
In der Smart Factory werden alle Maschinen und Roboter digital gesteuert. Neu ist, dass sie künftig auch noch auf einem intelligenten Boden stehen werden. - (Bild: Pugun & Photo Studio - stock.adobe.com)
Die Digitalisierung in der Industrie 4.0 wird Maschinenbau- und Anlagenbau sowie Automobilindustrie völlig verändern. Herzstück der Industrie 4.0 ist die Smart Factory, also die intelligente und vernetzte Fabrik. Die wird aus zahlreichen Komponenten aufgebaut. „Erst wenn eine Prozesskette durchgängig optimiert ist, kann die Smart Factory ihre Intelligenz voll ausspielen“, sagt Luz G. Mauch, SVP Automotive & Manufacturing Industry bei T-Systems.
In der Industrie 4.0 gehe es nicht nur um effizientere Abläufe in der Lieferkette, Produktion und Logistik. "Wir bewegen uns weg von der industriellen Massenfertigung hin zu einer kundenindividuellen Produktion", so Mauch. Künftig richte sich die gesamte industrielle Wertschöpfung an den Konsumentenwünschen aus und die Digitalisierung erfasse dabei sämtliche Bereiche eines Unternehmens.
Die intelligente Fabrik denkt und lenkt
In der Smart Factory organisieren sich autonome Logistiksysteme und automatisierte Fertigungsanlagen sowie cyber-physische Systeme selbst. Dazu zählen unter anderem fahrerlose Transportsysteme, Drohnen, lernende Maschinen, Sensoren und Kameras und natürlich IT-Systeme, die Prozesse steuern. Hinzu kommt nun auch noch der 'intelligente Boden', eine neue Technologie der Unternehmen Bosch Rexroth und Weidmüller.
Nachfolgend Beispiele verschiedenster Unternehmen aus der Smart Factory, für die Industrie 4.0 keine Vision ist und die in ihrer Fertigung bereits digitale, smarte Systeme einsetzen. Sie zeigen die aktuellen Bestandteile der Smart Factory auf.
Was sind die wichtigsten Bestandteile der Smart Factory?
1. Mobilfunkstandard 5G
Der Mobilfunkstandard 5G soll in der Produktion smarter Fabriken Einzug halten, denn er dient der intelligenten Vernetzung. Dazu erklärt Rolf Najork von Bosch Rexroth: „In der Fabrik der Zukunft interagieren Sensoren, Maschinen, Geräte und IT-Systeme miteinander. Dazu müssen sie eine Vielzahl von Daten und Informationen austauschen.
Produktionssysteme in der Industrie perfekt koordiniert
Der Standard 5G verzehnfacht die Datenübertragungsrate im Mobilfunknetz auf mehr als zehn Gigabit pro Sekunde. Durch erheblich niedrigere Latenzzeiten ermöglicht 5G Maschinenkommunikation in Echtzeit – eine Voraussetzung für die Koordination von Maschinen und Abläufen in der Fabrikautomation. Damit ist 5G eine drahtlose Vernetzungstechnologie, die selbst für kritische industrielle Anwendungen geeignet ist.“
Drahtlose Kommunikation notwendig
Dr. Andreas Müller, Vorsitzender der globalen Initiative ‚5G Alliance for Connected Industries and Automation‘ (5G-ACIA): "Zwingend notwendig ist eine leistungsfähige drahtlose Kommunikation beispielsweise für die Vernetzung von mobilen Endgeräten. Hierzu gehören neben fahrerlosen Transportsystemen und mobilen Robotern auch mobile Bediengeräte und neue Mensch-Maschine-Schnittstellen, wie zum Beispiel Anwendungen der erweiterten Realität. Zudem ermöglicht 5G aber auch ganz neue Fertigungskonzepte mittels drahtlos vernetzter, hochflexibler Produktionsmodule, die ohne Verkabelungsaufwand einfach miteinander kombiniert werden können.“
Auch wenn 5G als Allheilmittel für die Industrie 4.0 erscheint, so hat die kabelgebundene Industriekommunikation immer noch ihre Berechtigung.
Weitere Informationen über 5G

