Verbrennungsmotoren

Dicker Brummer: Dies ist der größte bei MAN Diesel & Turbo derzeit gebaute Gasmotor. Er hat die Dimension eines Lastkraftwagens und wiegt mehrere hundert Tonnen. Solche Motoren werden in großen Kreuzfahrtschiffen oder zur Stromerzeugung eingesetzt. Gebaut werden sie in Augsburg. (Bild: MAN Diesel Turbo&Power)

Seit einigen Jahren gibt es einen neuen Urlaubstrend: Kreuzfahrten in aller Welt sind angesagt. Mit der Kombination von Luxus auf dem Schiff und dem Reiz exotischer Städte haben die Reiseveranstalter voll in Schwarze getroffen. Fernweh und Erholungsbedürfnis werden gleichermaßen gestillt.

Dieser Boom sorgt dafür, dass die Schiffe immer größer werden. Ein Beispiel ist die ‚Harmony of the Seas‘: Sie bietet als derzeit größter Kreuzfahrer Platz für 6.360 Passagiere und ist 362 Meter lang. Für den technischen Laien ist es dabei die schiere Dimension, die beeindruckt.

1.000 Kilowatt für 500 Umdrehungen

Das Herz des Maschinenbauers schlägt indes höher, wenn es um die Motoren geht: Mehrere mittelschnelllaufende Viertaktmotoren mit einer Leistung von jeweils bis zu 16.800 Kilowatt sorgen für die Stromerzeugung und den nötigen Vortrieb. Jeder von ihnen wiegt mehrere Hundert Tonnen und hat die Dimensionen eines Lastkraftwagens. Ein einzelner Zylinder hat einen Hubraum von bis zu 123 Liter und eine Leistung von über 1 000 kW. Dabei liegt die Kraft in der Ruhe: Die Nenndrehzahl ist mit rund 500 Umdrehungen pro Minute eher beschaulich. Trotzdem würden Rudolf Diesel und Nicolaus Otto darüber staunen, was aus ihren Ideen mittlerweile geworden ist.

Gebaut werden solche Motoren bei MAN Diesel & Turbo in Augsburg. Das Betriebsgelände im Herzen der Stadt hat sich auf den ersten Blick den Charme aus den Gründerzeiten vor rund 175 Jahren erhalten. Doch der Schein trügt: Hinter den Backsteinmauern entstehen Jahr für Jahr rund 100 hochmoderne mittelschnelllaufende Viertaktmotoren. Genutzt werden sie in der Schifffahrt und als Aggregate zur Stromerzeugung.

Dabei verweist Alexander Knafl, Leiter der Abteilung Vorentwicklung und Abgasnachbehandlung, auf die großen Zukunftschancen der Motoren zur Stromerzeugung: „Durch den Siegeszug der erneuerbaren Energien kommt es zu Schwankungen im Stromnetz. Gasmotoren lassen sich innerhalb weniger Minuten hochfahren und können kurzfristige Schwankungen auffangen. Bei gleichzeitiger Nutzung der Abwärme lässt sich dabei ein Gesamtwirkungsgrad von über neunzig Prozent erzielen.“

Die Top 10 der Mega-Maschinen

Bagger
(Bild: H&C - stock.adobe.com)

Extreme faszinieren. Technik fasziniert. Extreme Technik fasziniert ganz besonders. Hier sind die Top 10 der Mega-Maschinen:

Das größte Containerschiff der Welt

Die größten Wasserstoffprojekte

Die größten Schwimmkrane

Die größten Werkzeugmaschinen

Die größten Fabriken

Die mächtigsten Lastwagen

Die größten Raupenkrane

Motoren in XXL

Die stärksten Roboter

MAN Diesel
Alles unter Kontrolle: Hier ein Blick in den Prüfstand für die Motoren. Etliche Sensoren erfassen Daten über das angesaugte Gemisch, den Verbrennungsprozess und die ausgestoßenen Abgase. (Bild: MAN Diesel Turbo & Power)

Sensoren für jedes Detail

Allerdings müssen auch diese Motoren so sauber wie möglich arbeiten und die entsprechende Forschung sieht Alexander Knafl als eine der Kernkompetenzen seines Unternehmens. Besonders stolz ist er daher auf den technisch ausgeklügelten Prüfstand zur Verbrennungsuntersuchung.

Dicht gedrängt geht es hier zu: Unzählige Sensoren erfassen jedes Detail von der Zuführung von Luft und Brennstoff über die eigentlichen Verbrennung bis hin zur genauen Analyse der Abgase. „Der mechanische Wirkungsgrad der Motoren liegt bei etwa fünfzig Prozent. Wir versuchen, den Wirkungsgrad und die Schadstoffemissionen durch die optimale Abgasturboaufladung und das ideale Verdichtungsverhältnis weiter zu optimieren“, erklärt Alexander Knafl.

