VDMA-Vizepräsident Alexander Jakschik spricht im Interview unter anderem über die Zusammenarbeit mit Start-ups, die Trends rund um KI und Robotik und den Start-up-Award auf dem Maschinenbau-Gipfel.
Daniela HoffmannDanielaHoffmann
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Start-ups bringen frische Ideen für das Thema "KI in Robotics."(Bild: Your Hand Please - stock-adobe.com; generiert mit KI)
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Zum vierten Mal findet der Start-up Award auf dem Maschinenbau-Gipfel statt. In diesem Jahr geht es um „AI in Robotics and Automation“. Dabei treffen die Jungunternehmen mit neuen Ideen auf eine Branche, die gerade bei Zukunftsthemen stärker auf Innovationsdynamik von außen setzt.
Alexander Jakschik moderiert die Preisverleihung am 16. September in Berlin gemeinsam mit Claus Wilk (Chefredaktion Produktion). Jakschik ist Vorstand des 200 Mitarbeitende zählenden Luftfilterherstellers ULT AG, VDMA-Vizepräsident und Vorsitzender des VDMA-Landesverbands Ost.
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Alexander Jakschik ist unter anderem VDMA-Vizepräsident.(Bild: VDMA; Salome Rössler)
Herr Jakschik, wie wichtig ist es, dass neue Ideen durch Start-ups ins Spielfeld kommen? Wie würden Sie die Entwicklung in der Branche bewerten: Arbeiten die Unternehmen verstärkt mit Start-ups zusammen? Und wenn ja, in welchen Bereichen findet das besonders häufig statt?
Alexander Jakschik: Aus meiner Sicht sind Ideen von außen sehr wichtig, denn ein Start-up hat sich als Unternehmen meist auf den Weg gemacht, ein Problem zu lösen – und das bedeutet Fortschritt. Start-ups sind per Definition schneller und experimentierfreudiger als etablierte Unternehmen, sie haben weniger Verwaltungs-Overhead und arbeiten meist mit kleinem Team ganz gezielt auf ein Kundenthema hin.
Wir sehen, dass es sukzessive mehr Zusammenarbeit von etablierten Unternehmen mit Startups gibt, vor allem in Zukunftstechnologie-Bereichen, die sich sehr dynamisch verändern – wie KI, digitale Geschäftsmodelle oder Nachhaltigkeitstechnologien. Da holen sich die Firmen gern das Know-how von außen mit hinein. Dennoch gibt es weiterhin Luft nach oben. Der VDMA unterstützt diesen Trend mit dem „Start-up Radar“ – und natürlich ist der Startup-Award eine wichtige Plattform.
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(Bild: mi-connect)
Kommen Sie zum Maschinenbau-Gipfel!
Lernen Sie von den Besten der Branche, wie Geschäftsmodelle an neue Rahmenbedingungen angepasst werden können. Seien Sie dabei, wenn die führenden Köpfe des europäischen Maschinenbaus Projekte und Best Practices für den Maschinenbau diskutieren!
Jakschik: Damit Start-ups und Branchen-Player überhaupt für einen Austausch zusammenkommen, muss sozusagen der „organisierte Zufall“ geschaffen werden. Dafür hat sich der Award in den letzten Jahren bewährt. Die Gipfel-Teilnehmenden sehen dort die Innovation von morgen und damit erweitert sich der Blick auf neue Herausforderungen und Lösungsansätze.
Mir haben schon viele aus der Branche gesagt: „Ich habe beim Award Ideen gesehen, auf die ich so in meinem Netzwerk nicht gestoßen wäre“. Und auch ich als Unternehmer schätze diese Inspiration sehr.
