Budgetplanung mithilfe einer Tabelle und einem Taschenrechner.

Worauf es bei einer gelungenen Budgte-Planung ankommt, lesen Sie in dieser Kolumne. - (Bild: Zerbor / stock.adobe.com)

Nach der Urlaubszeit in den Sommermonaten geht das Geschäftsjahr der meisten Unternehmen ins letzte Jahresdrittel. Spätestens dann, in größeren Firmen und internationalen Konzernen häufig auch schon früher, beginnt der Prozess der Budgetplanung für das nächste Jahr. An einer solchen Planung hängt alles. Es ist die Zeit, in der Wetten auf die Zukunft abgeschlossen werden. Wer heute am präzisesten plant – und dabei Wachstumschancen und Risiken gleichermaßen im Auge behält - hat morgen die Nase vorne.

Der Input und Output des Absatzplans leitet das Gewinnpotenzial ab. Er ist ein wichtiges Element im Risikomanagement und ein elementarer Bestandteil in allen Planungen für das operative Geschäft. Das realistische Abschätzen der künftigen Absatzmengen ist ein anspruchsvoller Unternehmensprozess, in dem sich die Beteiligten gerne verheddern. Alle Unternehmensteile müssen hier einbezogen werden.

Die Vertriebsteams wissen genau, wie sich die jeweiligen Produkte zu welchen Preisen verkaufen, haben aber häufig nur eine oberflächliche Kenntnis von den anfallenden Kapitalkosten. Das Management wiederum diskutiert und trifft die strategischen Entscheidungen – und zieht dabei die Auswirkungen auf das operative Geschäft als Ganzes in Betracht.

Budgetplanung: Realismus ist die Mutter des Erfolgs

Um bei der Nachfrageprognose in der Budgetplanung eine möglichst hohe Genauigkeit zu erreichen, müssen statistisch relevante Daten mit der Einschätzung der Marktentwicklung abgeglichen werden. Bei der Absatzplanung tut sich eine Reihe von Fragen auf:

  • Wie lassen sich Methoden und Prozesse für die Hochrechnungen, das Forecasting, verfeinern um damit Bestände und Lieferzuverlässigkeit zu verbessern?
  • Wie lässt sich eine verbesserte interne und externe Zusammenarbeit für das Forecasting erzielen?
  • Wie erlernen Mitarbeiter, Marktdaten in die statistische Prognose zu integrieren?
  • Wie werden die Zusammenhänge in den Datenbeständen analysiert, und zwar gerade bei heterogenen IT-Systemen?
  • Wie werden Methoden zur Datenbereinigung angewendet, um die Basis für statistische Forecasts zu verbessern?
  • Wie werden Bedarfsmengen, Trends und saisonale Entwicklungen für genauere Prognosen interpretiert? (Stichwort: Pandemien, Risiken in der Supply Chain)

Meines Erachtens liegt der Schlüssel für einen erfolgreichen Prognoseprozess bei einer Summe von Faktoren. Zuallererst geht es darum, Chancen zu bewerten - etwa durch neue Kunden, neue Produkte oder neue Kooperationen – und zugleich mögliche Risiken klar zu benennen. Die Vergangenheit und die Gegenwart zeigen, dass es gravierende unvorhersehbare Einschläge geben kann, die sich schnell bemerkbar machen. Die Verwerfungen nach dem Ausbruch der Coronapandemie wären hier zu nennen, die aktuellen Engpässe bei der Produktion und der Auslieferung von Halbleitern, aber auch immer wieder auftretende Unterbrechungen in den Lieferketten, aus welchen Gründen auch immer, Beispiel: das Containerschiff „Ever Given“. Diese Risiken müssen benannt und in den Planungen finanziell realistisch bewertet werden. Und natürlich gilt es Maßnahmen zu diskutieren und umzusetzen, die diese Defizite ausgleichen.

Für die Planungen selbst muss die Unternehmensleitung Ziele und Aufgaben klar festlegen und diese auch gegenüber den Mitarbeitern kommunizieren: Wer ist die treibende Kraft und wer liefert zu? Ebenso klar muss festgelegt sein, wer welche Rolle bei der Koordinierung und Leitung des Projekt- und Prozessmanagements übernimmt. Und last but not least müssen die Verantwortliche zusammen die Entscheidung treffen, welche Forecast-Modelle für die Budgeterstellung herangezogen werden.

Rollierende Forecasts sind die Faktenbasis

Ziel der Budgetplanung ist es, frühzeitig eine Einschätzung über das Erreichen der Planziele zu erlangen – und bei dem Verfehlen der Vorgaben frühzeitig gegensteuernde Maßnahmen einzuleiten. Welche Datenmuster auch immer dafür herangezogen werden, müssen sie alle einige elementare Aufgaben erfüllen. Saisonale Effekte sollen als solche erkannt werden. Ebenso temporäre Ausreißer nach oben und unten sowie die Gründe dafür. Zugleich helfen Datenmuster, neue Trends frühzeitig zu identifizieren.

