Ein Techniker prüft eine 3D-gedruckte Satellitenantenne im Entwicklungszentrum von Trumpf in Ditzingen. Das Unternehmen unterstützt die Raumfahrtindustrie mit Maschinen und 3D-Druck-Kompetenz.

Ein Techniker prüft eine 3D-gedruckte Satellitenantenne im Entwicklungszentrum von Trumpf in Ditzingen. Das Unternehmen unterstützt die Raumfahrtindustrie mit Maschinen und 3D-Druck-Kompetenz. (Bild: Trumpf)

'Space Day' bei Trumpf. Im Fokus additiv gefertigte Bauteile für die Raumfahrt-Industrie. Neben zahlreichen Journalisten ebenfalls zu Gast: die Raumfahrtbeauftragte der Bundesregierung Dr. Anna Christmann. Allein das zeigt, wie wichtig neben den echten Raumfahrtunternehmen die Zulieferindustrie ist. Und wie relevant Lasertechnik im Allgemeinen und der 3D-Druck im Speziellen für die Reise ins All ist.

Doch gehen wir zunächst einen Schritt zurück und schauen uns an, warum Unternehmen wie Trumpf ihre Aktivitäten im Bereich Raumfahrttechnik verstärken.

Warum wird Raumfahrttechnik in Deutschland relevanter?

Die Raumfahrt ist in eine neue Ära gestartet. Es geht um die Kommerzialisierung und damit um mehr Effizienz. Und um Autonomie. "Raumfahrt ist eine wichtige Technologie für die europäische Souveränität, zum Beispiel hinsichtlich einer eigenen Satellitenkonstellation in Zukunft", sagt Christmann. "Und das bedeutet natürlich auch, dass sich Europa auf den Weg machen muss, das gesamte Raumfahrt-Ökosystem zu verstärken."

Anna Christmann Raumfahrt-Beauftragte der Bundesregierung
Dr. Anna Christmann (Grüne) ist die Raumfahrtbeauftragte der Bundesregierung. (Bild: Deutscher Bundestags/Inga Haar)

Denn die Satelliten müssen schließlich irgendwo und irgendwie produziert werden und in den Orbit gebracht werden, wofür es passende Transportmittel benötigt. Christmann betont: "Und da ist es natürlich sehr wichtig, dass die Technologien, in Deutschland entstehen und wir [die Bundesregierung] uns auch dort beteiligen."

Stolz ist Christmann daher besonders auf die starke Beteiligung Deutschlands bei der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Sie erhält ein deutlich erhöhtes Drei-Jahres-Budget in Höhe von 16,9 Milliarden Euro, das haben die Mitgliedsländer im November 2022 entschieden. Rund 3,3 Milliarden Euro kommen dabei aus Deutschland. "Wir sind froh, dass wir durch unseren Beitrag bei der ESA und durch unser nationales Weltraumprogramm wichtige Schritte für die deutsche Industrie machen können", so die Raumfahrtbeaufragte.

Doch auch die privaten Investitionen in die Raumfahrt steigen an. 2021 waren es beispielsweise mehr als 10 Milliarden Dollar, was zehnmal so viel ist wie noch vor zehn Jahren. Dabei fließt viel Geld in Satelliten, aber auch in Mondmissionen oder Aktivitäten, die über die Erdumlaufbahn hinausgehen.

Dass die Raumfahrt gerade regelrecht abhebt, sehen auch die Verantwortlichen bei Trumpf. "Die Raumfahrt startet gerade buchstäblich durch. Wir sehen das überall, die Kommerzialisierung der Raumfahrt hat begonnen", berichtet Dr.-Ing. Christian Schmitz, CEO Lasertechnik. Für ihn ist klar, dass die deutsche Industrie stärker im Bereich der Raumfahrttechnik tätig werden sollte.

Dr.-Ing. Christian Schmitz ist CEO-Lasertechnik bei Trumpf.
Dr.-Ing. Christian Schmitz ist CEO-Lasertechnik bei Trumpf. (Bild: Trumpf)

"USA und China machen sich gerade mit Höchstgeschwindigkeit auf in den Weltraum zu gehen und dort eine Dominanz zu etablieren", so Schmitz. "Und wenn wir in der europäischen Industrie bei der Raumfahrt nicht einsteigen, dann werden wir einen großen Verlust erleiden, weil die Raumfahrt ist ein Zukunftsmarkt."

Dabei gehe es nicht darum, gleich eigene Raumfähren zu bauen, denn man müsse nicht alles können. Aber gewisse Kompetenzfelder sollte Deutschland beherrschen, aufgrund seiner bisherigen Rolle als wichtiger Zulieferer für andere Industrien, wie zum Beispiel der Automobilindustrie. "Wir fühlen uns kompetent als Ausrüster ein wichtiger Partner der Raumfahrtbranche zu sein", ergänzt Schmitz. "Die Raumfahrt dürfen wir uns deshalb in Deutschland nicht aus der Hand nehmen lassen."