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Was bringt es den Start-ups, die mitmachen? Gibt es Beispiele, bei denen eine Zusammenarbeit mit Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau zustande kam? data-ccp-props="{}">
Jakschik: Für die Start-ups ist es oft schwer, die etablierten Unternehmen zu treffen, mehr über deren Praxisherausforderungen zu erfahren und wichtiges Feedback zu den eigenen Angeboten zu bekommen. Auf dem Maschinenbau-Gipfel ist zugleich auch Zeit für weiterführenden Austausch, um die Bedürfnisse der potenziellen Kunden besser kennenzulernen. Aus meiner Perspektive kann ich sagen: Wir arbeiten mit zwei Jungunternehmen zusammen, die wir hier kennengelernt haben.
Ein weiteres gutes Beispiel ist Ucaneo, ein Start-up, das den letzten Award im Jahr 2023 gewonnen hat. Sie bauen große „Luftwaschanlagen“, also eine Direktluftabscheidung, die nach dem Vorbild der Lunge das CO2 aus der Luft filtert. Anschließend wird es in seine Grundbestandteile zerlegt, um den CO2-Gehalt in der Luft zu reduzieren.
Das gespeicherte CO2 kann wiederum etwa für synthetische Kraftstoffe genutzt werden. Es ist auch ein gutes Beispiel, wie Maschinenbautechnologie zur Lösung von Problemen beitragen kann. Für das Climate-Tech-Startup hat der Award eine hohe Sichtbarkeit gebracht.
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Dieses Jahr geht es um AI für Robotik und Automation. Was sind hier derzeit die spannendsten Trends?
Jakschik:Wir haben schon auf der Hannover Messe gesehen, dass AI das dominierende Thema war und eine hohe Dynamik entfaltet. Man kann sagen: Diese neue Technologie sucht sich jetzt mit hoher Geschwindigkeit ihre Anwendungsfelder. Sowohl traditionelle Unternehmen als auch Startups arbeiten an Lösungen.
KI löst aktiv Probleme wie beim Thema Fachkräftemangel, der uns insbesondere in Deutschland in den nächsten Jahren beschäftigen wird. KI-Werkzeuge sind in der Lage, viele Aufgaben abzunehmen und damit Raum zu schaffen, damit die bestehenden Fachkräfte sich auf das Wesentliche konzentrieren können. Vor allem können sie Aufgaben rund um das Analysieren von großen Datenmengen übernehmen.
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In Kombination mit Robotik lassen sich so auch selbst lernende Produktionsprozesse bauen, um Produktivität und Effizienz zu steigern, aber auch um flexibler auf die sich ändernden Produktionsanforderungen zu reagieren. Hier möchten wir mit dem Award Lösungen sichtbar machen und zur Inspiration beitragen.
GenAI vereinfacht mit natürlicher Sprache massiv, wie Robotik bedient und programmiert wird. Einige Hersteller erleben das als Disruption und investieren in die Nutzung von Large-Language-Modellen. Wie wirkt sich die Adaption von GenAI insgesamt auf die Wettbewerbsfähigkeit im Maschinen- und Anlagenbau aus?
Jakschik: Das ist ein Thema, das mich persönlich total begeistert: Im Grunde geht es um die Demokratisierung von Robotik und Automatisierung. Früher musste zunächst Fach-Know-how aufgebaut werden, um diese Technologien bedienen zu können. Durch die Nutzung von Sprachmodellen und Sprachsteuerung sinken die Einstiegshürden: Unternehmen kommen nun viel schneller zum Ziel – nicht zuletzt lassen sich damit neue Geschäftsmodelle und Nutzergruppen erschließen. Klassische Themen wie Inbetriebnahme und Consulting verändern sich.
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Wir sehen, dass die AI extreme Technologiesprünge macht. Der VDMA bringt zum Jahresende eine neue Zukunftsstudie zum Thema Humanoide Roboter heraus, die technologische Perspektiven und industrielle Anwendungsszenarien beleuchtet. Auf dem Gipfel wird es sicher erste Erkenntnisse daraus geben. Grundsätzlich lässt sich sagen: Wer das Werkzeug KI nicht nutzt, wird wohl mittelfristig vom Markt verschwinden. Wer es gut nutzt, wird auch langfristig erfolgreich – und vielleicht sogar überdurchschnittlich wettbewerbsfähig sein.
