Der Gaspreis in Europa schießt weiter in die Höhe und verschärft die Sorgen in der Wirtschaft. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte wegen der hohen Energiepreise schnelle Entlastungen für Unternehmen. Er schlug eine Senkung der Energiesteuer auf den Gasverbrauch vor.
Der Gaspreis in Europa stieg am Montag noch einmal kräftig - in der Spitze um 18 Prozent bis auf 292,50 Euro pro Megawattstunde. Das wurde am Markt mit der Ankündigung einer neuerlichen Unterbrechung der russischen Gaslieferungen nach Europa durch die Pipeline Nord Stream 1 erklärt. Die Bundesbank hält es wegen der ungünstigen Entwicklungen am Gasmarkt für wahrscheinlich, dass die Wirtschaftsleistung in Deutschland im Winterhalbjahr sinkt.
Die Diskussion über eine Kostenentlastung auch für die Wirtschaft ging weiter. DIHK-Präsident Peter Adrian sagte der Deutschen Presse-Agentur, die geplante Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas sei "für die Unternehmen in der Regel wirkungslos, weil es in ihren Büchern ein durchlaufender Posten ist. Stattdessen wäre eine dauerhafte Senkung der Energiesteuer auf den Gasverbrauch der Betriebe auf das europäische Mindestniveau eine einfache und schnell wirkende Entlastung."
Das wichtige Preissignal für den effizienten Gasverbrauch würde dadurch angesichts der dramatischen Preissteigerungen der letzten Monate nicht beeinträchtigt. "Angesichts der stark gestiegenen Gaspreise haben aber insbesondere energieintensive Unternehmen ihre Einsparmöglichkeiten ohnehin bereits ausgeschöpft", so Adrian.
Die Bundesbank rechnet derweil mit einer schrumpfenden Wirtschaft und zweistelliger Inflation. "Die hohe Unsicherheit über die Gasversorgung im kommenden Winter und die starken Preissteigerungen dürften die privaten Haushalte und Unternehmen deutlich belasten", hieß es im jüngsten Monatsbericht. Inzwischen geht die Notenbank davon aus, dass die Inflationsrate in Deutschland im Herbst "eine Größenordnung von zehn Prozent" erreichen könnte.
Die Bundesregierung will wegen der rapide gestiegenen Gaspreise für einen befristeten Zeitraum die Mehrwertsteuer auf Erdgas senken. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent soll so lange gelten, wie die staatliche Gasumlage erhoben wird, also bis Ende März 2024.
Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland erwarten durch die Senkung keine negative Wirkung auf die Bemühungen, weniger Gas zu verbrauchen. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov gaben 63 Prozent der Befragten an, sie glaubten nicht, dass mit der Steuersenkung der Anreiz zum Gassparen verringert werde. 24 Prozent hingegen erwarten einen solchen Effekt.
Diese Gasumlage wird im Oktober eingeführt und beträgt zunächst 2,4 Cent je Kilowattstunde. Mit ihr sollen erhöhte Beschaffungskosten von Großimporteuren für fehlende Lieferungen aus Russland ausgeglichen werden, um die Unternehmen vor der Pleite zu bewahren. Mit zwei weiteren Umlagen für die Netzsteuerung (Regelenergie) und die Gasspeicher sind insgesamt 3,26 Cent pro Kilowattstunde zu zahlen, inklusive sieben Prozent Mehrwertsteuer.
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Das Unternehmen Trading Hub Europe, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber, veröffentlichte am Montag eine vollständige Liste mit den Firmen, die Ausgleichsansprüche für die Gasumlage angemeldet haben. Darauf steht auch die RWE-Energiehandelsgesellschaft Supply und Trading GmbH, obwohl RWE-Vorstandschef Markus Krebber angekündigt hatte, auf eine Inanspruchnahme dieser Umlage zu verzichten.
RWE erklärte dazu: "Ja, wir sind dort formal gelistet, haben aber keinen finanziellen Schaden dort gemeldet beziehungsweise geltend gemacht. Wir tragen wie bekannt die Verluste selber." Eine Sprecherin sagte der dpa, dass mit der Registrierung formal ein Rechtsanspruch bestehe. "Diesen wird das Unternehmen jedoch nicht geltend machen. RWE plant auch keine Geltendmachung in der Zukunft", betonte sie.
Ein Großteil der Umlage zur Rettung von Gasimporteuren entfällt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auf zwei Unternehmen. Über 90 Prozent der 34 Milliarden Euro, die für die Gasumlage bis April 2024 anfallen, geht demnach an zwei Gashandelspartner mit Russland, wie die dpa am Montag erfuhr: Uniper und die bisherige Gazprom Germania. Uniper hatte in der vergangenen Woche erklärt, mehr als 50 Prozent der Umlage zu erhalten, allerdings ohne eine genaue Summe zu nennen. Dem Vernehmen nach sollen es etwa zwei Drittel sein. Weitere etwa 25 Prozent gehen demnach an Sefe (vormals Gazprom Germania) sowie deren Hauptvertragspartner Wingas und VNG.