Fünf Experten erklären, warum 5G die Kommunikation in Smart Factories voranbringt. Es geht um niedrige Latenzzeiten, geringeren Energiebedarf für Batterien, anspruchsvollere industrielle Anwendungen, das Prozessmonitoring und schnelleres Rekonfigurieren von Maschinen. Lesen Sie dazu diesen Beitrag.
2. Big Data
In der intelligenten Fabrik fallen auch Unmengen von Daten an, die es zu nutzen gilt. Smarte Informationen aus Fabrik und Fertigung sozusagen. Dazu ein Beispiel: Grenzebach hat das robotergestützte Ruhrreibschweisen entwickelt, das weltweit in der Serienfertigung in verschiedenen High-Tech-Branchen zum Einsatz kommt. Entscheidend für die Werkstück- und Prozessqualität sind die Kontrolle und Analyse der FSW-Prozessdaten sowie der Soll- und Ist-Positionsdaten des Roboters.
Cyber-physische Systeme auf dem Vormarsch
Dazu werden 20 und mehr Prozessvariablen aus der Robotersteuerung wie beispielsweise Schweißparameter und Positionsdaten des Werkzeuges bis zu 1000 Mal in der Sekunde aufgezeichnet. Der Big Data Client liest diese Datendirekt vom Echtzeit-Feldbus mit und leitet sie an die private-cloud- oder public-cloud-basierte Industrie-4.0-Lösung SAP Machine Manufacturing Analytics weiter.
Anschließend werden diese bisher verborgenen Daten in Echtzeit-Informationen gewandelt, analysiert und visualisiert. Sie unterstützen das heutige Prozesswissen des Anwenders und versetzen ihn in die Lage, die Gesamtanlageneffektivität zu verbessern und somit seine Produktionskosten zu reduzieren.
Weitere Informationen über Big Data

Big Data Analytics in der Fertigungsindustrie: SAP, Cisco und Grenzebach zeigen am Beispiel des robotergestützten Ruhrreibschweisens wie Fertigungsprozesse mit Hilfe der cloud-basierten Lösung SAP Machine Manufacturing Analytics und dem Big Data Client von Cisco in Echtzeit analysiert werden. Lesen Sie dazu diesen Artikel.
3. Cloud Computing
In der schlauen Fabrik hat sich Cloud Computing innerhalb weniger Jahre zur Basis-Technologie der Digitalisierung entwickelt. Es bezeichnet aus Sicht der Anwender die bedarfsgerechte Nutzung von IT-Leistungen wie beispielsweise Software, Speicherplatz oder Rechenleistung über Datennetze. Das Datennetz kann ein unternehmens- beziehungsweise organisationsinternes Intranet (Private Cloud Computing) oder das öffentliche Internet (Public Cloud Computing) sein.
Edge Computing wiederum bietet Vorteile gegenüber der Public Cloud. Die Daten, um die es hier geht, fallen vor Ort an, an der Maschine, in der Werkshalle. In den meisten Szenarien müssen sie in Echtzeit überwacht und ausgewertet werden. Warum soll man sie dafür erst in die Public Cloud schaffen – allen Latenzzeiten und möglichen Übertragungsunterbrechungen zum Trotz? So sehen das zumindest die Befürworter des Edge Computing.
Weitere Informationen über Cloud Computing

