Wenn ich Monat für Monat die aktuelle Ausgabe der 'Produktion' durchgehe, bin ich jedes Mal aufs Neue fasziniert davon, welche großartigen technischen Entwicklungen es gibt. Wieviel Mühe und Gedanken sich gemacht werden, um bestimmte technische Funktionen immer weiter zu verbessern. Es wird kein Aufwand gescheut, neue Lösungen für Herausforderungen der produzierenden Industrie zu finden.
Wie kommt es, dass für uns technische Entwicklungen so logisch sind, sogar allen klar ist, dass es absurd wäre, sie nicht in Angriff zu nehmen, wir uns aber auf der anderen Seite so schwertun, unserer Art der Arbeit, der Zusammenarbeit und dem Menschen darin eine Weiterentwicklung zuzugestehen?
Wir wissen heute so viel über das menschliche Gehirn, neurologische Vorgehensweisen und psychologische Muster wie nie zuvor. Dieses Wissen gibt uns so viele Möglichkeiten uns als Menschen, als Führungskräfte, als Mitarbeiter und als Kollegin zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Besser miteinander umzugehen, schneller und nachhaltiger zu lernen, gesünder zu bleiben und uns weniger kränken zu lassen. Und doch sind diese Themen für viele etwas, was als unnötig abgetan wird.
Mehr über Viktoria Schütz
Viktoria Schütz ist geschäftsführende Gesellschafterin der Deguma-Schütz GmbH. Sie leitet das Familienunternehmen seit 2019 in zweiter Generation. Davor arbeitete sie unter anderem bei Zalando und Bionade. Schütz studierte Global Management in Bremen, São Paulo und Shanghai sowie Marketing-Management an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.
Schütz setzt sich sehr für das Thema New Work ein und hat bei sich im Unternehmen die Vier-Tage-Woche eingeführt.
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Die Arbeitszeit wurde an die Laufzeiten der Maschinen angepasst
Ich habe oft den Eindruck, dass die Art, wie wir in den letzten 100 Jahren gearbeitet haben, als Natur gegeben verteidigt wird. Dabei ist sie, mit Blick auf die Geschichte der Menschheit, noch sehr jung. Ausgelöst durch die Industrialisierung fingen Menschen erstmals an Arbeits- und Privatleben so stark zu trennen und ihre Arbeitszeit an die Laufzeiten der Maschinen anzupassen.
Später hatte Bismarck bei der Einführung der 40-Stunden-Woche schon Angst davor, dass das Kaiserreich als Exportindustrie nicht mehr konkurrenzfähig sein könnte.
Ein Arbeitgebermarkt aufgrund von zu vielen Arbeitskräften sorgte lange Zeit dafür, dass die Art der Arbeit nicht in Frage gestellt wurde. Es konnten ja immer Menschen ersetzt oder weitere eingestellt werden. Nur der Einzug der Technologie hat unsere Arbeitsweise in den letzten 20 Jahren verändert. Aber auch hier haben wir sie nicht aktiv gestaltet und gelernt, sie sinnvoll für uns zu nutzen, sondern sind ihren Möglichkeiten mehr oder weniger verfallen.
Podcast: Deguma-Chefinnen über New Work im Maschinenbau
Diese Fähigkeiten müssen wir beim Menschen fördern
Die Welt ändert sich unaufhörlich: internationale Herausforderungen, Fachkräftemangel, Gleichberechtigung im Berufsleben und damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eben die Technologie. Wir müssen uns also überlegen, mit welchen Lösungen wir eine Arbeitswelt mit diesen Rahmenbedingungen gestalten.
Wie wir die vorhandenen Ressourcen nutzen und Potenziale entfalten, um die Herausforderungen bewerkstelligen zu können und uns vor allem darauf besinnen, über welche enormen versteckten Ressourcen wir als Menschen verfügen, auch gegenüber einer KI.
Fähigkeiten wie Kreativität, Empathie und Kooperation müssen wir bei uns Menschen entwickeln und fördern und darüber hinaus lernen, unseren Geist vor Ablenkung und Einflussnahmen zu schützen, um fokussiert arbeiten und handeln zu können.
Welche Gedanken ich mir zu darüber mache, wie wir zukünftig die Art der Arbeit gestalten können und welche Erfahrungen ich dazu im Tagesgeschäft meines Unternehmens mache, darüber werde ich an dieser Stelle ab jetzt regelmäßig schreiben.