Diese Kompetenz bewiesen hat Deutschland gemeinsam mit anderen europäischen Ländern bereits bei der aktuellen Mond-Mission der Nasa (Artemis). Die Entwicklung und Produktion des Service Modul für das Raumschiff Orion findet hauptsächlich in Deutschland statt. Welche Industrie-Partner daran beteiligt waren und was es mit dem European Service Module auf sich hat, erfahren Sie hier: "So glänzt Europas Industrie bei der Raumfahrtmission Artemis".

Starten auch Sie ins All!

Der Weltraum bietet viele Möglichkeiten, auch für die Industrie. Wir beobachten für Sie aktuelle Projekte und sammeln sie in unserem Fokusthema. Wagen Sie den Deep Dive into Space!

Warum additive Fertigung eine Schlüsseltechnologie für eine effiziente Raumfahrt ist?

Eine große Chance für Deutschlands Industrie, bei der Raumfahrt zu punkten, ist die Fertigungstechnik für Komponenten. Denn diese spielt gerade bei der aktuellen Kommerzialisierung, welche auch als 'New Space' bezeichnet wird, eine entscheidende Rolle.

"Wir sehen mit Technologien wie additiver Fertigung und anderen Dingen, wie man eine Industrialisierung in diesem Bereich schaffen kann", berichtet Christmann. Damit würde eine Kostendämpfung gelingen, Raumfahrt-Technologien können breiter eingesetzt werden. "Denn wenn es nicht mehr so teuer und auch nicht mehr so schwer ist, dann kann man auch ganz andere Dinge tun."

Wie viel neuartige Fertigungsmethoden, insbesondere der 3D-Druck und die damit verbundenen Möglichkeiten ausmachen können, hat Space X gezeigt: Das Unternehmen hat die Transportkosten für Fracht ins Weltall innerhalb von 15 Jahren auf knapp ein Zehntel reduzieren können.

Auch wenn dabei weitere Aspekte, wie beispielsweise die Wiederverwertung von Komponenten eine Rolle spielen, zeigt das, dass additive Fertigung durchaus einen Teil zu einer (Kosten-)effizienten Raumfahrt beitragen kann. Doch warum ist der 3D-Druck so vorteilhaft?

Beim Space Day in Ditzingen hat Trumpf die Einsatzmöglichkeiten additiver Fertigung im Bereich der Raumfahrttechnik gezeigt.
Beim Space Day in Ditzingen hat Trumpf die Einsatzmöglichkeiten additiver Fertigung im Bereich der Raumfahrttechnik gezeigt. (Bild: Julia Dusold)

"Es geht um Materialkombinationen, um extrem filigrane Strukturen, die trotzdem hochfest sein müssen – und da sehen wir beim 3D-Druck eben ein Alleinstellungsmerkmal", erklärt Schmitz. "Es ist stellenweise gar nicht anders möglich, hocheffiziente Komponenten herzustellen und deswegen werden wir diese Technik auch weiter vorantreiben."

Wer additiv produziert, hat ganz andere Möglichkeiten, Teile zu designen und Funktionalitäten zu integrieren. Spezielle Designs erlauben zum einen eine starke Gewichtsreduktion, womit Treibstoff gespart werden kann. Zum anderen werden häufig weniger Einzelteile benötigt, was die Fertigungskosten senkt.

Was Sie schon immer über additive Fertigung wissen wollten

Additiv gefertigte Bauteile aus Metall
Die additive Fertigung ermöglicht ganz neue Konstruktionsmöglichkeiten. - (Bild: mari1408 - stock.adobe.com)

Sie sind auf der Suche nach weiteren Informationen zum industriellen 3D-Druck? Hier finden Sie Grundwissen zum Thema: "Was Sie über additive Fertigung wissen müssen". In unserem Artikel "Das sind die wichtigsten additiven Fertigungsverfahren" erhalten Sie technische Details zu den fünf am häufigsten verwendeten additiven Verfahren und zu den drei vielversprechendsten Newcomern.

Weitere Empfehlungen der Redaktion zur additiven Fertigung:

Was 3D-Druck in der Raumfahrttechnik konkret leistet

Was genau die additive Fertigung in der Raumfahrt bewegen kann, zeigen diese beiden Beispielanwendungen:

AMCM, EOS und Hyperganic: 3D-gedrucktes Raketentriebwerk für den Transport von Satelliten

Diese Aerospike-Düse wurde von Hyperganic algorithmisch-basiert entwickelt und von EOS und AMCM ohne Stützstrukturen hergestellt.
Diese Aerospike-Düse wurde von Hyperganic algorithmisch-basiert entwickelt und von EOS und AMCM ohne Stützstrukturen hergestellt. (Bild: EOS)

Die Unternehmen fokussieren sich in einer Partnerschaft auf die Verbesserung von Antriebskomponenten für die Raumfahrt. Sie kombinieren die Designfreiheit des 3D-Drucks mit künstlicher Intelligenz. So haben AMCM, EOS und Hyperganic ein ganz besonderes Bauteil erschaffen: ein Aerospike-Raketentriebwerk, das mittels Algorithmen-basiertem Engineering designt und dann aus einer speziellen Kupferlegierung additiv gefertigt wurde.

