Kraftwerke bei Sonnenuntergang

PRODUKTION wollte wissen: Was haben die Parteien für die Klimapolitik in Bezug auf das produzierende Gewerbe geplant? - (Bild: mmuenzl - stock.adobe.com/Michael Fuchshuber [M])

Wissen Sie schon, bei welcher Partei sie bei der Bundestagswahl das Kreuz setzen werden? Falls Sie noch unentschlossen sind, haben wir diese Woche eine Entscheidungshilfe für Sie. Denn PRODUKTION hat bei den Parteien nachgehakt, wie die Industriepolitik künftig aussehen soll. In unserem exklusiven Wahlspezial beantworten die jeweiligen Wirtschaftsexperten der Parteien jeden Tag eine andere Frage. Themen dabei sind China, Steuern und Ausschreibungen, die Folgen von Corona, Digitalisierung – und die Klimapolitik.

Letzteres wurde in den vergangenen Wochen schon oft thematisiert. Doch wir wollten detailliert wissen: Was haben Sie für die Klimapolitik in Bezug auf das produzierende Gewerbe geplant? Die Antworten gibt es hier.

Hinweis: Die Reihenfolge der Antworten erfolgt nach der momentanen Sitzverteilung im Bundestag.

Andreas Lämmel
Andreas Lämmel ist der stellvertretende wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. - (Bild: CDU)

Andreas Lämmel, stellvertretender wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: „Deutschland soll deutlich vor Mitte des Jahrhunderts eine klimaneutrale Industrienation werden. Diese Umstellung geht nur mit massiven Investitionen, die über den CO2-Preis angereizt werden sollen. Hierzu wollen wir es den Unternehmen erleichtern, schnell zu investieren. Dazu planen wir ein Entfesselungspaket, das Unternehmen von Steuern und Bürokratie entlastet sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt. Darüber hinaus wollen wir einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis sicherstellen, die Wasserstoffstrategie zügig umsetzen sowie Forschung, Entwicklung und Pilotprojekte zur Dekarbonisierung der Industrie unterstützen.“

Bernd Westphal
Bernd Westphal ist der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. - (Bild: Benno Kraehahn)

Bernd Westphal, wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion: „Mit dem zuletzt beschlossenen Klimaschutzgesetz sorgen wir dafür, dass wir über Legislaturperioden hinweg unsere Klimaziele verlässlich erreichen und bis 2045 klimaneutral leben und wirtschaften können. Unabdingbare Voraussetzung ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Unser Ziel ist es, dass Strom bis 2040 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt. Weitere wichtige Bausteine sind die konsequente Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft, die Schaffung eines klimafreundlichen Mobilitätssystems, der Ausbau der Infrastruktur in allen Bereichen (zum Beispiel Stromnetze, Smart Meter, Wärmenetze, Wasserstoffpipelines). Wir wollen das Abgabe- und Umlagesystem reformieren, so dass Unternehmen und Bürger:innen ihren entsprechenden Beitrag leisten und gleichzeitig von der Transformation profitieren. Für Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, wollen wir dafür sorgen, dass ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis zur Verfügung steht.“

Parteispenden sind in Deutschland gang und gäbe. Besonders in Wahljahren sind die Unterstützer der jeweiligen Parteien spendabel. Wie viel die deutsche Industrie an die Parteien spendet, erfahren Sie hier:

Tino Chrupalla, Vorsitzender der AfD
Tino Chrupalla ist Vorsitzender der AfD. - (Bild: AfD)

Tino Chrupalla, Vorsitzender der AfD: „Die AfD plant keine weiteren Belastungen durch eine sogenannte Klimaschutzpolitik. Im Gegenteil, die AfD möchte das EEG streichen und die Energiesteuer sowie alle CO2-Abgaben abschaffen. Es sind wohlstandsgefährdende Belastungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Das politische Ziel, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu senken, werden diese Regelungen nicht erreichen, stattdessen treiben sie die Energiekosten in die Höhe, verursachen gefährliche Netzschwankungen und führen dazu, dass wir nun Kohle- sowie Kernkraftstrom teuer aus dem Ausland beziehen. Indem wir diese Abgabenpolitik beenden und den Fokus auf saubere, günstige und grundlastfähige Energieträger ausrichten, wozu auch Kohle- und Kernkraftwerke gehören, stellen wir die Grundbedingungen für die Erhaltung des Industriestandorts Deutschland wieder her.“

Michael Theurer, Bundespräsidiumsmitglied und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
Michael Theurer ist Bundespräsidiumsmitglied und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. - (Bild: FDP)

Michael Theurer, Bundespräsidiumsmitglied und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion: „Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Auch bei der Lösung für komplexe Umweltprobleme setzen wir auf die Kreativität der Vielen und den Wettbewerb der besten Ideen. Wir wollen deutsche Unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen durch klimapolitische Maßnahmen schützen. Ziel muss ein über den europäischen Emissionshandel (EU-ETS) hinaus international abgestimmtes Vorgehen beim Klimaschutz mit einheitlichem CO2-Preis für alle sein. Als Übergangslösung bis zu einem globalen CO2-Zertifikatehandel unterstützen wir die EU darin, eine WTO-konforme Weiterentwicklung des ‚Carbon Leakage‘-Schutzes einzuführen, der sich am EU-ETS orientiert. Damit verhindern wir, dass emissionsintensive Industrien ins Ausland abwandern, und geben anderen Ländern einen direkten Anreiz, bei der CO2-Bepreisung nachzuziehen.“