Warum IT-Leistungen über Datennetze enorme Vorteile bieten soll und Cloud Computing die betrieblichen Prozesse effizienter machen soll und sogar die Entwicklung neuer, digitaler Geschäftsmodelle ermöglichen soll, lesen Sie hier.
4. Security in der Smart Factory
In smarten Fabriken steigt die Zahl an vernetzten IoT-Geräten. Damit steigt auch die Chance für Hacker via Internet die IT der Fabrik lahmzulegen und die Produktionsprozesse durcheinander zu bringen. Axel Simon, Chief Technologist bei HPE Aruba. „Denn auch autonome Systeme oder Drohnen kommen in einer smarten Produktion zum Einsatz und das muss alles abgesichert werden.“ Der Grund dafür ist die steigende Anzahl von IT-Komponenten in einer smart Factory. Das schafft laut Simon neue Angriffsflächen, die Cyberkriminelle ausnutzen können.
Internet of Things in der Produktionsumgebung
Vor allem im Rahmen von Industrie 4.0, wo die Kommunikation zwischen den Endgeräten sehr viel direkter abläuft. „Das Industrial Internet of Things wird aus einer sehr viel größeren Anzahl von Endgeräten bestehen, als dies bei den heute gebräuchlichen Automatisierungslösungen der Fall ist“, erläutert Stefan Stölzle, Projektleiter IoT-T bei Audi.
Eine Betreuung einzelner Geräte auf physischer Ebene werde dann nicht mehr möglich sein. Vielmehr müsse man sich die Geräte als Schwarm in einem sich selbst verwaltenden Netz vorstellen. Unternehmen aus der Automobil- und Luftfahrtindustrie können Fertigungsanlagen so sicher betreiben - siehe dazu nachfolgenden Kasten.
Weitere Informationen über Security in der Smart Factory

In smarten Fabriken steigt die Zahl an vernetzten IoT-Geräten. Wo sich die vier größten Sicherheitsrisiken im IoT verbergen und wie Sie dennoch für Security sorgen, damit sie auch in Zukunft noch sicher produzieren, lesen Sie hier.
5. Smart/Predictive Maintenance
Christian Liedtke von Kuka beschreibt, wie sich Kosteneinsparungen mit der Digitalisierung erzielen ließen - am Beispiel von Predictive Maintenance. "Blicken wir auf die Reduzierung der absoluten Kosten, so kommt hier relativ schnell die Implementierung von Predictive Maintenance ins Spiel.
Damit können sowohl Material-, Lohn- als auch Folgekosten deutlich reduziert werden. Dazu wird eine Beurteilung des Zustands von Komponenten vorgenommen, aufgrund dessen Instandhaltungsmaßnahmen nur bedarfsbezogen zu einem optimalen, vorgeplanten Zeitpunkt durchgeführt werden."
Cyber-physische Systeme in der intelligenten Fabrik
Seien Instandhaltungsmaßnahmen erforderlich, müsse eine Maschine aus der Produktion genommen werden und könne kein Geld erwirtschaften. "Spare ich mir solche geplanten oder auch ungeplanten Stillstandszeiten, erreiche ich sofort eine Kostenreduktion. Eine vorausschauende Planung von den gerade erwähnten Aktionen ist dabei essenziell. Die Digitalisierung erlaubt es aus Sicht einer einzelnen Maschine, in die Zukunft zu schauen. Maschinensteuerung erfolgt in der Regel immer zustandsbezogen", erklärt Liedtke.
Weitere Informationen über Smart/Predictive Maintenance