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Die traditionelle Budgetplanung ist stets auf ein Geschäftsjahr bezogen. Darin fließen die Umsatz- und Ausgabenerwartungen aller Unternehmensbereiche ein. Allerdings müssen diese Budgetplanungen in Krisenzeiten angepasst werden, unter Umständen sehr schnell - wie im Frühjahr 2020. Entwickelt sich das Geschäft im Jahresverlauf besser als erwartet, gilt es umgekehrt, die ursprünglichen Vorgaben nach oben anzupassen.

Als vorwärts gerichtetes und flexibles Steuerungselement kommt hier das Advanced Budgeting ins Spiel. In der Regel lassen sich sämtliche Planungsparameter über 15 bis 18 Monate gut einschätzen. Forecasts dienen dazu, um auf Veränderungen in diesem Zeitraum zu reagieren. In der Regel werden sie nach Bedarf oder quartalsweise erstellt und sollen das jeweilige Restbudgetjahr abdecken. Häufig wird der Forecast bereits nach dem ersten Quartal zu Steuerungszwecken eingesetzt.

Das Konzept des Advanced Budgeting sieht den Einsatz von rollierenden Forecasts oder rollierenden Planungen vor. Beim rollierenden Forecast wird stets dieselbe Anzahl von Quartalen betrachtet, unabhängig vom Ende des Geschäftsjahres. Ein Zeitraum von vier bis sechs Quartalen hat sich als Betrachtungszeitraum bewährt. Hier liegt der Forecast auf der Beurteilung darauf, die Umsetzung dieser Strategie zu beurteilen. Insofern ist er eher ein Instrument des strategischen Controllings. Klar ist aber auch: die festgesetzten Planwerte werden dadurch auf keinen Fall ersetzt, sondern behalten bis zum Ende des Geschäftsjahres ihre Gültigkeit. Schließlich hängt von ihnen der Unternehmenserfolg, aber auch die variable Vergütung von Führungskräften ab.

Firmenspezifische Erfolgsfaktoren

Damit der rollierende Forecast funktioniert, sind einige Grundzüge zu berücksichtigen. Dazu gehört das KISS-Prinzip (Keep it smart and simple). Will heißen: Fließen nur die allerwichtigsten Kenngrößen ein, wird der Forecast auch schlanker, schneller und flexibler. Greifen Sie deshalb nur auf Berechnungen auf Ebene der Unternehmensbereiche ein. Verzichten Sie dafür auf aufwändige Bottom-Up-Berechnungen und Auflistungen nach einzelnen Produktgruppen oder Kostenstellen. Um einen ausgewogenen Kennzahlenmix zu bekommen, müssen auch nicht-finanzielle Daten einbezogen werden. Die Definitionen der Kennzahlen sollten dabei eng an das Ist-Reporting (z.B. Balanced Scorecard) angelehnt sein. Bevorzugen Sie immer Kennzahlen, deren Entwicklung die Verantwortlichen der Forecast-Einheiten beeinflussen können.

Dass eine solche rollierende Planung in das gesamte Planungs- und Budgetierungssystem integriert ist, versteht sich von selbst. Mittelfristplanung, Budget, rollierender Forecast und Reporting müssen über ein und dasselbe System laufen. Um die Budgetplanung über ein rollierendes Forecast dauerhaft passgenau zu steuern, genügt in der Regel eine quartalsweise Aktualisierung. Auch das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber dem traditionellen Year End Forecast, dem monatliche Updates zugrunde liegen. Außergewöhnliche kurzfristige Updates wie sie die allermeisten Firmen nach dem Ausbruch der Coronakrise vornehmen mussten, sind Ausnahmen, welche diese Regel letztendlich bestätigen.

Ich schließe mit einem Appell meines Mentors bei Valeo und späteren Freundes, Noel Goutard (verstorben 2020, CEO von 1987 – 2000), welcher mich bis heute leitet und gerade in dieser sich so schnell verändernden Zeit eine ganz besondere Bedeutung erhält: „Budget is budget! And budget is a contract!“

Ihr Rüdiger Tibbe

Über den Autor

Rüdiger Tibbe von Excelliance
(Bild: Excelliance Industry Taskforce)

Der Autor Rüdiger Tibbe kommt aus einem Familienunternehmen in der Automobilindustrie und bringt darüber hinaus eine große Erfahrung auf oberer Führungsebene börsennotierter Großunternehmen mit, insbesondere im produzierenden Gewerbe. Er ist Senior Partner und Managing Director der Excelliance Management Partners GmbH in Grünwald bei München und ein international gefragter Chief Turnaround respektive Transformation Officer. Seit 2001 und weit über 150 Projekten hat sich Excelliance als Industry Taskforce über die Jahre in den Bereichen Transformation und Turnaround Management mit ihren hoch spezialisierten, international tätigen Industrie- und Finanzexperten zu einer verlässlichen Größe für mittelständisch geprägte (Familien-)Unternehmen sowie börsennotierte Großkonzerne entwickelt nach dem Motto: „Manager aus der Industrie, für die Industrie“.

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