Drei Businessfrauen im Gespräch

Dax-Konzerne berufen immer mehr Frauen in die Vorstände. (Bild: golubovy - stock.adobe.com)

Eigentlich müssen sich die Unternehmen erst ab August an die Frauenquote in Vorständen halten. Doch das sogenannte Mindestbeteiligungsgebot wirkt schon jetzt: Bereits 15 der betroffenen börsennotierten Konzerne haben seit Bekanntgabe der Gesetzespläne im Oktober 2020 eine Frau in den Vorstand berufen.

Der Frauenanteil in den Vorständen der derzeit 183 im Dax, Mdax und Sdax sowie der im Regulierten Markt notierten, paritätisch mitbestimmten Unternehmen, ist auf 14,7 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: 2021 waren es noch 13 Prozent.

In den Aufsichtsräten sieht die Situation dagegen etwas anders aus. Dort stagniert der Frauenanteil bei 33,5 Prozent (2021: 33,2 Prozent). Das geht aus dem aktuellen Women-on-Board-Index von FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte) mit Stand April 2022 hervor. Die Studie wurde heute (30.6.) anlässlich des Auslaufens der ersten regulären Fünfjahresfrist zur Umsetzung der freiwilligen Zielgrößen veröffentlicht.

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Wer eine Frau in den Vorstand berufen hat - und wer nicht

Das Mindestbeteiligungsgebot gilt aktuell nur für 62 Konzerne. Eine Frau in den Vorstand berufen haben die folgenden Unternehmen:

  • Im Dax: Adidas, Bayer, Eon, Heidelberg Cement und Infineon
  • Im Mdax: Knorr-Bremse, Talanx, Uniper und Wacker Chemie
  • Im Sdax: Fielmann, Hochtief, Südzucker und Traton
  • Im regulierten Markt: Hapag-Lloyd und Hensoldt (Hensoldt ist im Juni in den SDAX zurückgekehrt).

Bei 16 der 62 Konzerne besteht laut Studie jedoch weiterhin Handlungsbedarf. Sie müssen ab August bei der nächsten Vorstandsbesetzung mindestens eine Frau in die Führungsetage berufen. Drei dieser 16 Unternehmen - BayWa, Koenig & Bauer und Krones - haben für die Chefetage derzeit weiterhin die Zielgröße Null festgelegt.

Zuwächse in den Vorständen, aber Stillstand bei den Aufsichtsräten

Damit setzt sich die Entwicklung bei den Vorstandsbesetzungen aus dem Vorjahr fort. Der Frauenanteil stieg insgesamt seit 2021 um 1,7 Prozentpunkte auf 14,7 Prozent. Bei den Unternehmen, für die die Quote gilt, liegt der Anteil bei 16,2 Prozent (+2,1 Prozent seit 2021) leicht höher. Denn bei den nicht der Quote unterliegenden Unternehmen liegt der Anteil nur bei 12,5 Prozent (+1,2 Prozent seit 2021).

Allerdings haben mit 93 Firmen mehr als die Hälfte der untersuchten 183 Unternehmen noch keine Frau im Vorstand. Die Zahl der Unternehmen mit frauenfreier Vorstandsetage, die Zielgröße „Null“ festgelegt haben, sank zum Vorjahr von 62 auf 44.

Während sich die Teilhabe in den Aufsichtsräten der Studie zufolge insbesondere nach Einführung der Aufsichtsratsquote 2015 positiv entwickelte, stagniert auf der Ebene der Frauenanteil. Insgesamt stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 183 Unternehmen seit 2021 minimal um 0,3 Prozentpunkte auf 33,5 Prozent.

Bei den aktuell 101 Unternehmen, für die die Aufsichtsratsquote gilt, sank der Frauenanteil auf 35,6 Prozent (2021: 35,9 Prozent). Die 82 nicht unter die Quote fallenden Dax-Unternehmen verharren dagegen mit 27,1 Prozent weiter unter 30 Prozent (+2,6 Prozent seit 2021).

Frauenministerin: Feste gesetzliche Quoten wirken

"Der aktuelle WoB-Index zeigt einmal mehr: Gesetzliche Quoten wirken", sagt Bundesfrauenministerin Lisa Paus. Und weiter: "Wir brauchen feste Quoten, um die gleichberechtigte Teilhabe in Führungspositionen durchzusetzen". Frauen tragen mit hoher Qualifikation und Leistung erheblich zum Erfolg der Unternehmen bei. Das müsse sich auch angemessen in allen Führungsebenen der Unternehmen abbilden.

"Das Mindestbeteiligungsgebot von Frauen in Vorständen hat sich schon jetzt als der richtige Weg erwiesen und wirkt gleichermaßen“, so Paus. Das gelte auf nationaler wie auf europäischer Ebene. Mit der von der Bundesregierung unterstützten EU-Führungspositionen-Richtlinie gehe man nun den nächsten Schritt, um die Gleichstellung von Frauen in der gesamten europäischen Wirtschaft deutlich weiterzubringen.

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"Zielgröße Null für den Vorstand ist inakzeptabel"

FidAR-Gründungspräsidentin Monika Schulz-Strelow, sagt mit Blick auf die Studienergebnisse, das Mindestbeteiligungsgebot bringe Bewegung in die Vorstandsetagen. "Doch 62 betroffene Unternehmen sind einfach zu wenige, um der gleichberechtigten Teilhabe in der Dax-Konzernflotte richtig Schwung zu verleihen", erklärt sie.

Auch die gesetzliche Vorgabe von 30 Prozent für die Aufsichtsräte werde offensichtlich von vielen Unternehmen als Höchstgrenze missverstanden. Dabei müsse es das Ziel einer modernen Corporate Governance bleiben, auf mittlere Sicht alle Gremien paritätisch zu besetzen – also Aufsichtsrat, Vorstand und oberes Management.

"Fehlender Druck des Gesetzgebers ist keine Ausrede für mangelndes Engagement", betont Schulz-Strelow. "44 Unternehmen mit frauenfreier Vorstandsetage und weiterhin mit Zielgröße Null für den Vorstand sind inakzeptabel. Die Unternehmen brauchen glaubhafte Gleichstellungskonzepte und spürbar mehr Frauen auf allen Führungsebenen“, erklärt sie.

Bald haben zwei Dax-Konzerne eine Frau als CEO

Prof. Dr. Anja Seng, Vize-Präsidentin von FidAR, ergänzt: „Wir haben endlich wieder Bewegung in den Führungsetagen der ersten Börsenliga. Mit der Berufung von Carla Kriwet zur Vorstandsvorsitzenden von Fresenius Medical Care ab 2023 hat bald auch ein zweiter DAX-40-Konzern eine Frau als CEO."

Aber darauf dürfe man sich nicht ausruhen. In anderen Ländern seien weibliche CEOs längst selbstverständlich. "Deutschland hinkt bei der gleichberechtigten Teilhabe weiter hinterher. Es gibt genügend qualifizierte Frauen für Spitzenfunktionen der Wirtschaft. Wir erwarten hier noch mehr Engagement und werden die Entwicklung im WoB-Index transparent machen“, sagt Seng. „Für uns ist klar: Die Geschlechterquote für Aufsichtsräte und das Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände gelten für viel zu wenige Unternehmen".

Auch bei anderen Unternehmen, die nicht unter die Regelungen fallen, müssen Frauen in der Unternehmensleitung Normalität werden, so Seng.

Quelle: FidAR

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