Jörg Schindler, Bundesgeschäftsführer der Linken
Jörg Schindler ist Bundesgeschäftsführer der Linken. - (Bild: Die Linke)

Jörg Schindler, Bundesgeschäftsführer der Linken: „Unser Ziel ist es, dass Deutschland und damit auch das produzierende Gewerbe bis 2035 klimaneutral wird. Mit einem Industrietransformationsfonds über 20 Milliarden Euro pro Jahr soll der notwendige ökologische Umbau unterstützt werden. Ein europäischer CO2-Grenzausgleichsmechanismus, der den Import CO2-intensiver Produkte bepreist, soll eine Benachteiligung hiesiger Unternehmen verhindern. Die Schieflage bei der Verteilung der Energiewendekosten wollen wir korrigieren, die derzeit kleine und mittlere Unternehmen gegenüber großen Industriebetrieben stark benachteiligt.“

Dieter Janecek, Sprecher für Industriepolitik und digitale Wirtschaft der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen
Dieter Janecek ist Sprecher für Industriepolitik und digitale Wirtschaft der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. - (Bild: Bündnis 90/Die Grünen)

Dieter Janecek, Sprecher für Industriepolitik und digitale Wirtschaft der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen: „Deutschland kann nur dann seine Position als führender Industriestandort sichern, wenn wir konsequent auf Klimaschutz und auf ökologische wie auf digitale Transformation setzen. Dies erfordert eine aktive Industriepolitik. Mit unserer grünen Industriestrategie, die wir im Februar in den Deutschen Bundestag eingebracht haben, haben wir einen konkreten Plan zur Förderung von klimafreundlichen Technologien vorgelegt. Die Industrie braucht für die Dekarbonisierung grünen und zeitgleich bezahlbaren Strom. Ein wirkungsvoller CO2-Preis setzt die richtigen Anreize für Klimaschutz, mit einem starken Schutz vor Carbon Leakage verhindern wir gleichzeitig, dass Unternehmen im internationalen Wettbewerb Nachteile erhalten.“

Wie viel Klimaneutralität steckt in den Wahlprogrammen?

Alle Parteien mit Ausnahme der AfD bekennen sich in ihren Wahlprogrammen zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens und widmen lange Passagen der Klimapolitik. Die Unterschiede zwischen den Parteien sind deutlich – jedoch liefert kein Programm schlüssige Konzepte, um die im neuen Klimaschutzgesetz (KSG) gesetzten Ziele für das Jahr 2030 vollständig zu erreichen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die DIW Econ GmbH, eine Tochter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität durchgeführt hat.

  • Insgesamt erhält das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen die höchste Punktzahl aller bewerteten Programme. Es gelingt der Partei laut Studie in allen Sektoren konkrete und weitestgehend geeignete Vorschläge zu präsentieren. Trotzdem reicht das Gesamtkonzept nicht aus, um die KSG Ziele bis 2030 zu erreichen.
  • Die Linke landet auf dem zweiten Platz. Die Partei weist laut den Experten zwar gute Konzepte im Energie und Verkehrssektor vor, allerdings vernachlässigt sie die Frage nach einer angemessenen CO2- Bepreisung sowie Maßnahmen im Industriesektor und auf internationaler Ebene.
  • Die Parteien der großen Koalition, CDU/CSU und SPD, liegen ungefähr gleichauf deutlich hinter der Linken. Ihre Vorschläge erkennen die klimapolitischen Herausforderungen zwar an, diese sind jedoch häufig weder konkret genug noch geeignet, um die großen Einsparziele in der verbleibenden knappen Zeit zu erreichen.
  • Das Wahlprogramm der FDP erzielt den niedrigsten Wert. Zwar ist ihr Programm in Fragen der internationalen Klimapolitik sowie marktbasierten Maßnahmen, wie der CO2-Bepreisung, gut aufgestellt. In den einzelnen Sektoren vernachlässigen sie der Studie zufolge jedoch spezifische Vorschläge, die mit Blick auf die knappe verbleibende Zeit zum Erreichen der Klimaschutzziele notwendig sind, um die Treibhausgasminderungsziele zu erfüllen.

Quelle: DIW Econ

Bundestagswahl: So sieht die Industriepolitik der Parteien aus

Wissen Sie schon, bei welcher Partei sie bei der Bundestagswahl das Kreuz setzen werden? Falls Sie noch unentschlossen sind, haben wir mit unserem exklusiven Wahlspezial eine Entscheidungshilfe für Sie. Denn unsere Redakteurin Anja Ringel hat bei den Parteien nachgefragt, wie die Industriepolitik künftig aussehen soll.

Die Antworten von CDU/CSU, SPD, AfD, FDP, Linke und den Grünen finden Sie hier:

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