
VDMA-Präsident Karl Haeusgen fordert in seiner Rede die Regierung unter anderem dazu auf, Risiken mehr zu verteilen und mehr Diversifizierung durch neue Handelsabkommen zu ermöglichen. (Bild: Anna McMaster)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2023
Der deutsche Maschinenbau steht vor großen Herausforderungen! Internationale Krisen, Klimawandel, Energiewende, Digitalisierung, geopolitische Verwerfungen - es steht viel auf dem Spiel für Deutschlands wichtigste Industriebranche.
Die Vielzahl der Themen ist für den einzelnen zu groß und darum bietet auch der Maschinenbau-Gipfel 2023 wieder Orientierung, Stärkung des Zusammenhalts im Netzwerk und Austausch mit der Politik.
Die Veranstalter des Maschinenbau-Gipfels, VDMA und PRODUKTION, werden mit der Gestaltung wieder ihrem hohen Anspruch gerecht: Perspektiven und Zukunftsfähigkeit schaffen durch gemeinsames Handeln – das ist die Maxime des Maschinenbau-Gipfels am 07. und 08. November 2023 in Berlin.
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„Dieser Gipfel wird kein Jammergipfel sein, sondern ein Anpackgipfel“, gab Moderatorin Ursula Heller den Ton vor. „Wir haben eine Reihe von Unternehmen, denen es noch gut geht, aber auch Reihe von Unternehmen, die vom Energiekostenanstieg hart getroffen sind. In der Summe läuft der Maschinenbau noch stabil“, resümierte Haeusgen die Lage in der Branche. Auch Produktion-Chefredakteur Claus Wilk bestätigte diesen Eindruck: „Hut ab, die meisten, mit denen ich rede, versuchen das, was passiert, konstruktiv umzusetzen und Lösungen zu finden, Das Selbstverständnis des Maschinenbaus, die Dinge anzupacken, finde ich gut“.
Auch eine Saalumfrage unter den 700 Teilnehmenden zum aktuellen Stimmungsbild stützte diesen Eindruck. „Wir gestalten die Transformation“, bestätigten 53 Prozent. 38 Prozent gaben sich kämpferisch mit der Aussage: „Wir werden die Herausforderungen schon meistern. Lediglich vier Prozent sagten, „das wird schwierig, die Sorgen überwiegen“. Fünf Prozent waren der Meinung: „Transformationsleistung und Krisen sind etwas viel“.
Haeusgen: "Die Kooperationskompetenz hat nachgelassen"
„Die Kooperationskompetenz, die wir am Anfang gesehen haben, hat nachgelassen“, bemängelte Haeusgen in Richtung Bundeskanzler Olaf Scholz, der in der ersten Reihe saß. Er appellierte an die Regierung, die Kooperation - untereinander in der Ampel, aber auch mit der Opposition und mit der Wirtschaft - wieder zu verstärken.
„Jeden Tag wieder ist es schockierend, wie Putin und seine Clique Krieg und Verderben anzetteln“, sagte der VDMA-Präsident. „Wir müssen gemeinsam alles tun, um unsere Demokratie, unser offene Gesellschaft und freie Marktwirtschaft zu verteidigen“, so Haeusgen.
Dafür gelte es, den Begriff der wehrhaften Demokratie mit neuem Leben zu füllen. Es sei gut zu wissen, dass die EU zusammenhalte, wenn die Demokratie bedroht werde. Die Sanktionen seien aus VDMA-Sicht gerade mit Blick auf russisches Öl nicht perfekt. „Aber die EU hat sich nicht auseinanderdividieren lassen und es ist wichtig, dass das auch so bleibt“, konstatierte Haeusgen. Es sei immerhin ein erheblicher „Kollateralnutzen“ von Putins Angriffskrieg, dass die transatlantische Zusammenarbeit wieder gestärkt werde.
Podcast: VDMA-Vizepräsident Schunk über die Energiekrise
Staatliche Eingriffe sind in Krisen nötig
„Uns als Maschinenbau treffen steigende Strompreise nicht nur direkt, sondern auch durch die Gefährdung vieler Zulieferer“, stellte Haeusgen fest und hob hervor, dass der „Doppelwumms“ nicht ausreichen werde, ohne dass es gelinge, das Merit-Order-System des Strommarktes anzupassen. Dass einige europäische Nachbarn so kritisch darauf reagiert hätten, sei betrüblich. „Ich hoffe, dass die Bundesregierung alles unternehmen wird, um diesen Eindruck aus der Welt zu schaffen“, so Haeusgen, denn europäische Solidarität sei auch gute Wirtschaftspolitik. Haeusgen lobte die Maßnahmen jedoch ausdrücklich: „In Krisensituationen wie diesen sind angemessene staatliche Eingriffe für einen begrenzten Zeitraum notwendig“.
Der VDMA-Präsident stellte außerdem klar: „Der Maschinenbau ist die Ermöglicher-Industrie für jeden Technologiepfad zum Management des Klimawandels." Es sei jedoch zu kritisieren, wie die EU diese Transformation gestalten wolle. Die Ziele neuer Nachhaltigkeits-Vorgaben seien grundsätzlich richtig, aber die bürokratischen Anforderungen zum Beispiel des Lieferkettengesetzes „völlig praxisfern“.
Die Unternehmen der Branche, die in der EU über vier Millionen Menschen beschäftigt, brauchten eine effiziente, schlanke Gesetzgebung, aber keine tausendseitige Taxonomie. Der VDMA unterstütze die Idee eines Klimaclubs, die noch mehr Unterstützung benötige. „Klimaclub statt Klimazoll“ sei der richtige Weg.
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Mehr Diversifizierung durch neue Handelsabkommen
„Wenn diese Krise und der Krieg uns etwas zeigen, dann ist es vor allem richtig die Risiken zu verteilen und nicht alle Eier in einen Korb zu legen“, sagte Haeusgen auch. „Auch wir in der Industrie hätten es wissen müssen, wie gern sind auch Industrievertreter mit Gerhard Schröder nach Moskau gefahren“, sagte der Präsident über die Mitverantwortung.
Industrie und Politik müssten geleichermaßen ihre Handlungsstrategien hinterfragen. Vor allem forderte er, endlich weitere Handelsabkommen wie Mercosur zu ratifizieren, das sei wichtig, um die wichtige Diversifizierung der Lieferketten und Absatzmärkte jetzt hinzubekommen – und „uns von China ein Stück unabhängiger zu machen“. Zudem forderte er die EU-Kommission auf, China als Wettbewerber zu sehen.
Haeusgen verwies auf ein Wahlkampfversprechen des Bundeskanzlers: „Scholz packt es an“. Gründlichkeit und Schnelligkeit seien gefragt, der Druck sei groß. „Wir müssen die Ärmel hochkrempeln in der EU und den Unternehmen, um uns anzupassen und vor allem mitzugestalten. Und mit allem Respekt, der Maschinenbau packt es an!", sagte er.
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