Ob ungeplante Stillstände reduzieren, Ausfallzeiten an mobilen Maschinen verringern oder Roboter-Schweißanlagen online überwachen - Vorteile der Smart/Predictive Maintenance in der Smart Factory und wie Sie dabei Geld sparen können lesen Sie in diesem Beitrag.
6. Intralogistik
RFID-Chips und Sensoren sind in der Industrie 4.0 ein wichtiger Bestandteil zur Identifikation von Gütern. Die Güter werden immer häufiger von fahrerlosen Transportsystemen (agv) oder gar Drohnen effizient zu Montage- und Fertigungsanlagen transportiert. Menschliche Eingriffe werden immer seltener, die Kategorie der Videos, Chips, QR-Codes et cetera immer wichtiger und machen die Logistik auch effizienter.
Ob C-Teile-Management, Flurförderfahrzeug oder Lagertechnik. Im Materialfluss setzen die Intralogistiker in der Produktionslogistik auf Digitalisierung, Industrie 4.0 und Automatisierung. Dazu ein Beispiel - der von Würth und dem Fraunhofer IML gemeinsam entwickelte iButton. Bei diesem smarten Taster handele es sich um ein autonomes cyberphysisches System.
Institutsleiter Michael ten Hompel: „Der Taster enthält eine Plattform, das ist ein Mikrocontroller, der eine standardisierte Umgebung schafft, in der man ein Programm ablaufen lassen kann. Er verbindet sich mit dem Würth AppStore und lädt von dort Programme. Das funktioniert wie bei einem Smartphone – eben aufgrund der standardisierten Umgebung in der Industrie."
Lean Factory entsteht durch das Internet der Dinge
Der Button könne seine Funktionalität während der Laufzeit ändern und er könne auch identifiziert werden. "Ich kann durch Drücken auf den Taster zum Beispiel Nachschub ordern. Wenn ich dem Taster sage, wo er platziert ist – er kommuniziert über Bluetooth mit meinem Smartphone – kann ich mich vor diesem dezidierten Taster lokalisieren und weiß, dass ich vor dem richtigen Regal stehe und habe Zugriffsicherheit. Umgekehrt weiß der Taster, wer vor ihm steht. Weiterhin ist der Taster programmiert und entscheidet, was ich darf oder was passiert, wenn ich auf ihn drücke", so ten Hompel.
Weitere Informationen über die Intralogistik

Warum die Intralogistik selbst auf Digitalisierung und Industrie 4.0 setzt und welche Rolle sie in der Smart Factory spielt, lesen Sie in diesem Artikel.
7. Intelligenter Boden
Eine ganz neue Technologie für die Unternehmen nicht nur in der Industrie bietet der 'intelligente Boden'. Denn in der intelligenten Fabrik der Zukunft ist nur eines unverrückbar: das Gebäude selbst. Alle Maschinen und Systeme sind mobil und modular, jederzeit lassen sich Produktionslinien hinzufügen oder erweitern. Möglich macht das der intelligente Boden. Bosch Rexroth und Weidmüller arbeiten an einem Bodensystem, das Geräte und Maschinen erkennt und verwaltet, Daten mit ihnen austauscht und sie mit Strom, Medien und mehr versorgt.
Vision von der elektronischen Hundeleine
"Wir haben festgestellt, dass die Produktion wesentlich einfacher und reibungsloser funktioniert, wenn mehr Intelligenz aus den Geräten und Maschinen in den Boden verlagert wird, auf dem sie stehen. So können etwa die AGVs auf komplexe Ortungssysteme, große Akkus und leistungsstarke Computer verzichten – sie benötigen lediglich eine Steuereinheit. Dank dieser können sie in einem dynamischen Spursystem aus integrierten LEDs navigieren und werden wie an einer 'elektronischen Hundeleine' geführt. Ihre Antriebsenergie beziehen die AGVs von kontaktlosen Energieübertragungseinheiten im Boden", erklärt Javier Stillig von Bosch Rexroth.
"Das System ist als Doppelboden angelegt: Dieser bietet nicht nur Raum für die Verkabelung der Steuereinheiten, sondern auch für die Versorgung mit Kühlwasser, Druckluft oder Schmierstoffen", erklärt Christian Deppermann von Weidmüller.
Die komplette Info über den intelligenten Boden
Sie wollen mehr über den intelligenten Boden erfahren? Warum er beispielsweise auch eine Wiegefunktion beinhaltet. Oder über eine redundante Energieversorgung verfügt. Dann lesen Sie diesen Beitrag in unserem Schwesterportal KE next.

Vernetzte Informationen in der Fertigung
Auch wenn es noch kein 'virtuelles Management' gibt - der Begriff Smart Factory ist auch für das Management längst keine Vision mehr und viele virtuelle Systeme haben Einzug in die Smart Factory gehalten. Der 'Digital Twin' ist ebenfalls ein Bestandteil von Industrie 4.0 - und hält die reale und digitale Welt synchron.
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