Digitaler Thementalk: Maschinenbau in unsicheren Zeiten: Wegweiser für die Branche
(Bild: Pavel-stock.adobe.com)
In unserem Thementalk zum Thema „Zwischen Krisen und Zöllen: Wegweiser für den Maschinenbau in geopolitisch volatilen Zeiten“ diskutieren drei ausgewiesene Experten, wie Sie auf die aktuellen geopolitischen Entwicklungen reagieren können – praxisnah, vorausschauend und lösungsorientiert.
Seien Sie am 30. Juli um 11 Uhr live mit dabei!
Das sind die Experten:
Oliver Bendig, Leiter Industrial Products & Construction bei Deloitte
Dr. Sebastian Göbel, Geschäftsführer Technik bei Boge
In welchen Bereichen ist das Award-Thema aus Ihrer Sicht für KMU relevant?
Jakschik: Wenn ich auf die Herausforderungen schaue, vor denen wir in unserer Region stehen – und die sich bundesweit abzeichnen – dann steht an erster Stelle, dass bis 2035 demografisch bedingt mehr als 20 Prozent der Arbeitskräfte ausscheiden. Das ist signifikant. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerbsdruck aus anderen Ländern wie vor allem China sehr stark zu.
Mit Hilfe von bisherigen Tools und Mitteln ist eine entsprechend notwendige Effektivitätssteigerung und Kostenreduktion nicht möglich. Das bedeutet, KMU müssen verstärkt auf Robotik, Automatisierung und KI-Technologie setzen, um die Lücken zu kompensieren. Zum Beispiel könnte künftig ein Roboter Geräte zusammenschrauben oder testen: Aufgaben, die heute noch von Menschen erledigt werden.
Beim Maschinenbau-Gipfel Salon im Mai bei SEW Eurodrive wurde von allen Seiten mehr Geschwindigkeit angemahnt. Haben die Unternehmen das Potenzial schon erkannt? Welchen Beitrag können Startups dabei leisten, KI in den Maschinen- und Anlagenbau zu tragen?
Jakschik: Es gibt sicherlich noch eine Lücke zwischen den Werkzeugen, die bereits verfügbar sind, und deren Nutzung. Wir haben insbesondere mit China einen starken Wettbewerber im Nacken. Hier ist es für deutsche Unternehmen wichtig, die Neigung zur Perfektion zu relativieren. Wir müssen versuchen, jetzt auch möglichst zügig Lösungen an den Markt zu bringen, die „gut genug“ sind – und die wir im nächsten Schritt perfektionieren.
Um das Tempo hochzuhalten, ist es wichtiger denn je, sich mit diesen neuen Technologien und Initiativen wie Manufacturing-X zu beschäftigen: Erste Projekte im eigenen Unternehmen zu etablieren, die Organisation sozusagen damit zu „impfen“ und lernen zu lassen. Die Zusammenarbeit mit Startups bei Themen, für die vielleicht noch nicht viel eigene Expertise vorhanden ist, kann zu mehr Geschwindigkeit beitragen.
(Bild: Foto: Anna McMaster; Grafik: Claudia Weber)
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Was bedeutet die Innovationstechnologie für die Branche insgesamt und welche Einsatzszenarien sind besonders spannend, um eine weitere Automatisierung voranzubringen?
Jakschik: KI kann der Beschleuniger für die nächste Automatisierungsstufe sein – sie wird das sogar sein. Bis jetzt wurde mit Automatisierung unter relativ hohem Aufwand in der Programmierung und der Bereitstellung ein feststehender Prozess automatisiert. Mit KI und generativen Sprachmodellen ist nun die Möglichkeit gegeben, sehr schnell beispielsweise ein Setup einer Automatisierungslinie zu aufzusetzen.
Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass dabei selbstlernende Prozesse etabliert werden können: Die Linie kann Feedback zu ihrer Optimierung geben, sich selbst konfigurieren und Aufgaben wie Qualitätsüberwachung übernehmen. Das ist ein echter Beschleuniger.