
LNG ist unter hohem Druck verflüssigtes Erdgas, kann per Schiff transportiert werden und soll Ausfälle herkömmlichen Gases abfedern. (Bild: aerial-drone - stock.adobe.com (Symbolbild))
Deutschlands erstes Terminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) zum Ersatz russischer Pipeline-Lieferungen in Wilhelmshaven darf ab sofort gebaut werden.
Das Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg genehmigte das Projekt nach Angaben des Energiekonzerns Uniper vom Montag. Die Behörde erklärte, sie habe am Freitag die Zulassung für den vorzeitigen Beginn der Arbeiten auf dem Anleger und an Land erteilt. Uniper-Manager Holger Kreetz und Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies sagten der Deutschen Presse-Agentur, dank des hohen Tempos könne jetzt mit der Installation der ersten Anlagen der zunächst schwimmenden LNG-Anlandestelle gestartet werden.
Uniper peilt an, das Terminal ab dem Winter betreiben zu können. Die Landesregierung spricht vom 21. Dezember als Zieldatum. Konzernchef Klaus-Dieter Maubach verwies auf die Bedeutung des Projekts für die Gasversorgung. Es wird befürchtet, dass Russland die bereits reduzierten Verkäufe auch in die Bundesrepublik weiter drosseln oder einstellen könnte. LNG ist unter hohem Druck verflüssigtes Erdgas, kann per Schiff transportiert werden und soll Ausfälle herkömmlichen Gases abfedern.
7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Jahr
Normalerweise dauern Vorhaben dieser Größenordnung in der Antragstellung und Genehmigung deutlich länger - bei Stromtrassen oder neuen Windrädern führen Kritiker dies als einen Grund für die mitunter verzögerte Umsetzung an. Maubach sagte, die im Fall Wilhelmshavens erzielte Geschwindigkeit sei nicht selbstverständlich. "Vor allem zeigt es, was möglich ist, wenn die Gesellschaft, Industrie und Politik an einem Strang ziehen."
Über das Terminal sollen bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Jahr umgeschlagen werden. Das entspräche etwa 8,5 Prozent des aktuellen deutschen Gasbedarfs. Der erste Rammschlag war am 5. Mai. Weitere Anlagen sollen in Stade bei Hamburg sowie im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel entstehen. "Wir sind sehr froh, dass es nun auch sichtbar losgeht", sagte Lies.
Umweltverbände äußerten große Bedenken. Sie befürchten, dass es angesichts des Zeitdrucks bei ökologischen Prüfungen nicht die notwendigen Gründlichkeit geben könnte. Die Deutsche Umwelthilfe hatte bemängelt, der präzise Umfang des Bedarfs an LNG-Terminals sei nicht genügend nachgewiesen. Sie sprach von einem "klimapolitischen Blindflug".
Lies versicherte, mehr Geschwindigkeit bedeute nicht weniger Genauigkeit: "Wir sind gehalten, das alles zu prüfen, und auch sehr sorgfältig. Diese Vorgaben haben wir vor dem vorzeitigen Baubeginn gemacht, und natürlich wird entlang dem Naturschutzrecht gehandelt."
Die Aufteilung des Verfahrens in Einzelschritte spare Zeit - was bei einigen Umweltschützern aber auch Argwohn auslöste. Lies betonte, die Öffentlichkeit sei angemessen beteiligt worden. Die Planungsunterlagen seien ausgelegt. Im Fall kritischer Stellungnahmen oder Klagen müssten die Behörden reagieren. Auch Uniper erklärte, alle vorgeschrieben Prüfungen würden eingehalten.
Dramatische Monate
Deutschland versucht, so schnell wie möglich unabhängig von russischer Energie zu werden. So leitet der Staatskonzern Gazprom durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 bereits weniger Gas als üblich.
SPD-Chef Lars Klingbeil warnte vor drastischen Folgen für den Industriestandort Deutschland, sollte der russische Präsident Wladimir Putin die Pipeline dauerhaft abschalten. "Wir stehen vor dramatischen Monaten", sagte Klingbeil in einem Interview von RTL und ntv. Am 11. Juli starten mehrtägige Wartungsarbeiten an Nord Stream 1. Die deutsche Politik fürchtet, dass die Lieferungen danach nicht mehr aufgenommen werden.
Ukraine-Krieg: Alle wichtigen Informationen für die Industrie

Der Ukraine-Krieg hat die Welt verändert und hat auch Auswirkungen auf die deutsche Industrie und Wirtschaft. Hier finden Sie weitere Informationen:
- In unserem Live-Ticker berichten wir aktuell über die Folgen für die Wirtschaft. Zum Live-Ticker geht es hier.
- Welche Sanktionen wurden gegen Russland beschlossen? Einen Überblick geben wir hier und hier.
- Die Sanktionen gegen Russland haben nicht nur im Land selbst Effekte, sondern auch in anderen Ländern. Welche das sind, erfahren Sie hier.
- Eine der wichtigsten Sanktionen ist der Ausschluss aus Swift. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu gibt es hier.
- Alle Hintergründe zum Notfallplan Gas und was er für die Industrie bedeutet, haben wir hier zusammengefasst.
- Welche Oligarchen mit Industrie-Bezug auf der Sanktionsliste stehen, erfahren Sie hier.
- Welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf die deutsche Industrie? Wie Leoni in der Ukraine agiert erfahren Sie hier und wie es mit dem Zeppelin-Geschäft in Russland weitergeht, lesen Sie in diesem Artikel.
- Viele Firmen haben ihre geschäftlichen Aktivitäten in Russland gestoppt. Einen Überblick gibt es hier.
- Drohen durch den Ukraine-Krieg Cyberangriffe auf deutsche Maschinenbauer? Zwei Experten erklären die Gefahrenlage.
Sie möchten gerne weiterlesen?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos:
Sie sind bereits registriert?
Hier anmeldenAktuelle Beiträge

Technik für die Spiele '72 - So modern waren wir nie wieder
Vor 50 Jahren waren die Olympischen Spiele in München das erste globale Sport-Medienereignis. Ohne Technik von Siemens wäre das nicht möglich gewesen. Der Elektronikkonzern stattete die Spiele mit einem eigenen Internet und einen „Touchscreen“ aus.Weiterlesen...

Unternehmen können Cyberrisiken nicht bewerten
Unternehmen können nicht einschätzen, wie hoch ihr Cyberriskio ist. Das hat eine Studie von Trend Micro ergeben. Das erhöht die Gefahr einer Attacke massiv.Weiterlesen...

Wirtschaftliche Entkoppelung von Autokraten-Staaten kostet Wohlstand
Eine weitgehende wirtschaftliche Abkoppelung von autokratischen Staaten wie China würde hohe Kosten mit sich bringen, so eine Studie des Ifo.Weiterlesen...

Zweistelliges Wachstum: Elektroindustrie verbucht Auftragsplus
Der ZVEI hat seine Halbjahreszahlen bekannt gegeben: Trotz Materialknappheit legt die Produktion zu, die Aufträge steigen ebenfalls.Weiterlesen...

Über die Kreislaufwirtschaft im Maschinenbau und Autoindustrie
Nur wenn die Autobauer mehr Informationen über ihre Produktionsprozesse mit ihren Zulieferern aus dem Maschinenbau teilen, wird der Aufbau der Kreislaufwirtschaft gelingen. Die Hintergründe.Weiterlesen...
Diskutieren Sie mit