Größe des VW ID 3. “International ist es mittelfristig unser Ziel“, so Zikarsky weiter, „unsere Technologie dort einzusetzen, wo unsere Partner sind.“

„Wir sind sehr fokussiert“

Was den Wettbewerbsdruck – vor allem aus den Niedriglohnländern Asiens mit ihren laschen Umweltauflagen – und den Fachkräftemangel angehen gibt sich Zikarsky selbstbewusst: „Der wichtigste Faktor sind die Metallpreise und die Prozesskosten. Unsere Verfahren für pCAM schlagen hier jede Konkurrenz. Und der Faktor ‚CO2-Reduktion’ ist für die Endkunden elementar.“ DUnd das Wachstum und das tägliche Business seien - wie bei vielen chemischen Anlagen - mit relativ wenig zusätzlichem Personal möglich. „Zudem haben wir ja Zulieferer und Partner, die uns beim Wachstum unterstützen.“

Dazu kommt, dass Björn Zikarsky und sein Kollege Thomas Fahrner, Geschäftsführender Direktor PBT Deutschland, erfolgreiche Schwimmsportler bei olympischen Spielen sowie bei deutschen, europäischen und Weltmeisterschaften waren. Und genau diese Erfahrung in der Ausdauersportart Schwimmen könnte im Haifischbecken der Batteriehersteller und deren Zulieferer hilfreich sein, wie Zikarsky vermuten lässt: „Wir sind sehr fokussiert und haben schon einige Wettbewerbe erfolgreich bestritten. Langes Training hilft auch dabei - und beides kann nicht schaden.“

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