Aerospike-Raketentriebwerke sind klassischerweise eine enorme technische und fertigungstechnische Herausforderung. Dank der KI-gestützten Software von Hyperganic konnten aber innerhalb weniger Tage Hunderte Entwürfe erstellt werden. Einer davon wurde auf einem EOS M 400-4 System hergestellt. Das hochkomplexe Teil wurde mit dem neu entwickelten EOS NickelAlloy IN718 Prozess und ohne Stützstrukturen gebaut.

Im nächsten Schritt wurde das Design des Aerospike-Triebwerks automatisch für die Produktion auf einem wesentlich größeren AMCM M 4K-System von AMCM für die Kupferlegierung EOS CopperAlloy CuCrZr angepasst. Das an einem Stück 3D-gedruckte Bauteil hat eine Höhe von zirka 800 Millimetern.

Insgesamt konnten die Unternehmen bei diesem Bauteil einiges erreichen: ein komplett optimiertes Design der internen Kühlkanäle, eine Reduzierung der Bauteile, eine Prozessvereinfachung und geringere Gesamtkosten.

Redakteurin Julia Dusold mit additiver Greiferlösung
  (Bild: PRODUKTION)

Die Autorin Julia Dusold ist Technik-Redakteurin bei mi connect. Sie beschäftigt sich mit verschiedenen Fertigungstechnologien, zum Beispiel der Zerspanung, der Lasertechnik und dem 3D-Druck. Außerdem in Julias Portfolio: Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie. Gemeinsam mit der Wirtschaftsredakteurin Anja Ringel produziert und moderiert sie den Interview-Podcast Industry Insights.

Vor ihrer Arbeit bei mi connect hat Julia zuerst Physik und dann Wissenskommunikation studiert. In ihrer Freizeit ist sie gerne am, im und auf dem Wasser unterwegs oder reist auf diverse Weisen in fiktive Welten.

Trumpf: Schubdüsen für Satelliten und Raumfähren

Mit 3D-Druckern von Trumpf fertigen Raumfahrtunternehmen Schubdüsen wie diese. Die Schubdüsen für Satelliten und Raumfähren sind besonders leicht und halten gleichzeitig extremen Bedingungen stand.
Mit 3D-Druckern von Trumpf fertigen Raumfahrtunternehmen Schubdüsen wie diese. Die Schubdüsen für Satelliten und Raumfähren sind besonders leicht und halten gleichzeitig extremen Bedingungen stand. (Bild: Trumpf)

Schubdüsen werden benötigt, um Satelliten in die gewünschte Position zu bringen, Landefähren sanft abzusetzen oder um die Flugrichtung von Raketen anzupassen. Das US-Unternehmen Agile Space Industries beziehungsweise dessen Tochter Agile Additive fertigt mit 3D-Druckern von Trumpf solche Schubdüsen. Und das besonders gewichts- und materialsparend.

In der Vergangenheit wurde beim Drehen, Fräsen und Bohren viel Material verschwendet: Manchmal wurden bis zu fünf Kilogramm Rohmaterial (häufig Niobium-Speziallegierungen) benötigt, um ein Bauteil von 500 Gramm herzustellen.

Dank der additiven Fertigung wird nun nahezu nur die Menge an Material verwendet, die auch benötigt wird. Dies bringt eine enorme Kosteneinsparung mit sich, denn die verarbeiteten Legierungen basierend auf Niobium kosten bis zu 1.600 US-Dollar pro Kilogramm.

Neben der Herstellung von Komponenten für die Raumfahrt gibt es noch weitere Beispiele, wie der 3D-Druck das Weltall erobert. Eines davon: das Projekt Moonrise des Laser Zentrum Hannover und der TU Berlin. Hier wird erforscht, wie eine Vor-Ort-Fertigung von Infrastruktur auf dem Mond funktionieren könnte – mithilfe additiver Fertigung.

Details zum Projekt lesen Sie hier: "LZH und TU Berlin bringen 3D-Druck auf den Mond".

Zukunftstechnologien verstehen!

Die Technik entwickelt sich so schnell weiter wie noch nie. Neue Technologien halten ständig Einzug in unserem Leben. Natürlich heißt das nicht, dass alte Technologien verschwinden werden, aber die Relevanz wird sich verschieben. Welche Technologien und Konzepte wichtiger werden, was der aktuelle Stand ist und worin Chancen für die Industrie liegen, lesen Sie in unserer Rubrik "Zukunftstechnologien" - hier entlang!

 

Einen Überblick über die relevantesten Zukunftstechnologien und deren industrielle Einsatzmöglichkeiten hat unsere Redakteurin Julia Dusold in diesem Kompendium für Sie zusammengefasst: "Das sind die wichtigsten Zukunftstechnologien".

 

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