Bilder aus dem Herz des Motors

Ein technisches Highlight ist dabei ein System, das Bilder des eigentlichen Verbrennungsvorgangs liefert und so detaillierte Analysen ermöglicht. Angesichts des hohen Reifegrads der Motoren dürften die Verbesserungen dennoch eher in kleinen Schritten kommen. Eine wichtige Stellschraube gibt es aber: Grundsätzlich können die Motoren mit Gas oder Schweröl betrieben werden. Dabei läuft die Verbrennung mit Gas deutlich sauberer und damit umweltschonender. Insbesondere im stationären Betrieb werden die Motoren daher mit Gas betrieben, wenn die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist.

MAN Diesel Turbo & Power
Vor einigen Jahren hat MAN Diesel & Turbo auf eine Fließmontage in sechs Takten umgestellt. Die Taktzeit beträgt zwei Tage. (Bild: MAN Diesel Turbo & Power)

Ein Jahr im Versuchsbetrieb

Der Umbau von schwerölbetriebenen Motoren auf den Gasbetrieb ist daher ein boomender Geschäftsbereich des Unternehmens.

Heute kann MAN Diesel & Turbo auch Motoren liefern, die mit beiden Treibstoffarten betrieben werden können. „Der Trend geht eindeutig in Richtung Gasbetrieb“, so Alexander Knafl.

Auch in der Schifffahrt werden die gesetzlichen Vorgaben immer strenger: Ab 2020 gelten neue Emissionsauflagen und der Einsatz von Schweröl als Treibstoff wird dann zumindest in Küstennähe nur mit aufwendigen Abgasnachbehandlungssystemen möglich sein.

Ein Gefühl für die gigantischen Kräfte im Inneren eines solchen Motors bekommt man in der weitläufigen Halle mit den Serienprüfständen. Hier wummern und dröhnen gleich mehrere Testmotoren im Akkord. Sie laufen im Versuchsbetrieb für ein Jahr und werden dann zerlegt und untersucht. Grundsätzlich wird jeder bestellte Motor vor Inbetriebnahme auf Herz und Nieren getestet. Dabei erfolgt der Probelauf von Motoren für die Schifffahrt vor der Auslieferung im Werk Augsburg; stationäre Motoren werden vor Ort beim Kunden eingestellt und abgenommen.

Mit Blick auf weitere Kernkompetenzen im Werk Augsburg verweist Alexander Knafl auf die eigene Gießerei – die größte außerhalb des Ruhrgebiets – sowie die Turboladerfertigung und Produktion der Einspritzsysteme

MAN Diesel Turbo & Power
Viel Handarbeit: Die Fertigung der riesigen Motoren lässt sich wegen der kleinen Losgrößen und der unhandlichen Bauteile kaum automatisieren. Deshalb sind handwerkliches Geschick und Know-how der Monteure besonders wichtig. (Bild: MAN Diesel Turbo & Power)

Kurbelwelle: 35 Tonnen

Als ein gigantisches Puzzle kann die Aufgabe von Josef Fischer treffend beschrieben werden: Als Montageleiter ist er für den korrekten Zusammenbau der aus rund 22.000 Bauteilen bestehenden Motoren verantwortlich. Das Bauteilspektrum reicht dabei von der bis zu 35 Tonnen schweren Kurbelwelle über Rohrleitungen für das Kühlmedium bis hin zu Kleinteilen. Im Jahr 2009 hat das Werk auf Fließmontage in sechs Takten und eine Taktzeit von zwei Tagen umgestellt.

Stolz berichtet Josef Fischer, dass in der Montage ausschließlich Facharbeiter beschäftigt sind, von denen 90 Prozent ihre Ausbildung im Werk absolviert haben. „Von der Lehre bis zur Rente bei MAN Diesel & Turbo ist bei uns keine Ausnahme, sondern die Regel“, so Josef Fischer.

Im Schulungszentrum macht ein aufgeschnittener Motor die Dimensionen der Bauteile deut­lich: Kolben von der Größe eines Wäschekorbes mit Ventilen in Tellergröße sind hier die Regel. Sie laufen viele tausend Stunden, bevor die erste große Wartung eines solchen Motors ansteht. Dabei sind die Motoren so aufgebaut, dass sie beispielsweise im Innern des Schiffsrumpfes gewartet werden können.

Ungeplante Ausfälle gibt es dabei so gut wie nie.Trotzdem sollten die Kunden die Wartungsintervalle einhalten. Anschauungsobjekte im Schulungszentrum zeigen eindrücklich, was bei nachlässiger Wartung passieren kann: Ein abgerissenes Ventil zertrümmert das Kolbendach ohne Weiteres und etliche Zentimeter starke Pleuel werden wie Gummi gebogen.

Video: MAN Diesel & Turbo Company Movie

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