Automatisierung: Das sagen Voith, Brose und Co zu den Kosten
Ja, Automatisierung kostet, lohnt sich aber auch. Was Voith, Brose, Aiomatic und Kearney zum Thema Kosten sagen. Was für eine erfolgreiche Digitalisierung entscheidend ist und welche Fehler es zu vermeiden gilt.
Iris LindnerIrisLindner
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Diskutierten auf der Fabrik des Jahres über Automatisierung in der Industrie (von links): Anja Ringel (Produktion), Meltem Kandemi (Kearney), Lena Weirauch (Aiomatic), Pia Sczesny (Voith) und Bernd Kaufer (Brose).(Bild: Bettina Koch)
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Über Digitalisierung und Automatisierung wird sehr viel gesprochen. Schließlich sind sie der Schlüssel, um trotz aller Herausforderungen wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch gibt es in diesem Zusammenhang auch Themen, welche die Expert:innen auf der Fabrik des Jahres nicht mehr hören können?
Die prompte Antwort von Lena Weirauch, CEO bei Ai-omatic Solutions: „Ist es möglich, Ihre Software sechs Monate kostenlos zu testen?“ Unwahrscheinlich, dass die Mitbegründerin eines Start-ups darauf verzichtet, für die eigene Arbeit entsprechend entlohnt zu werden, nur damit Digitalisierung mal ausprobiert werden kann. Sie stellt klar: „Wenn man sich dazu entscheidet, die Digitalisierung anzugehen, muss man auch bereit sein, dafür zu bezahlen.“
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Ähnlich sieht das Bernd Kaufer, Geschäftsführer Werk Coburg bei Brose Fahrzeugteile, der auf den Begriff Low-cost Automation etwas sensibel reagiert: „Ich automatisiere doch, weil es wirtschaftlich ist. Und dann kostet es eben, was es kostet.“ Damit deutet er neben der Investition auch die Folgekosten an, die laut Meltem Kandemir, Managerin beim Fabrik des Jahres-Veranstalter Kearney, des Automationswillens wegen gerne schöngerechnet werden.
Das war die Fabrik des Jahres 2024
Auf der feierlichen Gala wurden die Preisträger der Fabrik des Jahres ausgezeichnet.Hier freut sich zum Beispiel Brose über die Auszeichnung "Hervorragende Digitalisierung".(Bild: Bettina Koch)
Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein (links) im Gespräch mit ABB -dem Sieger des GEO-Awards.(Bild: Bettina Koch)
Die Pausen wurden zum Netzwerken genutzt.(Bild: Bettina Koch)
Pia Sczesny war dieses Jahr Teil der Diskussionsrunde. Vergangenes Jahr hat siemit Voith in der Kategorie "Exzellenz in Nachhaltigkeit"bei der Fabrik des Jahres gewonnen.(Bild: Bettina Koch)
Mehr Bilder von der Fabrik des Jahres gibt es hier.(Bild: Bettina Koch)
Mit Flexibilität dem Volatilitäts-Chaos begegnen
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Anderseits hat sie es schon oft erlebt, dass Investitionen, die durchaus sinnvoll sind, nicht priorisiert werden, weil sie sich in zwei Jahren nicht lohnen. „Deshalb sollte man hier differenzieren: wo investiere ich aus strategischer Sicht, auch wenn diese über zwei Jahre hinaus geht, und wo investiere ich, um den Tag zu retten?“
Bei Voith Turbo in Garching gibt es hierfür eine Faustregel, wie Pia Sczesny, Head of Assembly DIWA, verrät: „Bei einem ROI unter drei Jahren investieren wir. Bei Energieeffizienz investieren wir sogar bei einem ROI von fünf Jahren, weil wir das Thema vorantreiben wollen.“
Neben der Wirtschaftlichkeit ist deshalb auch die Strategie hinter der Automatisierung entscheidend, die wiederum zum zukünftigen Portfolio passen muss. Welche Flexibilität die Automatisierung dann erfordert, ist laut Kaufer vor allem in der Automobilindustrie schwer vorherzusagen, denn „die Zuverlässigkeit über die vertraglich zugesagten Mengenszenarien ist momentan im Markt nicht mehr gegeben. Deshalb ist es aktuell schwierig, sowohl die Wirtschaftlichkeit zu beurteilen, als auch zu entscheiden, welchen Grad der Automatisierung man wählen soll.“
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Der Appell von Kandemir: „Wir müssen anfangen zu flexibilisieren, denn das Volatilitäts-Chaos ist die neue Norm. Portfolio und die Varianz können nur abgesichert werden, indem sie weiterhin sinnvoll und wirtschaftlich automatisiert werden.“
Fabrik des Jahres
(Bild: SV Veranstaltungen)
Die Fabrik des Jahres zählt zu den renommiertesten Industrie-Wettbewerben in Europa. Auf dem gleichnamigen Kongress werden jedes Jahr die Gewinner geehrt.
Nutzen Sie Ihre Chance und melden Sie sich jetzt zum Wettbewerb an! Weitere Informationen zum Wettbewerb gibt es auf der Website der Fabrik des Jahres: Hier klicken!
Hören Sie sich auch die Podcast-Sonderfolge zur Fabrik des Jahres an. Johann Kraus von Rohde & Schwarz erklärt darin unter anderem, wie auch Ihr Werk gewinnen kann. Hier kommen Sie zu Industry Insights!
Produktion ist ein soziotechnisches System
Die Kosten sind nicht die einzige Automatisierungsgrenze. Neben technischer Machbarkeit liegt in der Beherrschbarkeit eine große Herausforderung, denn Digitalisierung und Automatisierung erfordern einen enormen Facharbeiterbedarf. „Gerade wenn Instandhalter in den Ruhestand gehen, und das Wissen von heute auf morgen weg ist, zeigt sich, wie wichtig der Faktor Mensch noch in der Technik ist und auch bleiben wird“, betont Kaufer.
Das Wissen der Mitarbeitenden in die Digitalisierung einfließen zu lassen, bevor sie aus dem Unternehmen ausscheiden, ist deshalb ebenso wichtig wie die Mitarbeitenden bei der Transformation mitzunehmen. „Eine extreme Aufgabe und ein langer Prozess, für den man sich eine Strategie zurechtlegen muss“, wie Sczesny weiß.
Umgeben von den besten Werken der produzierenden Industrie, stellte sich für Redakteurin Anja Ringel zwangsläufig die Frage, wie viel Automatisierung in den Werken überhaupt noch möglich sei. Viel, denn selbst die Sieger des Benchmark-Wettbewerbs sind aufgrund des Fachkräftemangels mehr oder weniger dazu verdammt, ihr Produktdesign heute schon so auszulegen, dass es in Zukunft automatisiert umgesetzt werden kann.
Automatisierung: Darauf sollten die Werke den Fokus legen
Weirauch merkt allerdings an: „Auf der einen Seite reden wir über Softwaretools, die einen ersten Automatisierungsgrad einbringen würden. Auf der anderen Seite ist aber schon von GenAI die Rede. Teilweise ist mir die Lücke da noch zu groß. Meiner Meinung nach sollte in vielen Werken zunächst der Fokus darauf gelegt werden, die Basis zu schaffen. KI-Systeme brauchen eine guten Datengrundlage, um am Ende vernünftig zu funktionieren. Deshalb ist für mich Voraussetzung, dass man seine Hausaufgaben bei der grundlegenden Digitalisierung gemacht hat.“
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Sczesny kann dies nur bestätigen: „Auch wir haben gelernt: es muss erst ein schlanker Prozess existieren, bevor man ihn digitalisiert.“