Reinhold Festge

Ein Preis für „deutlich mehr als normale Tüchtigkeit“ - Reinhold Festge freut sich über die Auszeichnung. - (Bild: Anna McMaster)

Der studierte Mediziner und Betriebswirtschaftler Reinhold Wilhelm Festge leitete beim Drahtgewebe- und Industriemaschinenhersteller Haver & Boecker aus Oelde in den achtziger Jahren zunächst die Tochter in Brasilien und dann das US-Geschäft. Ab 1987 führte er die gesamte Gruppe als geschäftsführender Gesellschafter. Unter Festges Ägide baute das Unternehmen seine Internationalisierung erfolgreich aus: Heute erwirtschaften rund 3000 Mitarbeiter, 50 Tochterunternehmen und 150 Vertretungen weltweit 473 Millionen Euro Umsatz.

Zudem gründete Reinhold Festge auch ein erfolgreiches Medizintechnikunternehmen und brachte das Druckereiunternehmen seiner Eltern voran. Lange Jahre agierte er in ehrenamtlicher Tätigkeit als Vorsitzender des VDMA und als Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Doch wie auch bei anderen Preisträgern zuvor würdigte die Jury vor allem sein lebenslanges, ganz außerordentliches Engagement – zum Beispiel seinen leidenschaftlichen Einsatz für den afrikanischen Kontinent. 2016 rief Reinhold Festge das „Ausbildungsprojekt Afrika“ für die Länder Botswana, Kenia und Nigeria ins Leben. Der VDMA als Träger fördert hier vor Ort junge afrikanische Maschinenbau-Fachkräfte. In 2018 eröffnete der Preisträger in Anwesenheit von Bundespräsident Frank Steinmeier das Ausbildungszentrum des VDMA in Botsuana mit.

Video: Reinhold Festge erhält Preis Deutscher Maschinenbau

Reinhold Feste erhält von PRODUKTION den Preis Deutscher Maschinenbau für seine Lebensleistung. Verliehen wurde die Auszeichnung im Rahmen des gesellschaftlichen Abends des 12. Deutschen Maschinenbau-Gipfels, die unter der 2G-Regel in Berlin stattfand. - Video: Ecki Diehl

Bei der feierlichen Abendveranstaltung des VDMA im alten Stadtbad Oderberger Straße lobte Claus Wilk, Chefredakteur der PRODUKTION und Laudator, die Geradlinigkeit des gebürtigen Westfalen ebenso wie seine Tatkraft: „Herr Dr. Festge, Sie haben selbst gesagt, dass Sie auf ihren Reisen viel Elend kennengelernt haben. Was wir an Ihnen schätzen ist, dass Sie auf Ihre eigene Art und Weise, unspektakulär und pragmatisch, Hebel in Bewegung setzen, um Missstände zu lindern. Sie reden nicht nur drüber – Sie packen an!“.

Vom Arzt zum Unternehmer

Fast wäre der junge Reinhold Festge, nachdem sich sein Ruf als Mediziner herumsprach, Fußballvereinsarzt beim FC-Bayern geworden. Doch hatte er zuvor dem Vater seiner Frau, geborene Haver, versprochen, ins Unternehmen einzusteigen. Dafür studierte er noch schnell Betriebswirtschaft als Grundlage. Einer der Lieblingssprüche des Mannes, „dessen Tage über mehr als 50 Jahre scheinbar 48 statt 24 Stunden zählten“, lautet: „Der einzige Rohstoff, den wir nutzen können, liegt zwischen unseren Ohren“.

Moderatorin Ursula Heller fragte den sichtlich gerührten Reinhold Festge nach der Bekanntgabe, ob er denn eine Vermutung gehabt hätte, dass er für den Preis ausgewählt werden könnte. Doch auch diesmal haben das Team und alle, die für die Organisation eingeweiht waren, vorbildlich „dicht gehalten“. „Gegen meine eigene Vermutung muss ich heute feststellen, dass meine Frau den Mund halten kann“, scherzte Festge. Was bei der Ampelkoalition gelinge, klappe natürlich auch bei ihnen, fügte Susanne Festge an.

Dann bedankte sich der Preisträger herzlich. Er habe wirklich nichts geahnt und sei erstaunt, was sein Laudator alles erfahren habe. Eines habe aber gefehlt: „Aus meinem Leben hab ich kämpfen gelernt. Das fing an, als ich 16 war und meine Frau 15 und sie meinen ersten Heiratsantrag ablehnte. Jetzt sind wir 51 Jahre verheiratet“, erzählte Festge. Dann kam er noch auf ein wichtiges Anliegen zu sprechen:„Ich möchte noch einen Punkt erwähnen, der kam heute in den Diskussionen ein bisschen kurz: Wir werden als Mittelständler unsere Position nur dann verteidigen können, wenn wir gut ausgebildetes Personal haben – und wenn wir auch gute ausgebildete Kunden haben“, so Reinhold Festge. Er ist überzeugt: „Wir müssen uns Märkte in Afrika aufbauen und das können wir am besten, indem wir Leute in Afrika schulen“.

Die 340 Gäste, die meisten davon Unternehmerinnen und Unternehmer, forderte Festge auf, sich im Schulterschluss zu bewegen und die Chancen, die uns die Zukunft bietet, zusammen anzugehen. „Ich bedanke ich mich und hoffe, dass wir alle in Zukunft noch genug zu produzieren haben“, schloss der Preisträger.

Alles Wichtige zum Maschinenbau-Gipfel 2021

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